1908 erschien das erste Kinderbuch von Lucy Maud Montgomery, welches das Leben der jungen „Anne auf Green Gables“ beschreibt. Es folgten weitere Bücher und zahlreiche Verfilmungen, wobei besonders die Miniserien aus den Achtzigern lobend zu erwähnen sind.
Der fast ausschließlich auf Fernsehfilme ausgerichtete Regisseur John Kent Harrison versteht es recht gut, dem Stoff die Leichtigkeit zu verleihen, die von der Literatur ausgeht.
Die elfjährige Anne (Ella Ballentine) ist ein Waisenkind und gelangt zu dem Geschwisterpaar Marilla (Sara Botsford) und Matthew (Martin Sheen), die sich eigentlich einen Jungen gewünscht haben, der auf der Farm kräftig anpackt. Folgerichtig will primär Marilla das Mädchen mit den roten Haaren wieder loswerden, doch mit der Zeit scheint sie sich an das eigenwillige Kind zu gewöhnen…
Sogar Astrid Lindgren wurde von Anne inspiriert, woraufhin eine Pippi Langstrumpf entstand, welche Anne in ihren Grundzügen nicht unähnlich ist: Temperamentvoll, stets quasselnd, sehr phantasievoll, spontan, erfinderisch, jedoch auch eigenwillig, mutig und verträumt. Es gibt einen gravierenden Unterschied, denn während Pippi nicht sonderlich auf ihr Aussehen achtet, empfindet Anne ihre roten Haare als großes Manko, welches ihr das Leben erschweren wird.
Auch achtet Anne auf bestimmte Kleidung und wünscht sich sehnlichst ein Kleid mit Puffärmeln.
Die Erzählung konzentriert sich auf die wesentlichen, frühen Stationen der Hauptfigur. Die Ankunft auf der Farm, der Schulalltag, die beste Freundin Diana, Erlebnisse im Winter und eine Aufführung zu Weihnachten. Die Figuren sind hervorragend besetzt, die Ausstattung ist überaus gelungen und besonders der Score steuert ein wunderschönes Hauptthema bei, welches der Heldin absolut gerecht wird. Obgleich unzählige charmante Situationen auszumachen sind, mangelt es insgesamt an spannenden Momenten. Als Anne im gefrorenen Teich einbricht, wird es einmal ein wenig dramatisch, ansonsten konzentriert sich die Geschichte auf zwischenmenschliche Bedürfnisse, was nicht weniger unterhaltsam daherkommt.
Allerdings ist es nicht leicht, die wesentlichen Bestandteile eines Kinderbuches in einen Film von 85 Minuten Laufzeit zu packen, weshalb einige Themenbereiche ein wenig zu oberflächlich gestreift werden. Etwaige Rückblicke bringen wenig, die Andeutung von Schulkameraden Gilbert als späteren Lebensgefährten bringt wenig, da sich zu diesem Zeitpunkt noch nichts entwickelt und so wirken einige Abenteuer leicht episodenhaft.
Die charmante Machart kann jedoch einige erzählerische Defizite kompensieren, allen voran die Darsteller innerhalb ihres Zusammenspiels. Ballentine ist großartig als leicht verpeilter Rotschopf, aber auch der in die Jahre gekommene Sheen macht sich als eine Art Opa vom Hof recht gut. Sehr nuanciert performt indes Botsford, die als spröde Marilla eindeutig den Ton angibt, während die übrigen Mimen nicht so sehr gefordert werden, jedoch allesamt solide abliefern.
Zwar kommt der Stoff nicht mit der Miniserie mit, da hier vieles lediglich angerissen wird, manches auch zu unpointiert abgeklappert wird, doch die Darsteller nebst der spürbaren Chemie und die angenehm ruhige Herangehensweise ohne handwerkliche Schnörkel machen einiges wieder wett. Ein schlichtes Feel-good-Movie.
7 von 10