Review

Traumhaft schnell vergessen 

Wenn der größte, noch lebende (filmische) Geschichtenerzähler, Steven Spielberg, sich einem der besten Kinder- & Abenteuerbücher des 21. Jahrhunderts widmet, inklusive der feinsten momentan erhältlichen CGI-Technik & einem massiven Disney-Budget plus dem "E.T."-Screenwriter im Rücken, dann war mehr als nur mein Interesse geweckt. Ich erwartete einen unvergesslichen Zauber, der, vielleicht zur Weihnachtszeit, Spielbergs alte, lange nicht mehr gesehene Magie wiederbelebt. Ich hatte nicht nur Interesse, sondern wirklich Vorfreude. 

Umso ernüchternder, dass nun doch irgendwie alles unter Wert & anders kam, als ich es mir erträumt hatte. Der Film kommt mitten im Sommer & geht durch die Konkurrenz & miserables Marketing weltweit unter; er fängt wenig Magie des alten Spielbergs & noch weniger der dunklen Buchvorlage ein; die Effekte überlagern alles, vor allem eine kaum voranschreitende, höhepunktmagere Geschichte. Am Ende bleibt zwar eine süße Freundschaft zwischen einem blass bleibenden Waisenmädchen & einem wundervollen Mark Rylance als BFG, jedoch noch wesentlich mehr Leere & Fragezeichen in meinem Kopf. "BFG" ist weit entfernt von einem schlechten Film, kann teilweise verzaubern & vor allem jüngere Menschen begeistern, hat seine Momente & sieht atemberaubend aus - mich ließ er jedoch ebenso oft kalt & ratlos zurück.

Optisch ist der Film eine Wucht, egal ob in 3D oder 2D - Fabelwesen wurden dieses Jahr, bis vielleicht auf die Orks in "Warcraft", niemals besser, feiner & beeindruckender dargestellt. Die komplette Welt der Riesen, BFGs Hütte oder auch der Baum der Träume, sind für sich genommen, atemberaubende Sets, Effekte & detailreiche Bilder, die zum Staunen bringen. Allerdings bleiben es einzelne Szenen & Momentaufnahmen - der komplette Film rutscht gegen dieses angekratzte Niveau deutlich ab. 

Die Freundschaft unserer unterschiedlich großen, aber charakterlich & gesellschaftlich ähnlichen Helden, ist süß & glaubhaft, selbst wenn die kleine Sophie manchmal etwas steif rüberkommt, was aber an der deutschen Synchro liegen kann & man bedenken muss, mit wie wenig "echtem" Material sie es am Set zu tun hatte. Manchmal greift sie sogar nach der alten Magie Spielbergs in Richtung eines Elliot oder den Goonies. Mark Rylance als alter Hase ist der absolute Star & spielt den vegetarischen, etwas klein geratenen Riesen liebenswert, vielseitig & seine Art des verdrehten Redens ist einfach zuckersüß & ging mir nie auf die Nerven. Dazu gibt es vielleicht die besten Furzwitze des Jahres & einen gewohnt epischen Soundtrack von John Williams, der hier fast etwas auf Dauerrotation läuft & so nicht immer ganz seine Schönheit & Wucht entfalten kann.

Leider muss man nach diesen wirklich gelungenen Punkten, die den Film retten & über Mittelmaß hinaus heben (vor allem wenn man ihn mit Kindern guckt, deren Augen öfters mal Leuchten), wieder zu ein paar Rückschlägen kommen. Vor allem die Geschichte, ohne wirklich aufregende, vorwärtsgewandte Momente, enttäuscht auf ganzer Linie. Obwohl man recht schnell im Land der Riesen ankommt, ist der erste Teil der Story nur eine lange Einführung & süße Fingerübung. Keine Action, was verschmerzbar wäre, jedoch auch keine Gefahr, kein Fortschritt & keine sichtbare Richtung, geschweige denn Ziel. Der liebe Riese & Sophie stellen sich vor, machen ein paar Ausflüge & es gibt glitzerndes Eyecandy - trotzdem ist hier schon eine gewisse Leere, emotional wie erzählerisch, zu spüren. 

Noch dazu fehlt dem Film jegliche Dunkelheit seiner Vorlage & er wirkt eher wie ein ungefährlicher Traum einer 8-Jährigen. Ein optisch kreativer & wundervoller Traum, jedoch keiner, an den man sich länger als 4 Stunden erinnert. Und wenn der Film dann noch eine seltsam surreale, witzige, jedoch ebenso lebsche Wendung in Richtung realer Welt bzw. der Queen macht, dann konnte er mich zwar wieder etwas wecken, verlor mich schließlich jedoch endgültig. Da gucke ich lieber nochmal den Klassen besseren "E.T." oder den auch noch überlegenen "Hook".

Fazit: eine angenehme, niemandem weh tuende & etwas leere Gute-Nacht-Geschichte für anspruchslose Kinder & Kindgebliebene. Das Spielberg es jedoch weitaus besser kann/konnte ("E.T.") & er nicht ganz zum dunklen Ausgangsmaterial passt, ist jedoch ein Fakt. Eine kleine Enttäuschung des Jahres.

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