Review

kurz angerissen*

Das Ende der Fahnenstange bereits in Sichtweite, übt sich Pixar in Sachen realistische Animation inzwischen in Zurückhaltung. Das wird gerade im Direktvergleich mit dem begleitenden Kurzfilm deutlich, der mit wesentlich höherem Detailgrad realisiert wurde als der eigentliche Hauptfilm. Diesem ist eher daran gelegen, die traumartige Unterwasserwelt in ihren leuchtend bunten Farben als Reminiszenz an die Anfänge des Computeranimationsfilms zu gestalten, zu denen immerhin auch das Original „Findet Nemo“ gehört.

Als späte Fortsetzung kann man „Findet Dorie“ in einem platten Verweis auf die bewässerte Umgebung als überflüssig bezeichnen, es handelt sich aber doch um eine konsequente Fortführung des ersten Abenteuers, die nur den Anschein macht, sie kopiere lediglich deren Mechanismen; tatsächlich spart das Drehbuch mutigerweise einen Großteil der Ursprungsfiguren aus (Dorie, Nemo und Marlin selbstverständlich nicht) und führt stattdessen neue ein, unter denen ein brummiger Oktopus seines Gemüts wegen ebenso wie aufgrund der mit präzisem Comedy-Timing versehenen Fortbewegungs- und Tarnungstechniken deutlich herausragt. Auch der Titel ist völlig anders zu verstehen als das, was er auf den ersten Blick zu vermitteln scheint: Nicht etwa handelt „Findet Dorie“ davon, die Titelfigur in den Weiten des Ozeans wiederzufinden, vielmehr geht es für den vergesslichen Paletten-Doktorfisch um eine Reise in die eigenen bruchstückhaften Erinnerungen und somit in die eigene Identität.

Aus einem eher uninspirierten Filmbeginn heraus schält sich so bald ein ambitioniertes Abenteuer, das lustvoll mit Filmreminiszenzen jongliert und in Sachen Drehbuch unerwarteten Entdeckergeist versprüht, der den Rückgriff auf alte Markenzeichen nur selten nötig hat. Hier und da wird mal der berühmte Walgesang angestimmt oder im Schildkröten-Track mitgereist, weder aber benötigt man eine Rückkehr alter Fressfeinde (nicht einmal, wenn sie das Cover des ersten Teils geziert haben), noch drängt man einen Nemo oder einen Marlin diesmal dazu, mehr zu sein als begleitende Nebenfiguren. Das sorgt für ein unaufdringliches und ungezwungenes Sehgefühl und lässt die Hidden Scene um so erfreulicher werden.

Natürlich ist „Findet Dorie“ nicht so hintersinnig und allegorisch wie ein „Zoomania“, als Fortsetzung eines waschechten Animationsfilmsrelikts muss er dies jedoch auch gar nicht; da reicht es schon, mit genug Fingerspitzengefühl einen guten Nachschlag zu servieren und die Fallen des Selbstplagiats geschickt zu umgehen. Zumindest dies kann man Pixar zusprechen.

*weitere Informationen: siehe Profil

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