„The Blair Witch Project“ erschien genau zur richtigen Zeit, denn anno 1999 war das Internet für einige noch nicht alltäglich, Found Footage von einer Etablierung im Horrorgenre weit entfernt und manche dachten gar, es handele sich um reale Aufnahmen schockierender Schicksale. Regisseur Adam Wingard („You're Next“) und sein Stammautor Simon Barrett orientieren sich deutlich am Original, übersehen dabei jedoch die Zeichen der Zeit.
James ist der jüngere Bruder von Heather, welche vor siebzehn Jahren im Wald von Burkittsville mit zwei weiteren Personen spurlos verschwand. Als neue Videofragmente im Internet auftauchen, begibt er sich mit einigen Freunden auf die Suche und stößt rasch auf Anzeichen übersinnlicher Aktivitäten…
Wingard ging auf Nummer sicher, so dass sein Sequel beinahe wie ein Remake anmutet. Erhöhte Atemfrequenzen, gellende Schreie, ein halbdunkler Wald und teils extrem wackelige Handkamerabilder stellen fast schon die Grundzutaten eines Prototypen des Subgenres dar.
Allerdings fallen die Figurenzeichnungen unzureichend aus, die anfängliche Motivation der Suche nach der Schwester verkommt zur Nichtigkeit und obgleich das Team mit technischen Gimmicks wie GPS, Headcam und Drohne sehr gut ausgestattet ist, werden eben jene Neuerungen sträflich vernachlässigt, denn prompt landet der ferngesteuerte Mini-Hubschrauber frühzeitig im Baum.
Die an Bäumen hängenden Mobiles aus Ästen erinnern an beinahe vergessene Elemente des Originals, die überladene Soundkulisse macht derweil auf die Stärken des Klassikers aufmerksam. Denn hier lag die Konzentration oftmals auf kleinste Geräusche und Regungen innerhalb der Stille, während hier ganze Bäume im gefühlten Minutentakt gefällt werden und wird nicht gerade unbegründet geschrien oder gejammert, labern die austauschbaren Gejagten unnützes Zeug oder zanken sich wegen Nichtigkeiten. Der Wald kommt quasi gar nicht erst zu Atem, etwas Mysteriöses mag sich so erst gar nicht aufbauen.
Hinzu gesellen sich teils unerträglich verwackelte Aufnahmen, sobald auch nur ein Hauch an Bewegung im Spiel ist. Im Hellen ist noch ein wenig erkennbar, bei Nachtaufnahmen lassen sich bestimmte Abläufe nur noch erahnen. Erst im finalen Akt, als die letzen der Gruppe auf ein Gebäude stoßen, entwickelt sich ein garstiges Labyrinth und diverse verzerrte Blickwinkel unterstreichen die Ausweglosigkeit der Figuren. Eine Eigenschaft, auf die Wingard leider viel zu spät setzt.
Stattdessen verwendet er auf eine Handvoll Jump-Scares, viele Fragmente mit grob gesetzten Schnitten und die üblichen digitalen Störungen nebst Audio-Verzerrungen. Die Stimmung des Ungreifbaren bleibt dabei weitgehend auf der Strecke, irrationale Verhaltensweisen und nervige Eigenschaften der Protagonisten schüren eher Desinteresse und ein grundsolides Make-up war noch nie ein Grund für eine Sichtungsempfehlung.
Der passable Schlussakt korrigiert den Gesamteindruck zwar minimal nach oben, doch in Anbetracht des Originals kommt der Neuaufguss wie eine lieblose Variante ohne Wiedererkennungswert daher.
4,5 von 10