Review
von Leimbacher-Mario
Another Witch Bites the Dust?
"The Blair Witch Project" von 1999 als den einflussreichsten & vielleicht sogar wichtigsten Horrorfilm der letzten 20 Jahre zu feiern, kann ich ohne Gewissensbisse. Selbst wenn ich die Found Footage-Welle nicht gut heiße, sie mehr als totgelaufen ist & es mit dem allgegenwärtigen Low-Budget-Gewackel so richtig auch erst nach "Paranormal Activity" losging - ohne die Blair Hexe bzw. das angeblich gefundene Bildmaterial, hätte es all das nicht gegeben. Und er ist dazu noch ein wirklich atmosphärischer, spannender Grusler, vom genialen Marketing ganz zu schweigen. Ohne zu übertreiben ein Meilenstein des Genres, egal ob man ihn mag oder nicht. Kein leichtes Erbe also für Adam Wingard - doch mit so klasse Filmen wie "You're Next" oder "The Guest" im Rücken & einem fast an das Original herankommenden Marketinggeniestreich, waren die Weichen gelegt. Meine Vorfreude war riesig... Und leider nutzt der Film diese Fallhöhe & ist nicht der erhoffte Schlusspunkt auf das wackelnde Subgenre. Es wäre auch zu schön gewesen - das Original der Beginn & diese Fortsetzung bzw. Semi-Remake der letzte Höhepunkt... "Blair Witch" wird jedoch weder als Höhepunkt noch als "letzter" in Erinnerung bleiben.
Nach 15 Jahren fällt dem Bruder der damals verschwundenen Kamerafrau/Rotznase ein, durch die verlässliche Quelle YouTube, dass seine Schwester noch irgendwo da draußen in den verfluchten Wäldern von Blair bzw. Burkittsville hocken könnte... also macht er sich mit einer im besten Fall blassen, im schlechtesten Fall unsympathischen Truppe & jeder Menge Tech-Spielzeug (Drone!) auf in den Wald... und alles kommt, extrem nah am Original bleibend, wie es kommen muss. Es gibt zwar ein paar coole neue Hintergrundinfos zur Hexe, etwas mehr zu sehen als damals & ein paar Twists - doch im Grunde ist der Grundgedanke extrem simpel kopiert & hat wenig mit anderen Wingard-Meister-Twists zu tun. Der Film spielt es sehr safe & stellenweise frustrierend nervig herunter. Das Finale in dem Haus der Hexe & ein brachiales Sounddesign hieven den Film zumindest auf das Niveau anderer Found-Footage-Filme ("Katakomben", "The Gallows"), doch das sollte eigentlich weder Anspruch noch Erwartung sein & kann nur als herbe Enttäuschung bewertet werden. Man wollte doch eigentlich kein hohler Abklatsch auf seinen Urvater sein...
Die Darsteller sind einfach nicht gut genug um Sympathie aufzubauen, miese Jump Scares sind Ärgernisse & sogar in Sachen Härte, Schnelligkeit oder gar Grusel, will er zwar überall einen draufsetzen, schafft es in den wichtigen Abschnitten jedoch nicht. Er schreit oft, auch vor Dummheit, doch eiskalt den Rücken herunter, läuft er einem nie. Und genau das konnte das wesentlich angenehmere, ruhigere & bessere Original. Und wer dachte, die drei Karten-Streiter von damals waren nervig, der kriegt bei der neuen Truppe ein Herzkasper. Oder verlässt im schlimmsten Fall das Kino. Ja, so schlecht kann er sein, wenn man kein Horrorfan mit einem zugekniffenen Auge ist. Er will sich vor dem Original verbeugen & den Mythos einer neuen Generation näherbringen, geht jedoch bei beidem baden oder zumindest nicht den gesamten Weg. In einem stark besetzten Mainstream-Horrorjahr sicher die Enttäuschung.
Fazit: in wenigen Abschnitten eine würdige Fortsetzung & ein gelungener Sprung zu einer neuen Generation, die vielleicht nie wieder Wald so sehen wird, wie früher. In anderen, weitreichenderen Teilen jedoch platt, nervig & nicht besser als die hunderten Nachahmer des Originals. Ganz sicher kein weiterer Game-Changer & leider belanglos.