Review
von Leimbacher-Mario
Schaufenster der schaurigen Tränen
"Personal Shopper" ist ein sehr ruhiges & emotionales Geisterdrama, in dem Kristen Stewart in Paris für eine abgehobene High Society-/Mode-Frau einkauft & gleichzeitig versucht, mit dem Tod ihres Zwillingsbruders abzuschließen. Oder besser gesagt, auf ein Zeichen von ihm wartet, da dieser so etwas wie ein Medium war. Kein ganzer Thriller, kein spannender Geisterfilm, kein beißendes Fashiondrama - doch ganz klar eine One-Woman-Show. Und ein Film, der nicht nur viele Genres anschneidet, sondern ebenso viele Thesen aufstellt & Raum für Spekulationen gibt. Ein herausforderndes & interessantes Stück Kino, das mich jedoch trotz der tollen Ansätze verlor. Irgendwo mittendrin, als sich er Film mal wieder nicht entscheiden konnte/wollte wohin, was er will & wie er es am cleversten rüberbringt... und er ist mindestens 15 Minuten zu lang.
Die Fashion-Industrie ist immer ein leichtes & sehr schneidiges Ziel, Assayas ist ein extrem begabter Regisseur, klassische Geisterstories haben es mir angetan & selbst die einstige Twilight-Schablone Stewart hat sich in den letzten Jahren gemausert, macht hier (wieder mal) eine hervorragende Figur. Selten habe ich sie so sexy, treffsicher & pointiert gesehen - fast eine Art weiblicher Ryan Gosling. Wunderbar, was aus diesem Mädchen geworden ist & noch werden kann! Die morbide Atmosphäre des Films kann punkten & der Genremix hat reizende Seiten, von dem Gänsehaut-Song im Abspann & den mysteriösen letzten 15 Minuten ganz zu schweigen. Aber was bringen all die sehenswerten Ansätze, wenn der Film nie richtig Spannung, Interesse oder brauchbare Handlung aufbauen kann? Er verfährt, verfranst & verpokert sich für meinen Geschmack nicht nur einmal.
Stewart wird allein gelassen von einem Script, das viel will & andeutet, doch wenig liefert. Dazu eine ätzende & viel zu lange SMS-Session in der Mitte des Films, weniger gute Geistereffekte & ein emotionaler Kern, der mich einfach nicht erreicht hat. Oder zumindest nicht genug um den Film als fresh zu betiteln. Vielleicht habe ich dafür bisher zu wenig Verluste im Leben, vielleicht glaube ich zu wenig an Geister oder habe das Finale nicht in seiner Gänze kapiert - doch schon vorher lässt der Film mehrere hervorragende Chancen links liegen & bot mir schlicht zu wenige Höhepunkte. Seine dichte Atmosphäre & das Potenzial des traurigen Stewart-Charakters, der mehrfach unglücklich ist & zudem nicht loslassen will, bleibt weitestgehend ungenutzt. Und dabei strampelt sich die Madame so körperlich & engagiert ab, wie wohl noch nie... Schade!
Fazit: Stewart spielt stark & das intime Geisterstück hat seine Momente - doch im Endeffekt bleiben drei große L's: Leere, Langeweile & Liebe. Von Letzterem meinerseits leider nicht genug. Selten wirklich spannend, zu lang & Assayas hat mich emotional nur teilweise abgeholt. Kleine Enttäuschung, vor allem auf Grund des Potenzials.