Leider nicht gänzlich von der U.S. – Verwandtschaft losgelöst, erweist sich Giorgio Ferronis „Für drei lumpige Dollar“ als zwar sehr gut inszenierter, aber leider auch etwas zu langer und im Kern nicht gänzlich dem typischen Italowestern entsprechender Genrebeitrag, der auch inhaltlich keine Quantensprünge begeht, sondern sich einmal mehr an der beliebten Reizfigur des mächtigen, skrupellosen Viehbarons, der sämtliche Mitbewerber aussticht und seine Position am Markt damit stärkt, wenn nicht gar ein lokales Monopol bildet.
Abhilfe soll in diesem Fall Gary Ryan (Giuliano Gemma, „Ein Loch im Dollar“, „Eine Pistole für Ringo“) schaffen, der, ernannt vom dortigen Friedensrichter, nach Greenfield reist, um dort den Posten des Sheriffs anzutreten und zunächst nicht die Machenschaften des einflussreichen Gold (Nomen est Omen) durchschaut.
Nun ist Ryan, aber so eine integre, rechtschaffene Figur, wie man sie eigentlich so glatt, sauber, höflich, ehrlich und perfekt gar nicht im Italowestern antreffen will, was die Stimmung schon einmal etwas trübt, zumal später noch eine ganz und gar amerikanische Kitschromanze und Ryans Versprechen ein kleines Waisenmädchen bestimmt wiederzusehen, die Figur wie ausgeliehen aus einem Ami-Western ausschauen lassen.
Dessen Unbestechlichkeit erkennt auch der listige Gold früh und schickt Ryan deswegen los, um eine Wagenladung Gold zu transportieren, informiert jedoch gleichzeitig mexikanische Banditen, damit die ihn töten und einen Teil der Beute selbst einbehalten dürfen. Zu allem Überfluss zieht sich der ihm zugeteilte Begleitschutz auch schon früh zurück, so dass Ryan nur noch auf die Hilfe eines abgebrannten, ausgeraubten Falschspielers zählen kann, mit dem er dann zum Erstaunen Golds die Kutsche auch durchbringen soll.
Nicht verschenkt, aber doch ein wenig verschwendet, ist Ferronis („Die Mühle der versteinerten Frauen“, „Tampeko - Ein Dollar hat zwei Seiten) wirklich gute Regie, die dank des winterlichen, eisigen Looks dem Film die typische, liebgewonnene Tristesse des Italowesterns abringt, damit deutlich auf die Stimmung drückt und eine wunderbar düster-dreckige Atmosphäre kreiert, die nur eben von Ryan etwas zu sehr aufgehellt wird.
Darüber hinaus sind längere Actionsequenzen, wie der wirklich sehr lange Kutschenüberfall einer wahrhaftigen Armada von mexikanischen Banditen, die sich Ryan mit gezielten Schüssen, Dynamit und viel Einfallsreichtum vom Hals hält, teilweise richtig spektakulär umgesetzt und siedeln sich damit locker über dem Genredurchschnitt an.
Auch die vielen, teilweise nur Schemen erkennen lassenden Szenen in der Nacht, bei denen Ryan sich auch mal einer Übermacht stellen muss, zeugen von Ferronis hervorzuhebenden Talent. Der Mann kann eindeutig mehr, als viele seiner Kollegen, wenn er denn die richtige Vorlage bekommt.
Genau die ist hier nämlich das Problem, sobald Ryan von Gold und dessen Männern per List zum Mörder abgestempelt wird, zu dessen Tat es sogar Zeugen gibt. Der darauf geächtete Ryan kann die abgekartete Sache nicht beweisen, flüchtet und gerät auf eine repetive Odyssee, bei der er Acht geben muss, weil Gold ein hohes Kopfgeld auf den Flüchtigen aufgesetzt hat, fürchtet er doch, dass Ryan Licht in seine dunklen Machenschaften bringt. So soll es dann auch kommen, obwohl Gold flugs seinen eigenen Mann als Sheriff einsetzt und diesen dann an Ryans Fersen heftet.
Das Hin und Her bis dahin ließe sich allerdings straffen, denn die Suche nach einem Schmied, der einst für Gold arbeitete und sehr zweckmäßige Brandeisen anfertigte, führt Ryan über diverse, immerhin sympathische Nebenfiguren (u.a. Nello Pazzafini) und Häscher, die sein Kopfgeld kassieren wollen, langatmig zum Ziel.
Willkommen sind auch deswegen Auftritte von ihm wohl gesonnenen, unterstützenden Menschen, die wieder den Weg zurück in die Handlung finden, weil Ryan ihnen einst den Hintern rettete beziehungsweise entgegen aller Vorurteile ihnen vertraute, so dass die Moral zwangsläufig siegen muss und alle nötigen Entscheidungen während des finalen Shootouts auf Golds Ranch geklärt werden.
Neben ein paar soweit ordentlich umgesetzten Saloonschlägereien und dem bereits erwähnten überlangen Kutschenüberfallen ist dieser Schlusskampf dann auch Actionhighlight des Films, denn so schrecklich viel gemordet wird dieses Mal nicht. Ferroni geht gern lieber subtiler vor, wie unter anderem Ryans gewitzte, schrittweise Überwältigung der Viehdiebe in einer stockdüsteren Aktion beweist.
In Nebenrollen finden sich, das ist für den einen oder anderen Genrefan ja nicht ganz uninteressant, zudem bekannte Gesichter wie Benito Stefanelli, Riccardo Pizzuti oder Alberto Dell'Acqua an, die aber nicht so unverwechselbar spielen, als dass sie länger in Erinnerung bleiben. Das gilt übrigens auch für Gemma, den man schon besser gesehen hat und der eingeengt von seiner viel zu reinen Figur, nur Durchschnittliches vollbringt.
Fazit:
Überraschend gut inszenierter, inhaltlich hausbackener Italowestern, der sich leider bisweilen noch nah an den U.S. – Vorgängern anlehnt und deswegen nicht ganz überzeugt. Der Plot ist zudem etwas zu kompliziert erzählt und hätte eine Straffung vertragen können. Ansonsten bekommt es hier mit einem ganz soliden Genrebeitrag zu tun, der keine offensichtlichen Schwächen aufweist und über einen tollen Kutschenüberfall verfügt. Keiner der Filme, die man gesehen hab muss, doch allemal brauchbar.