Fahr zur Hölle, Hollywood? Brenne, Hollywood, brenne? Ganz schön harsche Worte, die auf eine ganz schön harsche Hollywood-Satire schließen lassen.
Was in Dreiteufelsnamen ist also hier geschehen?
Mit der Handlung sieht’s jedenfalls noch recht manierlich aus. Ein gewisser Regisseur namens Alan Smithee, der tatsächlich so heißt - was in den USA fast so ist, als wenn jemand tatsächlich die Zahlenkombination “555" als Vorwahl in seiner Telefonnummer hat - sieht sich von der Produktionsfirma übergangen und empfindet seinen neuen Film mit Sylvester Stallone, Whoopi Goldberg und Jackie Chan (allesamt as themselves) als Zumutung. Normalerweise wählt ein unzufriedener Regisseur in einem solchen Fall das Pseudonym “Alan Smithee”, weil er seinen eigenen Namen nicht unter dem Produkt sehen will. Was also macht man, wenn man wie Herr Smithee allen Ernstes von Geburt an diesen Namen bereits trägt? Richtig - man stiehlt den eigenen Film aus dem Studio und versucht, ihn zu verbrennen.
So weit, so gut. Python-Mitglied Eric Idle müht sich um eine schön manische, kauzige und hektische Darstellung, stößt auch mal unkoordiniert irgendwelche Grunzlaute aus. Der Film eröffnet mit einem Sylvester Stallone, der “Adriaaaaaan” schreit und anschließend in die Kamera grinst. Die einzige Szene, die aus dem verschollenen “Alan Smithee Film” gezeigt wird, ist ganz schön deppert, drehen sich Stallone, Goldberg und Chan doch nacheinander bewaffnet zur Kamera um und bringen den Spruch “Don’t fuck with me”, um anschließend im Chor zu rufen “Don’t fuck with us”. Besonders malade wirkt das Ganze im Endschnitt des Studios, wo dann zwischen die einzelnen Sprüche noch Stock Footage von irgendwelchen Explosionen geschnitten wird, das suggeriert, dass die Ballermänner der drei Protagonisten diese Schäden verursachen würden. Kein Wunder also, dass Mr. Smithee auf die Barrikaden geht.
Aber schon bald sinkt der Satiregehalt auf Sparflamme. Aufgezogen so gut wie ausschließlich auf Interviews, wird eine wirre Handlung in Vergangenheitsform an das Publikum überliefert. Das beginnt schon recht schnell zu nerven; nicht wegen der Interviews an sich, sondern weil in ihnen einfach nichts Satirisches vorgetragen wird. Statt dessen gibt es gehaltlosen Smalltalk en masse.
Sicher werden hier und da mal Fachbegriffe eingeräumt, es ist mal vom Final Cut die Rede, auch Steven Spielbergs und Stanley Kubricks diesbezügliche Privilegien werden sachlich korrekt wiedergegeben, das “Alan Smithee”-Pseudonym wird zu Beginn schön säuberlich auf einer Schwarztafel erläutert und einige Prominente kommen auch noch zur Sprache. Und ja, sogar auf “Showgirls” wird wieder draufgehauen. Nicht vergessen werden sollte der begleitende Off-Kommentar, der die filmschaffenden Interviewpartner - Produzenten, Darsteller, Regisseure - offenherzig mit wertenden Attributen bezeichnet, die ihm zufolge zutreffend sind: Geldhai. Querulant. Tyrann. Arschloch.
Doch mit einer satirischen Abrechnung mit der Traumfabrik hat das alles recht wenig zu tun. Die Fäden sind lose gesponnen, vieles wirkt willkürlich. Warum beispielsweise die Besetzung des Actionstreifens mit Stallone, Goldberg und Chan? Um die multikulturellen Wurzeln der Vereinigten Staaten zu verdeutlichen (ein Chinese, eine Afroamerikanerin und ein italoamerikanisch dreinschauender Genosse)? Möglich, doch verdeutlicht wird das nie. Die Goldberg darf ihre Egozentrik ausspielen (“Eine Whoopi Goldberg stirbt keinen Filmtod”), Jackie Chan seine naive Blümchen-Filmweltauffassung (“Ein Jackie Chan stirbt keinen Filmtod”) und außerdem - freilich - seine Martial Arts-Kunststücke. Nun ja, zumindest ein Trainingsbock wird einen Kopf kürzer gemacht. Lediglich Sylvester Stallone gelingt es, den ursprünglichen Intentionen eines Films wie “Fahr zur Hölle, Hollywood” Rechnung zu tragen, aber nicht wegen der ihm zugedachten Dialoge, sondern wegen seiner klugen, selbstreflexiven Ausstrahlung.
Von derartigen Vorzügen sollte man ansonsten nicht zu viele erwarten. Das größte Problem ist nämlich die fehlende Doppelbödigkeit. Wenn man unreflektiert einfach nur ein unvorteilhaftes Gesicht der Branche zeichnet - noch dazu ein sehr unvollständiges - kann man daraus mit Sicherheit nichts ziehen, was in irgendeiner Hinsicht subversiv wäre. Arthur Hiller scheinen die Mechanismen einer Satire offensichtlich fremd zu sein und es ist ihm nicht übel zu nehmen, sich für “Fahr zur Hölle, Hollywood” selbst das Pseudonym “Alan Smithee” zu sichern. Denn das ist so ziemlich die einzige Doppelbödigkeit im ganzen Film. Realsatire sozusagen...