„Moon-Mock"
Die Mutter aller Verschwörungstheorien ist sicherlich die Ermordung John F. Kennedys durch die Mafia, die CIA, oder irgend ein anderes weitreichendes Komplott. Ganz dicht auf den Fersen ist ihr allerdings die vermeintlich gefakte Mondlandung der USA anno 1969. Im Rüstungs- und Imagewettlauf mit dem kommunistischen Klassenfeind galt es um jeden Preis ein Zeichen zu setzten, schließlich hatte die Sowjetunion geschafft, den ersten Menschen ins Weltall zu schicken. Und das bereits 1961, als der Kalte Krieg drohte richtig heiß zu werden.
Der kanadische Independent-Filmer Matt Johnson hat sich nun dieser nach wie vor recht populären „Kontroverse" angenommen und daraus eine höchst vergnügliche Satire in Form einer Fake-Doku gezimmert. Er selbst gibt dabei den aufstrebenden CIA-Agenten Matt Johnson, der zusammen mit seinem Freund und Partner Owen Williams die NASA als Dokumentarfilmer getarnt infiltrieren soll, da man dort einen sowjetischen Maulwurf vermutet. Doch statt diesen zu entlarven, decken sie ein geradezu ungeheuerliches Geheimnis auf: die US-Raumfahrtbehörde kann die Deadline für die mit der Apollo 11-Mission geplante Mondlandung nicht einhalten, eine Schlappe die die US-Regierung um jeden Preis vor der Öffentlichkeit zu verbergen gedenkt. Für Johnson und Williams bedeutet diese Mitwisserschaft daher nichts weniger als akute Lebensgefahr.
„Operation Avalanche" ist also nicht nur komische Mockumentary, sondern auch ein waschechter Politthriller. Ob die engen finanziellen Grenzen nun ausschlaggebend waren oder nicht, das gewählte Found-Footage-Konzept ist hier endlich mal wieder ein Gewinn. Die ganze Geschichte wird als Film im Film aufgezogen und wir sehen lediglich von den beiden Agenten aufgenommenes Material. Da entweder Handkamera, oder eine versteckte Variante zum Einsatz kommen, ist das Material entsprechend verwackelt, unscharf, schlecht ausgeleuchtet etc. Zudem gab es in den 1960er Jahren auch keine digitalen Formate, so dass alles sehr grobkörnig und wenig plastisch wirkt. Sämtliche Dialoge sind improvisiert und das Skript wird den aktuellen Drehbedingungen und Möglichkeiten angepasst.
Die gefühlte Authentizität hat aber auch noch ganz andere Gründe. Nach dem Motto „Frechheit siegt" marschierte Johnson einfach zur echten Nasa und gab an, einen studentischen Dokumentarfilm drehen zu wollen. Das ohne offizielle Genehmigung entstandene Filmmaterial durfte dann später über den Umweg des „Fair Use" dennoch genutzt werden. Ganz nebenbei ist die Ironie, dass sich falsche Dokumentarfilmer in einem Film über falsche Dokumentarfilmer auf exakt dieselbe Weise Zutritt verschaffen, kaum mehr zu toppen.
Umwerfend komisch auch die Idee, sich beim Dreh von Stanley Kubricks „2001 - Odyssee im Weltraum" einzuschleichen und sich so aus erster Hand Inspirationen für eine filmisch perfekt getrickste Mondlandung zu holen. Wenn dann in einer alten Lagerhalle das Jahrhundertereignis verblüffend einfach und detailgenau nachgestellt wird, dann verschwimmen die Grenzen zwischen Paranoia und Komik auf sehr vergnügliche Art. Nicht jeder Gag sitzt so perfekt und nicht jeder Einfall ist so pfiffig, dennoch gerät Johnson der gewagte Spagat zwischen Satire und Thriller über weite Strecken erfrischend ungekünstelt.
Insgesamt hat schon lange niemand mehr aus seiner finanziellen Not eine ähnlich künstlerisch gewiefte Tugend gemacht und dabei auch noch den Unterhaltungsfaktor nicht vergessen. Jedenfalls wurde das vor allem vom Horrorkino inzwischen tot gerittene Stock-Footgae-Format schon länger nicht mehr so originell und zielführend präsentiert. Matt Johnson ist sich übrigens nach intensiver, insbesondere filmtechnischer Recherche ganz sicher, dass Neil Armstrong und Co. wirklich und wahrhaftig auf dem Mond gelandet sind. Für passionierte Verschwörungsjunkies ist das natürlich keine Entwarnung. Vielleicht sind die in Zeiten von Fake News, kinderleicht fabrizierbarer Bildmanipulationen und anderer medialer Täuschungsmanöver aber einfach noch paranoider geworden.