kurz angerissen*
Auf dem Papier noch ein klassisches Vergewaltigungsdrama, das sich bei genauerem Hinsehen bequem auf klischeehafte Plotwendungen stützt, mausert sich Paul Verhoevens erster Film seit einer Dekade in Aktion zu einem völlig unvorhersehbaren Stop-And-Go. Gerade ein Thriller-erprobtes Publikum wird immer wieder in Situationen manövriert, die es aus dem Effeff kennt, um sich plötzlich mit verblüffenden Auflösungen konfrontiert zu sehen.
Hupperts Titelrolle ist ein Mysterium und gerade deswegen unheimlich faszinierend. Von der Klebefläche, auf die man sich zur Einhaltung von Genre-Konventionen stillschweigend geeinigt hat – dazu ist in erster Linie das minimalistische Regelwerk des Rape-And-Revenge-Films zu zählen - löst sie sich Szene für Szene kraftvoll, stets mit einem Ausgang, den man nur schwer vorhersehen kann.
Verhoeven selbst flüchtet sich zur Erzeugung dieser Wirkung zurück in die Intimität seines Frühwerks, sucht in der französisch-deutschen Produktion die Unmittelbarkeit und lässt dabei aus einer perfiden Beobachterperspektive filmen, die von Grund auf etwas Verdorbenes einbringt, einem gewagten Gewürz gleich. Symbolisch eingesetzte Videospielsequenzen reflektieren die Leere, die der Regisseur in dem gesellschaftlichen Konstrukt aus Oberflächlichkeiten und Massensuggestion vorfindet; sie dienen spätestens als Portal zurück in die frühen 90er Jahre, als Erotikthriller noch so etwas wie eine Lobby hatten.
Auch wenn die ganz schweren Geschütze fehlen, die ein Film wie „Spetters“ aufzufahren wusste, ist Verhoevens Rückkehr durchaus eine solche, von der Notiz zu nehmen ist.
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