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Bei Jeremy LaLonde´s Sex-Dramödie „How to plan an Orgy in a small Town“ handelt es sich um einen kanadischen „Indie“ aus dem Jahr 2015, der zum Teil mit Hilfe einer erfolgreichen „Crowdfunding“-Kampagne finanziert wurde. In unter drei Wochen in Unionville (Ontario) gedreht sowie hierzulande den deutlich uninspirierteren Titel „Kleinstadtorgien“ tragend, lernt das Publikum gleich am Anfang die Teenagerin Cassie (Zoe Cleland) kennen, die im Rahmen einer Party im Elternhaus ihrer Klassenkameradin Heather (Torianna Lee) gerade unmittelbar davor steht, erstmals mit ihrem Freund Adam (Alex Harrouch) zu schlafen. Bevor sie den Akt vollziehen können, wird Adam jedoch seitens seiner Nervosität übermannt und werden sie obendrein gar noch von der Gastgeberin „erwischt“. Während er sich vor Scham im Bad einschließt – wo auch Cassie´s Klamotten liegen – wird jene prompt als „Schlampe“ tituliert und sieht sich daraufhin dazu gezwungen, nur in Unterwäsche gekleidet heim zu laufen. Dort erwartet sie bereits ihre Mutter (Lauren Holly) – eine geschätzte Buchautorin, die ihrer Tochter umgehend (noch auf der Veranda) Vorwürfe im Hinblick auf ihr „anstößiges Verhalten“ (samt der Auswirkungen auf ihren eigenen Ruf) macht. Wütend und enttäuscht, entledigt sich Cassie spontan ihres BHs und joggt im Anschluss daran noch einmal quer durchs Städtchen: Eine Aktion, die sich zu einer „lokalen Legende“ entwickelt – ebenso wie eine später von ihr verfasste Kolumne, in der sie mit all der Prüderie und unterdrückten Sexualität der Leute vor Ort „abrechnet“…

Kurz danach hatte Cassie Beaver´s Ridge verlassen – war in die City gezogen und hatte sich mit dem Schreiben von Beziehungs- und Sex-Ratgebern eine solide Karriere aufgebaut. Inzwischen ist sie 30, weiterhin Single, wird von Jewel Staite gespielt und hat jüngst einen lukrativen Buch-Deal vereinbaren können. Das Problem ist bloß: Ihr will partout keine passende Story in den Sinn kommen. Just in dieser Phase erhält sie die Nachricht, dass ihre Mutter verstorben sei. Dies führt sie zurück in ihre konservative Heimat, wo vor allem Heather (Lauren Lee Smith) – welche nun ausgerechnet mit Adam (Ennis Esmer) verheiratet ist – sie trotz der Umstände arg feindselig empfängt. Um nicht als „verklemmt“ zu gelten, zählt sie Cassie (direkt noch auf der Trauerfeier) einige ihrer „schlüpfrigen Abenteuer“ auf. Die Frage, ob sie denn mal an einer Orgie mitgewirkt habe, muss sie allerdings verneinen. Wenig später erfährt Heather, dass Adam unfruchtbar ist. Da sie sich nichts sehnlicher als ein Kind wünscht, nimmt sie das schwer mit – bis sie sich an Cassie´s Worte erinnert und die daraus entsprießende Chance erkennt: Mit dem richtigen Timing könnte sie so schwanger werden und simultan ihre Bereitschaft für Dinge dieser Art beweisen – also gibt sie bekannt, dass sie tatsächlich eine Orgie organisieren würde, sofern Cassie diese dann (mit all ihren Erfahrungen auf dem Gebiet) „begleitet und anleitet“. Verdutzt und verunsichert, will jene zuerst ablehnen – allerdings wird ihr mit einem Mal gewahr, wie prima sich das Ganze als Grundlage für ihr Buch eignen könnte, weshalb sie doch einwilligt und die Vorbereitungen ihren Lauf nehmen…

In Gestalt einer Kombination aus Humor und Ernsthaftigkeit wirft „How to plan an Orgy in a small Town“ einen Blick auf verschiedene Vorurteile und Klischees, die mit der betreffenden Materie in Verbindung stehen. Herausgekommen ist dabei ein keineswegs ununterhaltsamer, wohl aber nicht umfassend zufrieden stellender Streifen, der leider deutlich „formelhafterer Natur“ ist, als man es bei seinem Titel und Inhalt eigentlich erwarten würde. Obgleich sie nichts weiter als nur mit dem Jungen schlafen wollte, den sie liebt, wird Cassie eingangs zu einem Opfer von „Slut Shaming“ – und selbst ihre Mutter, welche ihren Lebensunterhalt mit „heile-Welt-Geschichten“ verdient, steht ihr in dieser belastenden Situation nicht bei (im Gegenteil gar). Also „rebelliert“ sie erst recht: Läuft „oben ohne“ durch die Straßen und lässt ihren Frust in einem Artikel aus, der rasch „viral“ geht, ihr zu einem guten Job verhilft und dem Örtchen (bzw. seinen Bewohnern) einen unvorteilhaften Ruf beschert. Aus ihr wird eine unabhängige Großstädterin, welche ein „Schicksalsschlag“ schließlich dazu bringt, erneut in die Provinz zu reisen, sich gewissen „Geistern der Vergangenheit“ zu stellen sowie im Zuge dessen etwas über sich selbst zu lernen: Vertraut klingende Punkte, die man (in variierter Form) bereits des Öfteren in allerlei Werken zu sehen erhalten hat. Überdies verbirgt Cassie ein gewichtiges Geheimnis hinter ihrer präsentierten Selbstsicherheit – welches innerhalb der Geschehnisse zwar preisgegeben, in psychologischer Hinsicht jedoch nie wirklich aufgearbeitet wird…

Zu ihrer Mutter hatte Cassie in den zurückliegenden Jahren kaum noch Kontakt – weshalb sie ihr Tod auch nicht sonderlich hart trifft. Mit dem Erbe gedenkt sie nun, sich aus ihrem Buch-Vertrag „freizukaufen“, da ihr einfach kein brauchbarer Plot einfallen will und sie die zugehörige Vorauszahlung bereits ausgegeben hat. Als man ihr jedoch eröffnet, dass das komplette Vermögen (dem Testament nach) dazu verwendet werden soll, eine vor kurzem abgebrannte Bibliothek wieder aufzubauen, stürzt sie das (angesichts der nahenden Deadline und der drohenden Aussicht auf „gerichtliche Konsequenzen“ seitens des Verlegers) in eine unschöne Bredouille. In Heather´s unverhofftem Vorschlag sieht sie eine potentielle Lösung ihres Problems. Beide Frauen agieren also auf der Basis egoistischer Gründe: Heather möchte Adam nämlich nicht erzählen, dass sie seine Fruchtbarkeit heimlich hat testen lassen – mit dem Ergebnis, dass seine Spermien „von schwacher Qualität“ sind – und hofft fortan darauf, halt auf diesem Wege an Nachwuchs zu gelangen (schließlich ist sie ihm nicht untreu, wenn er ebenfalls mit von der Partie ist). Schnell sind ein paar interessierte Partizipanten gefunden – allen voran der förmlich nach Sex gierende „Jammerlappen“ und Immobilienmakler Bruce (Mark O´Brian) und dessen sich gerade von ihm trennende Gattin Alice (Katharine Isabelle) – ihres Zeichens Cassie´s beste Freundin aus Jugendtagen, die sich aktuell von einer Affäre in die nächste stürzt – sowie der schüchtere Ladenbesitzer Chester (Jonas Chernick) und seine Angestellte Polly (Tommie-Amber Price), welche beide (unoffenbart) ineinander verliebt sind…

Die der Einladung Folgenden sind keine Adoleszenten mehr, sondern so um die 30, haben es größtenteils nie geschafft, ihr Heimatstädtchen zu verlassen, vermissen jeweils das eine oder andere in ihrem Alltag und versuchen nun, per Unterstützung einer „Expertin“ eigene Sehnsüchte und Begierden auszuloten bzw. auszuleben. Ihr konservativ-provinzielles Umfeld empfinden viele schon lange als „ihre Sexualität unterdrückend“ – weshalb sie diese sich ihnen bietende Möglichkeit derart zügig und fest ergreifen. Einige kennen sich bereits seit ihrer Kindheit, können sich nicht unbedingt prächtig leiden: Nicht die einzigen „verunsichernden Faktoren“, die es zu überwinden gilt – bestimmte Erwartungshaltungen und Sorgen kommen da noch hinzu. Schade, dass LaLonde bei seiner „bunten Zusammenstellung der Charaktere“ recht kräftig auf Stereotypen zurückgriff und nicht genauer auf so manch eine Backstory eingegangen ist: Weniger „Oberflächlichkeit“ hätte dem Film besser gestanden – unabhängig dessen, dass die Ursprünge von Klischees (so unerfreulich sie auch sein mögen) ja nicht selten konkret in der Realität zu verorten sowie speziell bei Komödien immer wieder für „Schmunzler“ oder „Lacher“ gut sind. In diesem Sinne treffen die Beteiligten im Vorfeld bspw. eine Auswahl „klassischer“ Vorbereitungen – á la mit Schmerzen verbundenes Entfernen unliebsamer Haarpartien, die Beschaffung Potenz-steigernder Mittel oder das „Trainieren des Durchhaltevermögens“, um (im Falle eines Herrn) die „Gefahr“ unangenehm-peinlicher vorzeitiger Samenergüsse zu verringern…

Da das Vorhaben für sie alle sozusagen „Neuland“ markiert, gibt es zu Beginn u.a. noch einige „Berührungsängste“ zu überwinden: Dieser Faktor – in Kombination mit einer zum Teil eben daraus resultierenden eher pragmatischen Herangehensweise, im Rahmen derer nicht nur eine Reihe von Fragen Spontanität sowie das Aufkommen einer passenden Stimmung verhindern – führt erst einmal zum Scheitern der anfänglichen Anläufe. Die Runde erweitert sich in dieser Phase auch – etwa um den frisch hinzugezogenen, entspannt-lockeren Spencer (James McGowan) und den pakistanisch-stämmigen Bürgermeister Gus (Gugun Deep Singh). Die einzelnen, gelegentlich „ins Cartoonische tendierenden“ Figuren erfüllen ihre angedachten Zwecke und werden von einem gut aufgelegten Cast-Ensemble portraitiert: Lauren Lee Smith („Lie with me“) macht das Beste aus ihrem „bitchy-fokussierten Alpha-Weibchen“-Part, Tommie-Amber Price („the F-Word“) und Jonas Chernick („Lucid“) hinterlassen einen angenehmen Eindruck und Mark O´Brian („Arrival“) agiert okay als zwischen jämmerlich, nervig und belustigend-überdreht schwankender Bruce – während die Auftritte von Katharine Isabelle („88“) als sexy-zynische „sich gerade auslebende“ Alice und James McGowan („Suicide Squad“) als ebenso unprüder wie charmanter „Gentleman“ jeweils für echte Highlight-Momente sorgen. In Nebenrollen treten obendrein noch Lauren Holly (TV´s „NCIS“), Gugun Deep Singh („Let´s ruin it with Babies“) sowie James O´Kane („Collider“) als ein seit jeher daheim bei seiner Mutter im Keller wohnender Außenseiter in Erscheinung…

Hauptdarstellerin Jewel Staite („Serenity“) liefert eine gewohnt sympathische wie kompetente Performance ab und harmoniert dabei ordentlich mit ihrem Co-Star Ennis Esmer (TV´s „the Listener“). Unglücklicherweise entfaltet sich ihr gemeinsamer Subplot weder allzu originell noch in irgendeiner Form überraschend – was im Grunde bezeichnend für das Werk an sich ist, welches unterhalb seiner „reizvollen Fassade“ eigentlich erstaunlich konventionell daherkommt. Ernstere, in Anbetracht gewisser Leute und Schicksale ab und an beinahe schon „deprimierende“ Szenen wechseln sich regelmäßig mit mal mehr, mal minder amüsanten Gags und Dialogen ab: In der Hinsicht mutet der Streifen insgesamt durchaus ein Stück weit „uneben“ an – worüber hinaus ich mir eine höhere Zahl wahrhaft köstlicher Einfälle (wie eine hochschwangere Frau, die per Geschlechtsverkehr endlich den Geburtsprozess „in Gang setzen“ will) gewünscht hätte. Generell war LaLonde („Sex after Kids“) stärker an den zwischenmenschlichen Beziehungen als an konkreten „Schlüpfrigkeiten“ interessiert – welche aber dennoch oft thematisiert sowie auch aufgezeigt werden (einschließlich einzelner „nackter Tatsachen“ und gar einer „Orgasmus-Montage-Sequenz“). Sonderlich freizügig oder „edgy“ ist das Gebotene jedoch nicht – also bitte keine falschen Erwartungen hegen – und obgleich die knapp 100-minütige Spieldauer alles in allem gut bemessen bzw. „gefüllt“ wurde, kommt man am Ende nicht drum herum sich zu wünschen, dass sich der Film speziell im Bereich seines „finalen Ereignisses“ umfangreicheren „ungezügelten Spaß“ zugestanden hätte…

Fazit: Trotz der engagierten Besetzung, soliden Umsetzung, löblichen Botschaft und des passablen Unterhaltungswerts entpuppt sich „How to plan an Orgy in a small Town“ im Ganzen leider bloß nur als eine arg mittelprächtige Sex-Dramödie, bei der Regisseur und Skriptautor Jeremy LaLonde das volle Potential seines Konzepts einfach nicht vernünftig auszuschöpfen vermochte…

knappe „5 von 10“

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