Spuk-, Geister- und Besessenheits-Horror erlebt in den letzten Jahren immer wieder eine Renaissance und die Produktion von relativ vielen hochqualitativen Filmen – wenn auch ähnlicher Bauweise – und bringt sogar die Kinokassen ganz enorm ins Schwingen.
Meistens entstehen Reihen und Franchises aus kleinen, kostengünstigen Produktionen, die dem Publikum den nötigen Schlüsselreiz vermitteln und so zum Kassenmagneten werden – meistens ist man bei Film 2 oder 3 längst eine weltbekannte Marke.
Nach genau dem gleichen Prinzip verläuft auch die Profitkurve von „Lights Out“, der im Kielwasser von „Conjuring 2“, einer weiteren Geister-ÜBER-Produktion die Augen durch die Gewinnmarge leuchten lässt.
Produziert für unter 5 Millionen Dollar, gelang dem Film ein relativer Traumstart mit beständigen Dauerraten, so daß am Ende fast das 15fache des Budgets allein in den Staaten in die Kassen kam.
Das ist nicht schlecht für die recht flott zusammen getöpferte Langfilmversion eines viral erfolgreichen Mini-Kurzfilms, der sich wie eine Schneise durch das Web und alle sozialen Netzwerke gebrannt hat: die unerfreuliche Geschichte einer Frau, die eigentlich ganz gern schlafen gehen würde, aber immer, wenn sie das Licht ausmacht, sieht sie im Dunkel eine schattenhafte Gestalt – die bei Licht einfach nicht mehr zu sehen ist. Da hilft dann auch nicht das bewährte „Decke über den Kopf“!
Natürlich reicht so etwas nicht für einen abendfüllenden Film, also musste flugs – die Rechte für die Langfassung waren dem Schöpfer des Kurzfilms, David F. Sandberg anvertraut worden, ein richtiger Plot her.
Sandberg, der Skandinavier, hatte zwar schon diverse kurze Schreckenswerke produziert und gedreht, ein Spielfilm war aber noch nicht dabei – und er hielt sich an die Devise, dass „einfach“ manchmal am effektivsten ist.
In gerade 80 „straighten“ Minuten haut Sandberg mit der bewährten Prämisse dem Zuschauer ein fies-finsteres Kammerspiel um die Ohren, dass zum größten Teil in einem Haus (plus noch eine Wohnung) spielt und das auch noch über den Kurs von 48 Stunden.
Ausgangspunkt ist die bewährte amerikanische „kaputte“ Familie: der erste Vater weg, der Stiefvater stirbt in der Auftaktsequenz (eine netter Fünf-Minuten-Auftritt des Twilight-Sheriffs Billy Burke), dann bleiben nur Mutter Sophie (Maria Bello), eine Manisch-Depressive, die zu selten kontrolliert wird, ob sie auch ihre Pillen nimmt und Sohnemann Martin (Gabriel Bateman), der sichtlich Angst bekommt vor eben besagten Schatten, die nur im Dunkeln auffallen und offenbar angeregte Gespräche mit Mama führen. Weil er nicht daheim schläft, sondern in der Schule, ist die Reihe bald an der just erwachsenen Tochter Rebecca (Teresa Palmer), die als Semi-Goth-Metal-Girl gerade ihre Bindungsunfähigkeit mit Hingabe zelebriert, obwohl ihr Betthäschen Bret ein wirklich schnuffiger Drei-Tage-Bart-Bär mit einem Geduldsfaden aus Gußeisen ist.
In freundlicher Beinahe-Zusammenarbeit mit dem Jugendamt lässt Rebecca ihren Bruder schließlich bei sich schlafen, aber wie sich heraus stellt, lässt sich die Gestalt im Dunkel nicht von einem Ortswechsel beeindrucken und taucht auch dort im Schlagschatten auf. Also geht es retour zu Mama, die im Arbeitszimmer der Ehemänner noch einige Arztberichte liegen hat, die Licht ins Dunkel bringen. Und das ist ja auch nötig, denn nur im Licht verschwindet die kohlrabennachtschwarze „Diana“…
In knappster Zeit dreht Sandberg höchst effektiv an der Spannungsschraube und macht aus dem begrenzten Setting das Beste: er macht es immer dunkler und düsterer. Reihenweise gehen Glühlampen und Scheinwerfer im falschen Moment aus, flackert das Licht, zeigen sich Batterien launisch, während sich die düstere Heimstatt (fast komplett abgedunkelt wegen des Hausgastes) immer mehr in ein schattenhaftes Gefängnis verwandelt, aus dem es in der Nacht natürlich kein richtiges Entkommen gibt.
Obwohl fast unmöglich, gelingt es dem Regisseur, seine Figuren über weite Strecken des Plots im Spiel zu halten, opfert erst ganz kurz vor Schluss zwei Füllfiguren und die auch nicht eben besonders geschickt, sondern mehr wegen des graphischen Effekts.
Also harrt man stets spähend in die dunklen Zimmer- und Korridorwinkel aus und hofft, dass nichts ins Bild springt, aber in einem dunklen Haus gibt es überall dunkle Winkel, nicht nur in den Köpfer der Figuren, die alle geschlagen, erschöpft oder überreizt sind.
Sandberg verzichtet dabei auf ein Übermaß an „jump scares“, sondern ordnet geschickt audiovisuelle Schrecken an, die mit langen Fingernägeln im Dunkel am Teppicht kratzen.
Inhaltlich orientiert man sich noch am ehesten am ebenso erfolgreichen „Babadook“, der auch eine psychologische Basis für die Erschaffung des Schreckens bot, genauso wie „Lights Out“ kein reiner Geisterfilm ist.
Für Meisterschaft genügt die kleine schwarze Perle hier natürlich nicht, aber angesichts der lässigen Effektivität, mit der Sandberg bekannte Terrorszenarios aus dem Horrorbereich hier anordnet, hat man die Hoffnung, dass er selbst der Fortsetzung eines gescheiterten Conjuring-Spinoffs („Annabelle 2“) noch etwas Horribles abgewinnen kann.
„Lights Out“ ist ein kleiner, böser, abgründiger Film, der nicht der Verlockung erliegt, alles toterklären zu müssen und dennoch seine Konstruktion mit folgerichtiger Sachlichkeit zu einem logischen Ende führt.
Da kriegt man was fürs Geld! (8/10)