In den letzten Jahren mehrfach totgesagt und auch zwischenzeitlich eindeutige Anzeichen eines baldigen Versterbens verzeichnend, hat sich das aktuelle HK - Kino gerade in den letzten Monaten geradezu gezwungenermaßen wieder erholt. Ursächlich mit dafür, dass ein positiver Trend übrigens und auch eine echte Alternative zu derzeit überbordenden, in alle wilden Richtungen der Übertreibung schießenden Chinesischen Kinos ist, ist neben der auch gesteigerten lokalen Kommerzialität vor allem auch die Entwicklung der Politik. Gerade in den letzten Monaten hat sich eine Art Schwarze Liste entwickelt, von Schauspielern und Regisseuren, die mit ihren Aussagen gen der Volksrepublik und deren Verhaltensweisen zur Persona non grata geworden sind und den Rückzug antreten durften und damit oft so traurig auch nicht sind. Zusätzlich hat sich auch mit dem Omnibusfilm Ten Years speziell hervorgehoben, zuvor aber auch schon mit Midnight After oder Aberdeen z.b. eine Beschränktheit auf die Lokalität selber entwickelt, die überraschenden Zuspruch des einheimischen Publikums gefunden und so den ursprünglichen Markt wieder entdeckt hat. Die Einschränkungen des Staatszensur, das momentane Verlegen auf Bombast- und Effektspektakel Marke Hollywood und die verstärkten politischen und gesellschaftlichen Bedrängungen als die Katalysatoren für die eigene Kreativität und den Putsch gegen die Obrigkeit, was zu neuen Erzeugnissen führte und dem Wiedererlangen der bis dato siechenden Produktivität.
So wäre gerade auch ein Robbery in China nicht möglich, was am unverblümten Zeigen von (Sexualität und) Gewalt und darüber hinaus auch mit am Thema und der gesamten Herangehensweise des auf seine Art und Weise auch strapaziösen Filmes liegt:
Der Tunichtgut Lau Kin - ping [ Derek Tsang ] lebt auf engsten Raum mit seinen beiden sich streitenden Eltern und noch dem Bruder plus Schwägerin zusammen. Als ihm eines Tages ein Selbstmörderpaar direkt vor die Füsse springt, hat er das Gefühl, sein Leben ändern zu müssen und bewirbt sich als Verkäufer im 24h Convenience Store “Exceed“ von Fat Boss [ Lam Suet ], wo er von der jungen Kollegin Mabel [ J. Arie ] angeleitet werden soll. Noch in der selben Nacht wird der Laden von dem verprellten Kunden “Grandpa“ [ Stanley Fung ] überfallen und Geiseln genommen. Da noch weitere 'Besucher' wie der mysteriöse Yan [ Philip Keung ], ein Gangsterboss [ Eric Kwok ], die promovierte Ärztin Ania Chance [ Anita Chui ] im Cheerleaderkostüm und die Geschäftskonkurrenz Kwong [ Ken Lo ] anwesend sind und weiterhin fleißig auftauchen, und auch bald die Polizei unter Officer Wai [ Aaron Chow ] das Geschäft stürmt, entwickelt sich die Nacht wesentlich aufreibender als gedacht.
Regisseur und Co-Autor Fire Lee, bisher nicht aufgefallen, und davor mit zwei Romanzen auch andere Geschichten erzählt, versucht sich hier an eine materiellen und formellen Stilisierung, die, wenn es nicht schon etwas sehr spät dafür ist, schon beinahe auf Tarantino und dessen Einfluss in den Neunzigern und anschließend auch die Grindhouse - Welle noch, also auch schon archaisch wieder zurückgeht. Ein Zeitalter, dass längst vergangen und zu den Akten auf dem Stapel ganz weit hinten, dem Giftschrank schon nah gelegt ist. Deswegen kann man hier auch keinerlei einheimische Vertreter als Referenz aufzählen, sondern muss die Jahre zurück und den Weg in den Westen, so als Mischung aus Mittneunziger Widersprüchlichkeiten wie Clerks, S.F.W., Things to Do in Denver When You're Dead, The Immortals, Suicide Kings und dem berüchtigten Headless Body in a Topless Bar gehen; nicht als weiterer Vertreter des Genres, sondern als Beschreibung eines Mottos, dass durch "This City is fucking stuck" durch die Gegend getragen wird.
Dabei ist schon von der ersten Einstellung an klar, wo hier der Hase langläuft und in welche Richtung, nämlich die der impulsiven, improvisierten, da nicht gänzlich durchdachten und sich auf einer Idee ausruhenden 'Satire' es denn geht. Neben der ersten Spitze auf The Wolf of Wall Street, der innerhalb der Stadtgrenzen von HK sowieso überaus beliebt ist, wenn man die zahlreichen Verweise auch in anderen lokalen Werke mitrechnet, wird auch anschließend schon die Grenze der Realität gebrochen und ein Szenario zwar zeitlich und örtlich im Hier und Jetzt, aber in einer Überspitzung dessen, der permanenten Übertreibung und der Ausschöpfung aller wenigen Mittel, der Gewalt nämlich erzählt.
Vorgestellt wird das Geschehen wieder einmal mit einem voice over, der zum Glück nur die Einleitung selber zusammenfasst und nicht etwa das ganze Geschehen kommentiert. Eine Situation des Daseins, die alles andere als vergnüglich und gefangen in Armut, ohne einen Ort des Rückzugs oder der Privatsphäre und ganz allgemein nur zu bedauern, aber längst noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt ist. Denn das, was danach kommt, ist quasi ein Albtraum per se und dennoch, zumindest in der Schlusspointe ein Ausbruch aus der Tristesse, in der zumindest etwas Aufregendes passiert und man nicht nur Spielball des Lebens, sondern auch endlich einmal Mitakteur mit auch Aussicht auf Hoffnung und Besserung, angesichts des Chaos zumindest ist.
So befindet man sich nach kurzer Einleitung an einem verqueren Ort, der eher der Phantasie, wie ein Gedankengebäude zugehörig wirkt. Eine permanent geöffneter Shop, der alles Mögliche an Waren für den täglichen Bedarf, aber auch Kleinkram zum Mitnehmen anbietet. Eine mitternächtliche Uhrzeit, die dennoch reichlich frequentiert mit Besucherstrom, allesamt merkwürdige Kreaturen der Sorte Mensch und mit Geheimnissen oft und eigenem Ansinnen ist. Und viele Gefahren, die über eine spitze Schere in der Halsschlagader, eine geladene Waffe auf den Unterleib gerichtet, eine Bombe mit Zeitzünder gar reichen und so ständig das Fass zum Überlaufen bringen, auch wenn die Bedrohung selber dann nur selten greifbar und vielmehr das satirische, das schwarzhumoristisch gedachte, und dann mit zunehmender Laufzeit eher misogynistisch wirkende Mittel nur ist. Je mehr roter Lebenssaft in dem Laden vergossen wird und bald alles besudelt, desto mehr ist auch der Film selber am Ausbluten.