Review

kurz angerissen*

Die Anarchie des zweiten Teils bleibt dem dritten Teil erhalten; vom Home-Invasion-Ursprung auf begrenztem Raum hat sich die Reihe gelöst und bietet wohl ab sofort nur noch flächendeckendes Chaos auf den nächtlichen Straßen Amerikas. Frank Grillos erneutes Mitwirken besiegelt weiterhin einen gewissen Kontinuitätsgedanken beim Ausbau der ungewöhnlichen dystopischen Konstruktion, die so einsam zwischen Trash, reaktionärer Genreware und beißender Gesellschaftskritik pendelt, dass sie womöglich noch über Jahre hinaus in Erinnerung bleiben wird.

Was „The Purge: Anarchy“ allerdings noch konsequent aussparte, um den Fokus unkompliziert auf die Vorzüge der Horror- und Action-Ausrichtung zu richten, war der Blick hinter die politischen Vorhänge. „Election Year“ holt gerade dies nun nach und sorgt als Vorbote der inzwischen angelaufenen Trump-Ära für absolute Transparenz auf präsidialer Ebene. Auch wenn man sich aus diesem Ansatz keine politologischen Diskurse erwarten darf, erfüllen sie doch einen ganz besonderen Zweck: Ein Konzept, das sich genauso gut in vorhersehbaren Wellen von Gewalteruptionen erschöpfen könnte, wird recht geschickt am Leben erhalten und mit einem interessanten Subtext auf B-Movie-Level aufgehübscht.

Nicht, dass es „Election Year“ nicht auch auf kleine Episoden der Gewalttätigkeit abgesehen hätte. Der im Film gezeigte Purge-Tourismus reflektiert das Außenbild Amerikas im eurasischen Raum, einzelgängerische Prediger das vergessene Individuum und den Selbstdarstellungsdrang in sozialen Medien, organisierte Purger die Gangkonflikte in Brennvierteln, der Amoklauf eines verwöhnten Görs und ihrer Girlgroup der reinen Provokation wegen erzieherische Mängel innerhalb der Familie. Dabei ergibt sich ein Karneval des Grauens, bei dem sich die Kostümdesigner vielleicht fast etwas zu übermotiviert präsentieren, würde man das mit Schlüsselbildern amerikanischer Ängste gespickte Design der Verkleidungen in dieser Treffsicherheit doch kaum seinen Trägern zutrauen; der Film als solcher jedoch profitiert von dem bizarren Fasching, der zu fremdartig ausgeleuchteten Szenerien des Todes führt, die am Auge der stets in Bewegung befindlichen Protagonisten vorbeirauschen.

Und so ist man der Purge-Idee selbst nach drei Teilen noch nicht überdrüssig geworden. Es wäre sicher möglich, einen realistischeren Strich für ein glaubhafteres Endprodukt anzuwenden; sogar die genrebedingten Mittel ließen Platz für mehr. Kurzum, „Election Year“ ist wie schon seine Vorgänger nicht unbedingt ein bemerkenswert guter Film, aber doch einer, dessen ungewöhnliche Mischung einen gewissen Eindruck hinterlässt.

*weitere Informationen: siehe Profil

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