Review

Perfides Pärchen-Puzzle, polarisiert & paralysiert perfekt

Tom Ford ist einer der wichtigsten & mächtigsten Personen auf dem Planeten. Er prägt seit Jahren Stilbewusstsein, Schönheit, Toleranz & Mode in unserer westlichen Welt. Ein Genie, den man kaum hoch genug loben kann & der gefühlt immer kreativer & mutiger wird. Doch sein erster & bisher einziger Film "A Single Man", wurde vor 7 Jahren (!) meines Erachtens nicht so sehr gefeiert, wie er es verdient hatte. Jetzt legt die Stilikone endlich nach & feiert mit "Nocturnal Animals" seinen künstlerisch vielleicht bisher größten Coup. Ein hypnotisch böses & nihilistisches Werk, das mehr Fragen stellt als beantwortet, mehr Kurven schlägt als man zählen kann & mehr Schönheit inne hat, als zehn übliche Hollywoodfilme zusammen. Eine Ausnahmeerscheinung & weit, weit mehr als nur Style & Glanz. Wer dem Modezar immer noch prätentiöse Leere & Stil über Substanz vorwirft, dem kann ich nicht mehr helfen. Das wäre der viel zu einfache & vorurteilsvolle Weg für Kritiker!

Der Film ist stark, fordernd & ein kleines, gemeines Mysterium - doch gerade das ist im Zeitalter von übererklärten & runter gedummten Crowdpleasern ein kostbares Zeichen & Geschenk. Selten hallte ein Film dieses Jahr noch so nach, wenige Werke wirkten so zeitlos & genial. Trotz einiger frustrierenden Sackgassen & anstrengenden Längen, würde ich ihn mir sofort nochmal ansehen. Mit jeder vergehenden Minute wächst mein Ansehen für dieses vielschichtige & komplexe Nachtschattengewächs. Tom Ford will immer viel - hier erreicht er genau dies & genügt höchsten Ansprüchen. Um den Film auf eine Stufe mit großen Klassikern der Neuzeit ala "Mulholland Drive" oder "Drive" zu stellen, ist es noch etwas früh. Doch in Retrospektive werden nur eine Handvoll Filme aus diesem Jahr so bedeutend hängen bleiben, wie dieser noirische Rachethriller mit doppeltem Boden.

Tom Ford ist ein Naturtalent, nicht nur was Optik betrifft. Und "Nocturnal Animals" könnte nächsten Februar bei den Oscars einige Nominierungen einfahren. Er sollte es sogar! Neben einigen der emotional & cool aufspielenden Darstellern (Shannon, Adams, Taylor-Johnson!!!), ist vor allem der Regisseur selbst hier ein Star. Wie könnte es auch anders sein. Dieses deutungsschwangere Unheil von Film, ist ein komplexer Sturkopf & weit davon weg, den Massen zu gefallen. Filmliebhaber können sich hier aber an jeder Sekunde, jedem Bild, jedem Twist, jeder Performance & jeder Deutungsebene ergötzen. Es geht um eine reiche aber ziemlich leere Kunstausstellerin (?), die von ihrem Ex-Mann einen Roman geschickt bekommt. Nun erzählt & verwebt der einzigartige Thriller  magisch ihre komplizierte "reale" Welt mit der dreckigen Thrillerstory im Buch. Überschneidungen, Parallelen, Rätsel & Gefühlschaos all inclusive. Ein Film, der schon mit seinem sprachlos machenden Intro provoziert, Fahrt aufnimmt & mein Interesse nie wirklich verlor. Sitzt wie ein Tom Ford-Anzug ;)

Der Soundtrack variiert von wuchtig bis schleichend emotional, das Ende ist perfekt & den Film noch weiter öffnend, die Bilder des mehr als begabten Kameramanns könnten Gemälde für sich sein. Dazu gibt es den bösesten JumpScare des Jahres & eine abgefuckte Grundattitüde, wie sie wohl nur ein Mann wie Ford bringen kann, der die oberflächliche Welt der Mode & des Scheins studiert hat & auf den Kopf dreht. Er gibt Nicolas Winding Refn hiermit sein Geld zurück, obwohl man natürlich beide als eigene, herausragende & schneidende Künstler feiern oder zumindest respektieren sollte. "Nocturnal Animals" ist fies & fein, kalt & heiß, überraschend & überrollend. Wird man hassen & lieben - genau wie es bei großer Kunst, die etwas zu sagen hat, sein sollte. Für mich ein Instant Classic & eine unvergesslicher Kinobesuch, mit Staunen, Schlucken & Wundern. 

Fazit: Tom Fords zweiter großer Regiewurf - ein Alptraum im Metapher-Labyrinth im Alptraum. Eine teuflische Verschachtelung & meisterhaft erzählte Geschichte, über die man sich den Kopf zerbrechen kann... ein feuchter Traum für Freunde perverser & tief erschütternder Rätsel. Einer der anspruchsvollsten Filme des Jahres. Und der vielleicht hübscheste. Umso länger man Abstand gewinnt & Eindrücke verdaut, desto mehr gewinnt dieser emotionale Brainstorm an Größe. Bitte weiter (& öfter?) Filme machen, Herr Ford!

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