kurz angerissen*
Ja, filmisch gesehen ist „Puls“ die erwartete Grütze, mit der voller Verzweiflung versucht wird, sich an Verstrichenes zu klammern: Handy-Paranoia, Zombie-Hype, ja selbst an einen passenderen Filmtitel wie „Signal“. In jeglicher Hinsicht kommt die Produktion einfach zu spät. Man spürt einstmals große Ambitionen, die im Laufe der Zeit zum Videothekenramsch-Format zurechtgestutzt wurden – tödlich für ein Szenario, das episch wirken muss, um ernsthaft zu funktionieren. Garniert mit Plotholes, gelangweilten Schauspielern und ganz schön miesen Massen-Effektszenen kann man die cineastischen Qualitäten kaum verteidigen, es sei denn, man möchte einen selbstironischen Blick auf die Produktionsumstände wohlwollend herausarbeiten und das Ganze als Augenzwinkern mit Brechstange verkaufen.
Aaaber. Abgesehen davon, dass der Digitalisierungswahn nach wie vor hochaktuell ist und eine Thematisierung immer noch rechtfertigt (auch wenn er dem heutigen Stand leider kaum angepasst wurde und sich weiterhin fast ausschließlich mit Handy-Funkwellen befasst), übt die sehr eigenwillige Darstellung der King'schen Gedanken zum Thema Kommunikationstechnologie einen ganz speziellen Reiz aus. Eine gemächliche Einleitung leistet sich dieser Film nicht, vielmehr überfällt er uns mit einer Massenhysterie am Flughafen, in deren Verlauf Hunderte von Menschen ihren Verstand zu verlieren scheinen und den (nicht umsonst als Zentrum des Personenverkehrs gewählten) Schauplatz zum Amok-Kriegsfeld umfunktionieren. John Cusacks Charakter wird als Person somit gar nicht erst groß vorgestellt, sondern sozusagen zwischen Handy-Zombie und Gepäckband nach und nach mit Merkmalen ausgestattet. Ein No-Go in Sachen Charakterzeichnung, doch andererseits so erfrischend anders im Vergleich mit allem, was man sonst so konsumiert.
Wenn in diesem Zusammenhang dann auch von „Zombie-Klischees“ gesprochen wird, so ist dies vielleicht die Ohnmacht, die kleinen Unterschiede zwischen schnellem Zombie und schnellem Zombie zu erklären. Was hier mit mordlüsternem Blick in den Augen über Stock und Stein poltert, folgt völlig anderen Regeln als beispielsweise die Gelbäugigen aus „28 Days Later“, die ja gemeinhin als Urahnen des Leistungssport-Zombies gehandelt werden. Zu vergleichen ist das Geschehen in „Puls“ vielmehr mit M. Night Shyamalans „The Happening“, vielleicht in Erbschaft des Körperhorrors der 50er Jahre, bei dem Außerirdische die Kontrolle über den menschlichen Körper übernehmen.
Die handwerkliche Umsetzung ist zweifellos in Frage zu stellen, aber ob nun freiwillig oder unfreiwillig, kerngesunde Menschen, die sich durch ein elektronisches Signal binnen Sekunden in blutrünstige Wahnsinnige verwandeln und sich so seltsam ferngesteuert verhalten wie Ameisen in einer Kolonie, das gibt es längst noch nicht so oft zu sehen wie den heillos überfilmten Infizierten und bietet selbst dann noch einen gewissen Wert, wenn die Darsteller eigentlich gerne ganz woanders wären.
*weitere Informationen: siehe Profil