Im November 2011 werden Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in ihrem Wohnwagen von der Polizei umstellt, woraufhin sie sich das Leben nehmen. Der Fund ruft einen Zielfahnder, gespielt von Florian Lukas, auf den Plan, der bereits in den späten 90er Jahren zusammen mit seinem Vorgesetzten, gespielt von Sylvester Groth, nach dem untergetauchten Terror-Trio gesucht hatte. Damals war es besonders der Verfassungsschutz, der die Ermittlungen torpediere, um die eigenen V-Leute in der rechten Szene zu schützen. Und auch jetzt, als er gemeinsam mit der Tochter des ehemaligen Kollegen, gespielt von Liv Lisa Fries, nach der letzten Überlebenden des NSU, Beate Zschäpe, sucht, drängt sich ihm der Verdacht auf, dass andere Ermittlungsbehörden etwas zu vertuschen versuchen.
Als 2011 nach einem zunächst eher unspektakulär erscheinenden Wohnungsbrand in Zwickau das Bekennervideo des selbsternannten Nationalsozialistischen Untergrundes NSU auftauchte, wurde die Bundesrepublik nachhaltig erschüttert. Die Ermittlungsbehörden mussten eine Panne nach der anderen einräumen, sich Vorwürfe von Unfähigkeit und Inkompetenz bis hin zur Beihilfe gefallen lassen. Die Politik musste sich eingestehen, auf dem rechten Auge blind gewesen zu sein, die Medien wiederum, die Hintergründe der Mordserie an Migranten und deren Nachkommen falsch beurteilt zu haben. Dass bis zum Auftauchen des Bekennervideos meist von „Döner-Morden“ gesprochen wurde, dass alle Welt davon ausging, die Migranten hätten sich gegenseitig ermordet, ist symptomatisch wie unerträglich. Angesichts der schieren Größe des Skandals musste es ja früher oder später zur filmischen Aufarbeitung kommen.
Und die ARD war am schnellsten. Obwohl das Urteil im Prozess gegen Beate Zschäpe noch aussteht, erscheinen in diesen Tagen drei Spielfilme über den NSU, wobei die insgesamt etwa fünfstündige Lauflänge der Komplexität der Thematik durchaus Rechnung trägt. Die Einteilung, wonach zunächst die Täter bis zu ihrem Untertauchen, anschließend die Opfer des Terror-Trios und zuletzt die Arbeit der Ermittler fokussiert werden, ist ebenfalls sinnvoll und verspricht eine eingehende und interessante Behandlung des NSU-Komplexes. Nichtsdestotrotz waren die Quoten miserabel, was aber nicht unbedingt gegen die Qualität der Filme sprechen muss. Der dritte Film schließt jedenfalls eine insgesamt ordentliche Trilogie weitgehend gelungen ab.
Der fragende Gesichtsausdruck des Feuerwehrmanns, der die auf SD-Karte gespeicherten Fotos des ausgebrannten Wohnmobils den Ermittlern aushändigen soll, steht am Anfang einer Abfolge von Merkwürdigkeiten, die den Zuschauer letztendlich mit einem ähnlichen Gefühl zurücklassen dürfte. Warum werden die Bilder sichergestellt? Und warum wird das Wohnmobil abtransportiert, noch bevor womöglich wertvolle Spuren gesichert werden können? Oder sollen die womöglich gar nicht gesichert werden? Warum werden zwei Patronenhülsen neben den Leichen von Böhnhardt und Mundlos gefunden? Einer der beiden hätte nach dem Kopfschuss das Gewehr noch einmal repetieren müssen, um die zweite Hülse aus der Waffe zu entfernen. War womöglich eine dritte Person anwesend?
Vor allem legt der von „Coconut Hero“-Regisseur Florian Cossen inszenierte Film die fatale und grundsätzliche Fehleinschätzung des Verfassungsschutzes offen, wonach der Sicherheit im Lande am besten gedient ist, indem die rechte Szene mit V-Leuten infiltriert wird. Nur, dass die eben keine eigenen Agenten, sondern nichts anderes als vom Staat bezahlte Nazis sind, die weiterhin ein gefährliches Eigenleben entwickeln und nicht vollständig kontrollierbar sind. Um Erschütterungen in der von V-Leuten durchsetzen Neonazi-Szene zu vermeiden, wurden, wie der Film ebenfalls sehr eindrücklich thematisiert, sogar die Ermittlungen anderer Behörden durch den Verfassungsschutz blockiert. Warum auch gegen ein Milieu vorgehen, das unter genauer Beobachtung steht und riskieren, dass sich neue rechte Gruppierungen bilden, in die man womöglich keinen Einblick mehr hat? Seit den Enthüllungen um die Taten des NSU kann diese Frage als beantwortet gelten: Weil die Szene trotz oder gerade wegen der V-Leute gefährlich ist. Trotz des dilettantischen Vorgehens des Verfassungsschutzes hätte es sich Cossen dennoch schenken können, dessen Mitarbeiter in überzogener Art und Weise als überhebliche Schnösel darzustellen, während die vergleichsweise sympathischen Zielfander bestmöglich zu ermitteln versuchen.
Dennoch wird der Film bei denjenigen, die mit der Materie nicht allzu vertraut sind vermutlich für einige nachhaltige Irritationen sorgen, aber auch die übrigen Zuschauer zumindest mit einem Kopfschütteln zurücklassen. Dabei fasst Cossen viele heiße Eisen erst gar nicht an. Welche Akten wann und warum geschreddert wurden, wird nur angedeutet, wer dies warum veranlasst hat, bleibt unklar. Auch die vielleicht größte Absurdität des NSU-Komplexes findet keinerlei Verwendung: Warum war beim Mord an Halit Yozgat in dessen Internetcafe ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes anwesend, der nichts von der Gewalttat mitbekommen haben wollte? Bei der hier behandelten Thematik ist der Grat zwischen dem Aufzeigen von Ermittlungspannen und dem Verbreiten von Verschwörungstheorien zwar schmal, hier und da hätte der Film aber durchaus etwas bissiger sein können, wenngleich „Die Ermittler - Nur für den Dienstgebrauch“ zumindest etwas Raum für berechtigte Spekulationen lässt.
Ansonsten ist der Film, wie schon seine Vorgänger, eher bieder inszeniert und etwas schleppend erzählt, sodass auch der dritte Film der NSU-Trilogie nicht so recht an Fahrt aufnimmt. Immer wieder verweilt die Kamera kurz auf den Protagonisten, wie sie am Lenkrad eines Autos sitzen oder einfach nur über irgendwelche Gänge schreiten; das sind aber nichtssagende Szenen, die wohl irgendwie düster wirken sollen, den Film letztendlich aber nur ausbremsen. Der Maskenball in der Mitte des Films, der eher in einen düsteren Thriller wie „Sieben“ passen würde, wirkt bei der sonst so biederen Inszenierung eher wie ein Fremdkörper und erfüllt somit den intendierten Nutzen, eine dichte Atmosphäre zu kreieren, nur bedingt. Dafür hält die an „True Detective“ angelehnte Erzählweise auf zwei Zeitebenen den Zuschauer durchaus bei der Stange, weil sich so keine Monotonie einschleicht, während auch die Darsteller überzeugende Arbeit leisten.
Fazit:
Die insgesamt ordentliche TV-Trilogie über den NSU-Komplex findet in „Die Ermittler - Nur für den Dienstgebrauch“ einen würdigen Abschluss, der nach den Tätern und den Opfern die Arbeit der Ermittler thematisiert. Dabei werden insbesondere die grundlegenden Mängel am V-Mann-System des Verfassungsschutzes offengelegt und einige Ungereimtheiten bei den Ermittlungsarbeiten thematisiert. Nichtsdestotrotz hätte der Film durchaus bissiger sein dürfen. Auch die erneut eher biedere Inszenierung verhindert den Sprung über das gehobene Mittelmaß.
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