Review

kurz angerissen*

Mit hollywoodtauglichen Bildern von Krieg, Verlust und Drama sowie einem Hollywood-Star als Hauptbesetzung fährt „Free State Of Jones“ anfangs alle Kaliber eines großformatigen Historienfilms auf. Mit einer Vorausblende als Rahmen trägt er außerdem den Charakter einer Spielberg-, Cameron- oder Hanks-Produktion der mittleren bis späten Neunziger Jahre. Er nimmt sich beim Zeigen von Gräueltaten nicht zurück, um den daraus resultierenden Schockeffekt als dramaturgisches Potenzmittel zu verarbeiten; er kalkuliert persönliche Schicksale in diese Rechnung klug ein und verteilt sie strategisch über die Laufzeit.

Am Ende hat Gary Ross einen Zwitter aus Gesellschafts- und Personenmelodram fertiggestellt und hofft auf eine organische Verknüpfung der perspektivischen Ebenen, aber auch der zeitlichen; was mit den Nachkommen der Hauptfigur geschieht, soll ein Indiz darauf sein, was die Ereignisse von Jones County für die Zukunft bewirkt haben.

„Free State Of Jones“ ist nach „Lincoln“ und „12 Years A Slave“ bereits die dritte größere Produktion im Spannungsfeld des Amerikanischen Bürgerkriegs in den letzten fünf Jahren und im Direktvergleich diejenige, die am kritischsten zu betrachten ist. Obwohl sich der Film als Advokat für die Gleichstellung des Menschen betrachtet, verlagert er das Thema so scharf auf die Rassismusproblematik, dass die Rolle der Frau vollkommen untergeordnet scheint. Männer sind hier die Kriegsmacher, so weit kann man vielleicht noch von historischer Korrektheit sprechen; es sind aber auch fast ausschließlich (schwarze) Männer, die Opfer von Verbrechen werden. Frauen treten im Film hauptsächlich als passive Beobachter oder bestenfalls seelische Unterstützung in Erscheinung. Und wo sie aus der Gleichung gestrichen werden, da werden Tiere sogar ans andere Ende gesetzt: Für einen Film, der von gegenseitigem Respekt und Freiheit für jedes Lebewesen einsteht, wirken Monologe über die Distinktion von Mensch und Tier befremdlich.

McConaughey bleibt natürlich dennoch eine Bank und muss längst als einer der zuverlässigsten Schauspieler überhaupt gelten (zudem scheint er der historischen Person Newton Knight, die er verkörpert, optisch sehr nahe zu kommen). Neben ihm sticht Mahershala Ali aus dem insgesamt soliden, wenn auch wenig prominenten Cast heraus. Die Beziehung zwischen den beiden Männern wird angemessen komplex ausgebreitet. Nicht immer übt ihr handeln einen spürbaren Effekt auf die Veränderung des Gesellschaftsbildes aus und nicht immer steht es in einem kausalen Zusammenhang mit den politischen Entwicklungen auf Präsidentschaftsebene, doch ist dies ja auch gerade beabsichtigt.

Das macht „Free State Of Jones“ zum ideologisch etwas schief geratenen, strukturell hakeligen Historienepos, das sich manchmal in seinen Episoden etwas verliert und diese nicht schlüssig zu verknüpfen weiß. Handwerklich wie schauspielerisch wird immerhin ein hohes Niveau geboten und zumindest szenenweise packt die Handlung so, wie sie soll: Indem sie daran erinnert, dass wir immer noch Teil dieser Geschichte sind.

*weitere Informationen: siehe Profil

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