Review

Hollywood, machen wir uns nichts vor, wird von Geschäftemachern bestimmt. Irgendwo bei den Studiobossen liegt da eine Excel-Tabelle mit einer fest einprogrammierten Formel (Einspiel / Kosten + Werbung), und wenn der resultierende Faktor dort sagen wir mal auch nur etwas mehr als 2 ergibt, wird ein bedingtes Textfeld "Sequel" in der gleichen Tabelle auf "Yes" gesetzt. Was dabei wohl etwas kurz kommt - das Publikum einfach mal zu fragen, ob es den gleichen Mumpf (darauf läuft es ja meist hinaus) noch einmal sehen möchte.

Konkret haben wir es hier mit dem Sequel des mit 170 Mio Budget heftig teuren und gemessen daran weltweit bestenfalls mittelprächtig erfolgreichen  "Snow White & The Huntsman" zu tun; und weil auch den Machern wohl etwas unwohl dabei war, hat man in Sachen Budget einmal kräftig auf die Bremse getreten (110 Milllionen, kolportiert die imdb). Das wiederum blieb dem mittlerweile recht gut informierten Kinopublikum weltweit nicht lange verborgen - der Film reiht sich nahtlos ein in die Serie der kommerziell und leider auch qualitativ schwachen Sequels, die Hollywood Anno 2016 auf die zahlenden Zuschauer losließ.

Inhaltlich gibt es einen Hybrid aus Prequel und Sequel - wir erleben die Jugendzeit des kernigen Huntsman (wieder Chris Hemsworth), der von der emotional schockgefrosteten Ice Queen (Blunt), zufälligerweise die fast genauso unliebenswürdige Schwester der bösen Königin aus dem ersten Teil (für zwei oder drei  Szenen und einen sicher ordentlichen Scheck als Schmerzensgeld wieder dabei: Theron) als Kind für ihre Elitetruppe "Huntsmen" zwangsrekrutiert wird. Weil er sich zwar als Soldat bewährt, sich aber verbotenerweise in Huntsfrau Sarah (Chastain) verliebt, fällt er bei Frau Eisig in Ungnade und muss sich - im Glauben, seine Geliebte für immer verloren zu haben - allein durchschlagen (in der Zeit spielen dann, so deute ich es mal, die Ereignisse des ersten Films). Weil das für die Lauflänge etwas dürftig wäre, kommt der Huntsmen nach seinem (vermutlichen, der Film hüllt sich da weitgehend in Schweigen) Beziehungs-Aus mit Snow White wieder ins Spiel, als der allseits bekannt Zauberspiegel gestohlen wird (der offenbar mehr kann als ein paar sinnträchtige Schönheitsbewertungen ausspucken) und der möglichst auch Queen Nr. 2 nicht in die Hände fallen sollte.

Über die Qualität des ersten Teils gingen die Ansichten ja doch mindestens leicht auseinander (ich würde ihn als annehmbar, aber sicher nicht weltbewegend einstufen), über die Fortsetzung kann es bei nüchterner (also unter 2 Promille) Betrachtung eigentlich keine zwei Meinungen geben: Das ist als Fantasy- oder von mir aus Neo-Märchenfilm ein Totalversagen auf allen Ebenen. Am augenfälligsten ist dabei das fast völlige Fehlen der genreobligatorischen Schauwerte in Tateinheit mit dürftigen CGI und sehr überschaubarem Einsatz von Statisten oder Action. Es ist ein offenkundiges Problem aktueller (Möchtegern-)Hollywoodblockbuster, dass mit Budgets unter 150 Mio Dollar scheinbar kaum etwas Ansehnliches oder gar Spektakuläres auf die Leinwand zu bringen ist, vor allem auch, wenn einige bekannte Gesichter mit teuren Gagen gecastet werden und der Etat schon vor dem ersten Filmmeter vermutlich halbiert ist. Konkret sehen wir ein paar nette Landschaften und eine Handvoll ganz putziger CGI-Gebäude (aber weder quanti- noch qualitativ auf Game of Thrones-Niveau), ein oder zwei mal darf die Frostlady ein wenig eher flau aussehendes CGI-Eis produzieren, das war es fast schon. Dass man zwei auch nicht ganz unbekannte Schauspieler (u.a. Nick Frost) herrderringemäßig und technisch ganz sauber auf Zwergengröße verkleinert sowie ein paar süße Tierchen computerseitig etwas verfremdet, ist nett anzuschauen, aber im Kern überflüssig, das Geld hätte man sinnvoller investieren können (zumal die Zwerge praktisch keine eigene Handlung, Action oder auch nur eine Rolle im Finale bekommen). Auch actionseitig wird man über die fast zwei Stunden  der genauso obligatorischen wie überflüssigen "Extended-Fassung" weitgehend auf Magerkost gesetzt; es gibt eine dramaturgisch wenig sinnvoll eingebettete  Kampfszene gegen ebenfalls arg schwach getrickste "Teermonster", ein bisschen Soldatenausbildung, viel mehr ist nicht.  Gerade das Finale ist ein kompletter Totalausfall, so unspektakulär wurde der/die/das Böse (das ist wohl genretypisch kein Riesenspoiler) noch selten in einem Fantasy-Film in seine CGI-Bestandteile zerlegt. Wer nach dem Trailern gehofft hat, die dort ab und an durchs Bild reitenden überschaubar großen Heere würden sich auch nur in einer kleineren Schlacht mit irgendjemandem die Köpfe einschlagen  - Fehlanzeige.

Der eklatante Schauwertemangel hat eine Mitursache aber auch in einem echten Katastrophendrehbuch, das es nicht einmal schafft, die für Fantasy-Filme eminent wichtige Seite des Bösen halbwegs mit Substanz zu füllen; außer Theron in ihren (zu) wenigen Szenen gibt es niemand, der diese Schlüsselrolle sinnvoll besetzen würde, einmal zu oft wechseln die Figuren dann doch noch auf die Seite des Guten oder haben sie nie verlassen. Der Rest ist Fantasy-Standard der ganz biederen Sorte: Dunkle Bedrohung, als Abhilfe ein Item suchen, Party bilden, losziehen, dabei etwas Beziehungsgeschwafel, ein paar lustlose Monster plätten. Das hat man schon manch einem Film verziehen - die Herr-der-Ringe-Trilogie samt Hobbit-Anhängsel beruht im Kern auch darauf, nur hatten die optisch, handlungsseitig, tricktechnisch, in Sachen Ideereichtum und Action, eigentlich in jedem Bereich unvergleichlich mehr zu bieten.

Schauspielerisch wird strikte Routine geboten. Ob man dabei Stewart vermisst, muss jeder selbst für sich entscheiden; Chastain als Ersatz kann jedenfalls in einer wenig dankbaren Rolle kaum brillieren, Hemsworth hat einfach zu wenig Action, um seine Stärken auszuspielen und sein eher maßvolles Charisma zu überdecken, und Blunt sieht gegen Theron im wahrsten Wortsinne blass aus. Wer etwas Positives sucht: Das Abspannlied fand ich ganz gelungen und deutlich besser als das Gedudel, das Jackson zuletzt in seinen Hobbits eingebaut hat, aber das ist natürlich reine Geschmackssache.

Nein, ein glückliches Händchen hat Hollywood zuletzt weder in Sachen Fantasy noch mit vielen seiner Sequels. Hier gibt es optisch, actionseitig und erzählerisch nur breit getretenen Magerquark, der keinen einzigen Game-of-Thrones-Fan vom TV weglocken wird. Selten wurden (angebliche) 100+ Mio Budget so dürftig investiert.

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