Einen besseren Abgang hätte man der in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen Italowestern-Figur Sartana kaum wünschen können. Für „Sartana kommt“ greift Giuliano Carnimeo („Ein Halleluja für Camposanto“, „Man nennt mich Halleluja“) noch einmal tief in die Trickkiste und läuft Gianni Garko („Django der Bastard“, „... und Santana tötet sie alle“) zum vorletzten Mal in seiner Paraderolle zu großer Form auf. Zusammen haben sie den Charakter über Filme hinweg entwickelt. Der stets in einem schwarzen Zwirn mit roter Krawatte adrett gekleidete Publikumsliebling war seinerzeit an seinem Zenit angekommen und vermied es danach sich für mittelmäßige Klamotten herzugeben, während das Genre sich zugrunde richtete. Sein letzter Auftritt „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“ folgte noch im selben Jahr und überzeugte mit den selben Attributen.
Das Ende des eigentlich viel zu kurzen Zyklus’ erweist sich als kurzweilige Abschiedsvorstellung, die noch einmal alle Genrefans begeistern dürfte.
Hierzulande darf der geneigte Zuschauer sich darüber hinaus wieder über eine erstklassige Comedy-Synchronisation freuen, die mit unzähligen, kultverdächtigen Frotzeleien Sartanas ständig noch einen drauf setzt.
Und weil sich hier noch einmal zum Abschied Sartanas alle Beteiligten so richtig ins Zeug legten, steuert Bruno Nicolai nicht nur einen phantastischen und überaus eingängigen Score bei, sondern dachten die Drehbuchautoren sich auch einen fintenreichen Plot aus, der trotz seines banalen Motivs überaus kniffelig für Sartana zu lösen ist. Schließlich war er nie ein Mann, der mit blanker Gewalt ans Ziel gelangte, sondern alle etwaigen Probleme mit Witz, Köpfchen und Stil aus dem Weg räumte.
Auf die stattliche Summe von 500.000 Dollar sind nämlich gleich ein paar Parteien scharf. Also muss Sartana erst einmal die schiefe Lage peilen, alle Beteiligten aushorchen und dann gegeneinander ausspielen, um final mit dem Wissen wieder alle ausgetrickst zu haben, lachend abzukassieren. So schrecklich innovativ wird das beliebte Schema zwar nicht neu aufgegossen, aber dank der abwechslungsreichen Inszenierung steckt genug Drive dahinter, der über dieses Manko gern hinwegblicken lässt. Schließlich konnte man fast jeden Italowestern ohnehin auf zwei Motive reduzieren – Rache und Gier.
Ganz so viele Gadgets führt Sartana dieses Mal allerdings nicht mit sich und erhält den Mini-Revolver auch erst im Verlauf des Films, seine präparierte Orgel und sein mechanisches Multitool Alfie haben dafür Italowesterngeschichte geschrieben und sind wahrlich abgedrehte Einfälle, die so auch nur in einem Sartana-Western auftauchen können. Daneben kann der Titelheld sich seine gewohnten Sperenzchen natürlich trotzdem nicht verkneifen, die entscheidend zum Erfolg beitragen. Die technischen Gimmicks, so verspielt sie teilweise auch sind, waren immer ein elementarer Bestandteil, der Sartanas Auftritte so einzigartig in diesem Genre machte.
Ganz exquisit gestaltet sich auch hier wieder Giuliano Carnimeos Inszenierung, der für seine Sartana-Western regelmäßig zur Höchstform auflief. „Sartana kommt“ überzeugt mit den selben Attributen, die auch den Vorgänger „Sartana – Töten war sein täglich Brot“ und das Sequel „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“ in die Oberklasse der Italowestern beförderten. Die lebendige Inszenierung, die dynamische Kameraführung, die makellose Ausstattung, aufgeräumte Kulissen und die mal wieder bleihaltigen Shootouts würden sich unzählige Italowestern nur im Traum wünschen.
Das eigentliche Geheimnis des Erfolgs ist aber die omnipräsente Leichtfüßigkeit, die dem Film dank seines Hauptcharakters anhaftet. Sartana plant nun einmal alle Eventualitäten im voraus ein, durchschaut nahezu jeden Menschen, verfügt über eine übermenschliche Beobachtungsgabe und wahnsinnig schnelle Reflexe. Wenn das alles nichts hilft, zaubert er eben irgendetwas aus seinem Hut oder dem Absatz eines Stiefels. Wenn James Bond im Wilden Westen unterwegs gewesen wäre, würde er sicherlich Sartana heißen.
Trotz illustrer Figuren fällt der Support-Cast dieses Mal leider unauffälliger aus, als man sich das wünschen würde. William Berger oder Klaus Kinski, die beide später im Sartana-Zyklus zugegen waren, noch einmal als Sidekick oder Gegner auftreten zu lassen, wären die Krönung gewesen. Neben einem Kurzauftritt von Sal Borgese gibt es aber nur Piero Lulli („Django der Bastard“, „Bleigericht“) als Grand Full, der leider nicht ganz aus seiner Haut fahren darf. Der Rest setzt sich lediglich aus bekannten Gesichtern wie Giuseppe Castellano zusammen, die man für gewöhnlich in solchen Nebenrollen antrifft.
Trotz fehlender Unterstützung startet „Sartana kommt“ gewohnt flott durch und hält dieses Tempo bis zum Schluss durch, weil hier einfach so viele habgierige Figuren unterschiedlichster Natur ihr Unwesen treiben, dass der aufmerksame Sartana auf Trab bleiben muss, um den Anschluss nicht zu verlieren. Von einem undurchsichtigen, verwitweten Frauenzimmer über den korrupten Sheriff bis hin zu einem tauben, peitschenschwingenden General, der unbedingt eine Revolution starten will, treibt sich nämlich allerhand Gesindel herum, das unbedingt die Dollar-Scheine in seine Griffel bekommen möchte. Allerdings tischt ihm jeder eine andere Version der ursprünglichen Vorkommnisse, die zum Verschwinden des Geldes geführt haben, auf, was es für Sartana nicht leichter macht das Versteck ausfindig zu machen.
Aber Sartana wäre nicht Sartana, wenn er nicht alle Seiten bedienen und sich dabei zurecht legen könnte – natürlich stets mit einem lockeren Spruch auf den Lippen. Das Schlitzohr weiß eben immer, wie er die Konstellationen zu seinem Vorteil nutzen kann. Notfalls verbrüdert man sich eben mit dem Feind.
Dabei spürt man als Zuschauer mit wie viel Genuss und Spielfreude Gianni Garko in „seinen“ Sartana schlüpft, wie er ironisch die Masche des wortkargen, einsamen Italowesternhelden parodiert und die Handlung nie allzu ernst nimmt. Genauso geht es auch dem Drehbuch, dessen Plotholes am Ende schon deutlich den Zuschauer darauf hinweisen hier bloß nicht alles für bare Münze zu nehmen. Auch wenn es ein paar ernste Momente gibt, soll das hier eigentlich alles nur Spaß machen.
Sartana ist vom Drehbuch nun einmal so angelegt, dass er allen anderen einen Schritt voraus ist, niemanden so richtig für voll nimmt und eigentlich gar nicht scheitern kann. Das liegt in der Natur der Sache. Mit einem Augenzwinkern und einer gehörigen Portion Charisma stapft er überlegen gen Beute, auch wenn er zum Schluss ins Grübeln kommt. Doch selbst da weiß er einen Ausweg.
Genügend Abwechslung ergibt sich nicht nur aus den effektiv eingesetzten Locations, die sich unter anderem aus einem Friedhof bei Nacht und einem wasserdampfgeschwängertem Bad, sondern auch einer indianischen Grabstätte und den üblichen Standards wie gefüllten Saloons. Der Rummel ist hier allgemein groß und weil auch ständig irgend etwas passiert, bleibt das Tempo auf einem hohen Niveau. Speziell Sartana wird hier quasi dauerbeschäftigt, während die Stuntman einige blaue Flecke davon tragen. Einige Sprünge sind wirklich nicht ohne.
Als leidenschaftlicher Italowestern-Fan sehe ich den Film letztlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Da hätte man wirklich noch ein paar Sartana-Filme von diesem Kaliber nachlegen können, wenn das Genre nicht gestorben wäre.
Speziell die Eröffnungsszene in deren Verlauf Sartana in eine Stadt reitet, fälschlicherweise für einen Priester gehalten wird, dann auch noch spontan aus der Bibel zitiert und die drei Möchtegern-Sheriffs über den Haufen ballert, möchte man sich am liebsten einrahmen, über den Kamin hängen und immer wieder anschauen.
Fazit:
Sartana gehört zu den Kultfiguren des Italowestern, der als einer der ganz wenigen von sich behaupten kann eine eigene Reihe erhalten zu haben. Ein Zusammentreffen mit ihm stellt immer wieder ein Vergnügen dar. Insbesondere dann, wenn Carnimeo Regie führte.
Der mit allen Wassern gewaschene Titelheld stellt nicht nur seine unglaublichen Schießkünste wieder unter Beweis, sondern geizt auch nicht mit Improvisationsgeschick, Kombinationsvermögen, einfallsreichen Gadgets und legendären Frotzeleien. Ganz ohne Fehl und Tadel sind auch Nicolais Score und Carnimeo erstklassige Inszenierung, die nun wirklich keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Den Rest erledigt die deutsche Synchronisation, bei dir ich mal wieder lachend am Boden lag.