Review

kurz angerissen*

Ironisch, dass Ryan Reynolds nun doch die Idealbesetzung ist, nachdem seine erste Verkörperung des Deadpool in "X-Men Origins: Wolverine" viel Kritik einstecken musste. Aber Ironie ist nun einmal das Hauptwerkzeug, mit dem Deadpool seinen Gegnern auf die Nüsse geht.

So profitiert der Soloauftritt des schwarzroten Clowns von der absoluten Fokussierung auf dessen Eigenschaften als tödliche Meta-Feuerungsmaschine im großen Marvel-Zirkus. Die Bereitschaft des Films, mit ihrer Figur die Vierte Wand zu durchbrechen, führte letztlich zu ihrem Erfolg - zu einem Zeitpunkt, da Superheldenposen das Publikum zu nerven beginnen, kommt deren Dekonstruktion gerade richtig. Die multiperspektivisch gedrehte Green-Screen-Slo-Mo-Sequenz auf der Brücke, zu unmittelbaren Post-Matrix-Zeiten wäre sie ein Ausdruck cineastischer Coolness gewesen, doch heute bohrt sich ein freches Männchen im Neoprenanzug durch die Zeitlupe und entblößt die Stylishness mit albernen Gesten aus dem anarchischen Early-Simpsons-Kanon. Nicht umsonst gehören auch bei den jüngsten beiden Episoden der "X-Men" die Auftritte Quicksilvers zu den Highlights, gehen diese doch nach einem ähnlichen Schema vor, während der Rest der Truppe von nichtssagenden Runen und Artefakten geblendet ist und blaue Explosionen aus Energie auf die Erde niederregnen lässt, die längst nichtssagend geworden sind. Kein Wunder, dass Xavier, Logan & Co. eines der bevorzugten Ziele dieser Selbstparodie Marvels ist.

Regiedebütant Tim Miller ist all das tief ins Hirn gebrannt und so lässt er Deadpool immer wieder selbst in typische Superheldenposen stapfen oder selbige kommentieren – und spricht dem Zuschauer, der längst selbst auf sich wiederholende Muster des Comicfilms aufmerksam geworden ist, damit aus der Seele. So lässt sich der Erfolg dieses Comedy-Actionfilms erklären, dessen Drehbuch eigentlich zum unteren Mittelmaß gehört und der in seiner ganzen Aufmachung budgetbedingt sogar halbfertig wirkt, weil große Konflikte auf der Leinwand vermieden werden. Reynolds muss nicht einmal besonders gut sein (er hat beispielsweise in "The Voices" eine deutlich bessere Leistung mit ähnlich ausgeprägter Doppelbödigkeit gezeigt), sondern passt einfach von Natur aus exzellent in die Rolle, was es zur richtigen Entscheidung macht, über ein Jahrzehnt nach den ersten Planungen für einen Deadpool-Film immer noch an ihm festzuhalten.

Dass diese kleine, dreckige Produktion dann auch noch den unmittelbaren Einfluss hatte, die Konkurrenz zu Nachdrehs zu zwingen, um den Ton witziger zu gestalten, ist das Sahnehäubchen.

*weitere Informationen: siehe Profil

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