Review

Deadpool(2016)

Spoiler inside...

Ich kann sowohl das Energische vieler Marvel-Fans verstehen, als auch die totale Verweierung gegenüber dieser Institution. Ich persönlich möchte keinen Avengers Film mehr sehen, keinen weiteren Captain America oder Thor und Ant-Man kann mich mal am Löffel biegen. Bei Guardians of the Galaxy bin ich mir nicht so sicher, aber der größte Fail dieser Serien ist ihre inflationäre Frequenz. Es vergeht ja praktisch kein Quartal mehr, ohne einen dieser "Helden" oder ganze Scharen von bunten Sprücheklopfern mit seltsam anmutenden Motiven über die Leinwand purzeln zu sehen. Selbst die DC oder Darkhorse Gegenbeispiele ringen mir KEINE Freude mehr ab. Das Glas ist einfach voll.

Und nun Deadpool. Warum beschweren sich auf einmal all diejenigen, die diesen Strumpfhosen-Zauber eh nichts abgewinnen können - zu denen ich mich normalerweise dazu zähle!? Deadpool ist der Schwamm im Teich der Superhelden. Er führt sie alle vor, saugt ihre Missstände, ihren Fetisch und deren Auswirkung auf Moral, Bums und Gaga vor. Seit über 20 Jahren ist Deadpool eine Figur der Reflektion, der Sinnlosigkeit, des kindischen Humors und vor allem absurder Theorien über sein Dasein in den Medien Film, Buch wie Videospiel. Deadpool hat zwar eine schwache 08/15 Grundmotivation, aber er durchbricht galant die VIERTE Wand, spricht gestreuselt mit dem Publikum, hält anderen Figuren im Film/Comic\Videospiel den Zustand ihrer einseitigen Funktion vor und macht einfach herrlich aufbrausenden Schabernack im 360 Grad Modus.

Als ich im Kino saß, hatte ich vor allem den Eindruck, das 95% des Publikums die Figur vor einem Jahr noch gar nicht kannten. Das tut dem Film aber keinen abbruch - die Vorstellung war gut besucht und richtig gut aufgelegt - Pipi-Kacka-Sex-Witze gehen halt immer. Die Story mag hanebüchen sein, die Effekte erreichen - bis auf die zahlreichen Gorebrocken - nie die pulsierende Stärke der PG-13 Brüder und doch machte Deadpool das beste aus dem Comic und ließ nur wenig - aber vor allem das shizophrene der Figur - außen vor. Es war für mich ein kleiner Knicks, denn Deadpool kann sich eigentlich auch hervorragend mit sich selbst und seinen vielen Persöhnlichkeiten unterhalten.

Ryan Reynolds zeigte ja letztes Jahr in The Voices, dass er es vollends versteht und ganz krass darin aufgeht, wenn er unterschiedliche Rollen in einem Film übernimmt. Dieses düstere Filmchen machte Reynolds, zumindest für mich, zum absoluten Künstler vor der Linse. Es ist nicht nur sein Charisma, sondern vor allem seine Stimme. Dieses dringende und wandelbare macht ihn nach wie vor zur Idealbesetzung Deadpool's - was 2009 eben versemmelt und hier herrlich aufgezogen wird.

Ja, Deadpool ist reinstes Zitatenkino. Jeder Gag, jede Floskel und all der pubertäre Wahnsinn wird auf den Rücken der Vergangheit ausgetragen. Die Liste wäre viel zu lang und rechtfertigt schon allein die Zweitsichtung. Green Lantern, die X-Men und und und...was für ein Spaß! Nicht nur für Liebhaber, sondern vor allem für ehr abgeneigte Comic-Fans, ist Deadpool der wahr gewordene Stinkefinger gegen das eigene Heldentum. Deadpool wird ja wirklich nie müde zu betonen, dass er dieser "Boygroup" X-Men nicht beitreten will.

Die gute Action, die guten Effekte und der grandiose Humor retten Deadpool nicht - das ist ALLES was Deadpool auszeichnet. Ich fand diesen Film wirklich gut. Er hat etwas inne, was kein Marvelfilm seit 2008 bei hat - nämlich den spritzigen Flow, dass ich ihn gern nochmal ansehen will - vor allem im O-Ton. Und auch wegen den mutigen Pimperszenen...Reynolds beweist, dass man sich für gewisse Neigungen nicht zu schämen braucht. Oder so ähnlich.

Deadpool wird es sich in einigen Monaten gemütlich in meinem Regal machen. Denn wer Jim Carrey in Kick-Ass 2 mochte, SUPER mit Rainn Wilson liebte und auch den Crank Filmchen etwas abgewinnen kann, der ist schon mal auf dem richtigen Weg.

Ein Film über quirlige Selbstbefriedigung in Anwesenheit eines Kuscheleinhorns KANN nicht schwach sein - dieser Satz hätte vermutlich schon gereicht...8

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