Review

Selbst die Ankündigung einer Fortführung von Wang Dulus Kranich und Eisen-Pentalogie, deren Vierter Teil unter der Übernahme des Originaltitels Crouching Tiger, Hidden Dragon bereits 2000 verfilmt wurde, kam mit Januar 2013 vergleichsweise und angesichts des weltweiten Erfolges des Projektes auch erstaunlicherweise relativ spät. Die zeitweise aufkommende W?xiá-Leidenschaft war längst wieder abgeebbt und hatte spätestens mit 2011 ihren Zenit und auch den Überdruss erreicht, was eine Handvoll Flops und Underperformers [ Legendary Amazons, A Chinese Ghost Story, Tracing Shadow z.b. ], und die Aufmerksamkeit auf längst andere Bereiche nach sich zog. Eigentliche Trittbrettfahrer wie die Fernsehserie New Crouching Tiger, Hidden Dragon (2001) oder vermeintliche Namensvetter der zweiten bis dritten Reihe wie Flying Dragon, Leaping Tiger (2002) bzw. Roaring Dragon Bluffing Tiger (2003, der überhaupt nichts mit dem Vorbild in spe zu tun hat) waren längst passe und vergessen und vergeben. Zudem galt das mehrfach oscarprämierte Werk von Ang Lee als (vor allem im Westen) heilige Kuh, die längst den Status des Normalen verlassen hatte, zwar eher den Mainstream als die übliche Klientel erreichte, sich dort aber als Einzelbeispiel und so auch mit einem Schutzmantel versehen in das Gedächtnis und die Verklärung festsetzte.

Entsprechend war der Aufschrei groß, als die Proklamation einer weiteren Bearbeitung des Textes kam; eine Verfilmung, als Testballon, die im Grunde ja mitnichten ein Angriff auf den Vorgänger selber, sondern nur das nächste Kapitel, mit dem Produzenten Harvey Weinstein, dem Actionchoreographen Yuen Woo-ping und der Hauptdarstellerin Michelle Yeoh auch mit einem Teil der Verantwortlichen aus der Ursprünglichkeit heraus ist. Dabei wurde auch, warum auch immer und dies mit eher seltsam scheinenden Respekt nach dem Rechtekauf Filmemacher Lee selber um eine Art Erlaubnis gefragt, womit der, längst weiter auf seinem eigenen Lebens- und Berufsweg so keinerlei Probleme hatte und vielmehr viel Glück und Spass an der Sache attestierte. Nach dem Abspringen des ehemals geplanten Regisseurs Ronny Yu ["They did ask me but I declined it. Ang Lee's film is a classic and I respect him too much to continue his work."] und der ebenso geplanten Darstellerin Zhang Ziyi ["(...)only if the director was Ang Lee"] übernahm Choreograph Yuen gleich die ganze Inszenierung, wobei das gewünschte Glück dann wohl schnell weg war und der Spass (auch nach Widerständen von Kinobetreibern, der chinesischen Zensur und allerlei Verschiebungen im Programmplan nach hinten hinaus) vielleicht auch gleich mit. Der Unterschied zwischen der Tradition klassischer Schwertkampffilme, dem Kopieren von Tradition und einer Traditionslosigkeit:

Auf der Reise nack Peking wird Yu Shu Lien [ Michelle Yeoh ] von diversen Schergen des West Lotus Clans, im Auftrag deren Anführers Hades Dai [ Jason Scott Lee ] attackiert, die das legendäre Schwert "Green Destiny" erobern wollen. Das ehrenwerte Schwert befindet sich im Hause des kürzlich verstorbenen Sir Te, zu dessen Beerdigung Yu eigentlich gereist ist und dessen Verteidigung sie nun organisieren muss. Den ersten Diebesversuch von Hades' Gesandten Wei-Fang [ Harry Shum, Jr. ], einem Schüler von Iron Crow [ Roger YUan ], können sie noch verhindern, ist aber bereits eine riesige Armee, angeführt von Mantis [ Veronica Ngo ] direkt auf den Weg zu ihnen. Während Yu in der mysteriösen jungen Snow Vase [ Natasha Liu Bordizzo ] Jemanden an ihrer Seite hat, der sie selber nicht komplett vertraut, eilt ihr mit Meng Si Zhao a.k.a. Silent Wolf [ Donnie Yen ] tatkräftige Verstärkung aus der Vergangenheit hinzu, im Gepäck mit den frisch engagierten Turtle Ma [ Darryl Quon ], Thunder Fist Chan [ Woon Young Park ], Flying Blade [ Chris Pang ] und Silver Dart Shi [ JuJu Chan ].

"Code, duty, honor. Excuses for bloodshed, all of them."
Vorformuliert und angesichts der Erwartung, der Heiligsprechung und des Angriffs darauf waren die ersten Kritiken, nicht nur im Vergleich zu dem überwältigend aufgenommenen Vorgänger: regelrecht schlecht. Die Entscheidung, den Film hauptsächlich auf dem Streamingdienst Netflix, einem Abonnentenprogramm und so anfangs großteils exklusiv zu veröffentlichen, hat schon wenig Begeisterung und Freunde gemacht; obwohl die Auswertung später auch auf kaufbare Medien und in bestimmten Ländern wie eben China selber auch auf der Leinwand existiert. Das Ansinnen als eine Art besseres DTV-Sequel und den Stempel der Geringschätzung hatte der Film so schon früh genug, wonach er zugegebenermaßen nun allerdings auch aussieht. Trotz Drehorten wie Neuseeland oder in der Volksrepublik wird das Visuelle nicht erreicht und war Yuen in seiner gesamten Filmographie dafür (oder für Liebesgeschichten oder Meditationen) auch noch nie bewundert oder gar extra deswegen, sondern regelmäßig für den Aktionsfilm, den gemeinen Eastern eben, mit dem Augenmerk auf den Kampfszenen, so wie hier nun vorliegend engagiert.

Diese sind dann auch ordentlich, was aber bei den Talenten inbegriffen a) nicht verwunderlich und b) wohl auch etwas zu wenig selbst in dieser Paradedisziplin ist. Dabei tauchen immer wieder Momente auf, die nach Höherem schielen, – das Auseinandernehmen einer Taverne, ein Dreikampf auf einem zugefrorenen See z.b. – nur eh schon durch die geringe Involviertheit in das Geschehen gehandicapped sind und/oder dadurch, dass die Akteure selber eben nicht vollständig vom Fach und gleichst aus dem Geschehen außen vor, als Marionetten statt selbstbestimmend gesetzt sind. Selbst Regisseur Yuen, der zuletzt mit True Legend (2010), seinem Herzensprojekt bei Kritik und Publikum leider baden ging, wirkt so in seiner Anlage etwas desinteressiert oder ermüdet, leistet in seiner Routine aber immer noch weit mehr als der übliche Durchschnitt.

Die Kamera macht auch eben nicht Peter Pau, und wirken sowohl die Landschaftsaufnahmen als auch die Sets immer eine Nummer kleiner oder gar generischer als dies aus in der Erinnerung heraus bei anderen Produktionen der Fall ist. Das Budget dürfte mit etwas über 20 Mio USD. auch übersichtlich gewesen sein, und hat mit den Rechtekäufen und der Besetzung der zweiten Hauptrolle, dem Asiatischen Superstar Donnie Yen als auch zweite Stütze sicherlich schon einen großen Riss in den Geldbeutel gepflügt. Hinzu kommt die Überlegung und Entscheidung, entgegen der Praxis des Vorgängers, den Film mit John Fusco von einem 'Ausländer' schreiben zu lassen und auch auf Englisch zu drehen, was sich in diesem Fall in der Originalversion tatsächlich als nachteilig, da seltsam 'billig' wirkend und wie einer der früheren Tai Seng Synchronisation anhört.

Folgerichtig Abzüge in der Optik, Abzüge im Skript, dass nicht die Emotionalität und Tiefe, nicht das Gefühl und den Verstand erreichen kann und dies bestimmt auch nicht will, Abzüge im Klang, da sich hier Vieles nun mal gestelzt, wie auf einer Bühne, im Kostüm und in einer Kulisse, einer zu dem Gesagten und Gehörten nicht passenden Sprache anfühlt. Die Geschichte selber und ihre schnörkellose Behandlung erfüllt ihren Zweck, was nach dem Wollen von Weinstein als treibende Kraft und seinem Filmwissen her irgendwas zwischen den veranschlagten A Touch of Zen (1971) und Fort Apache (1948), ein Eastern Western demnach, bzw. eher der kleine räudige Bruder ist. Dabei wird sich fleißig aus der Vergangenheit bedient, sowohl in der Form als auch dem Inhalt und selbst bei den Charakteren und ihren Motiven, wodurch sich der Film selber trotz der frischen Herstellung und der neuartigen Distribution seltsam antiquiert, also überholt, aus der Mottenkiste der Folklore, aus der Grabbelbox bei Walmart quasi anfühlt. Eine Diskrepanz, die je nach Lust und Laune mal weniger und mal weniger positiv ist und eher Reminiszenzen und Verlangen nach so etwas wie (dem schon mittelmäßigen) Wing Chun (1994) erweckt.

Details