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Was sich die Verantwortlichen im Hause „Lionsgate“ im Rahmen des Post-Production- und Vermarktungsprozesses ihrer 2016er Veröffentlichung „Exposed“ geleistet haben, kann man geradezu als „eine wahre Schande“ bezeichnen. Ursprünglich von Gee Malik Linton unter dem Titel „Daughter of God“ als ein bilinguales sowie ins Surreale tendierendes (mit vereinzelten übernatürlichen Elementen aufwartendes) Drama u.a. über Religion, Missbrauch, Familien-Dynamiken und Polizei-Gewalt verfasst und verwirklicht, herrschte nach dem Erwerb der entsprechenden Rechte auf Seiten des besagten Studios „auf einmal“ erhebliche Unzufriedenheit, als sich der Streifen anstelle eines traditionellen Cop-Thrillers „tatsächlich“ als ein ungleich sperrigeres, definitiv anders als erwartet geartetes Werk entpuppte, bei dem bspw. rund 70 Prozent der Dialoge in spanischer Sprache gehalten wurden. Überdies störte man sich daran, dass Keanu Reeves – der erst kurz zuvor mit „John Wick“ einen achtbaren Überraschungserfolg an den Kinokassen feiern konnte – bei dem Projekt bloß nur in einer zwar bedeutsamen, jedoch über nicht allzu viel Screen-Time verfügenden Nebenrolle zu sehen war. Aus diesen Gegebenheiten resultierte schließlich die Entscheidung, Melody London („Down by Law“) damit zu betrauen, das vorhandene Material so weit wie möglich noch ihren Vorstellungen gemäß „anzupassen“ – sprich: umzuschneiden – worauf jene den Fokus stärker auf die Crime-Aspekte der Story richtete sowie im Zuge dessen simultan auch den von Reeves gemimten Ermittler-Part (zu Ungunsten der eigentlichen Hauptprotagonistin) dominanter ins Zentrum des Geschehens rückte…

Herausgekommen ist dabei ein oberflächlich-fahriges, aus veränderten und neu gewichteten Szenen des rund 25 Minuten länger laufenden „Director´s Cuts“ Lintons zusammengestückeltes Ergebnis. Beherzt hatte letzterer ein Erscheinen der Schnittfassung Londons zu verhindern versucht – am Ende jedoch vergebens – wobei es ihm aber zumindest gelungen war, seinen Namen in den Credits gegen das Pseudonym „Declan Dale“ austauschen zu lassen. Im Vorliegenden handelt die erzählte Geschichte nun also deutlich prominenter von dem NYPD-Detective Scotty Galban (Reeves), dessen Partner Joey Cullen (Danny Hoch) eines Nachts erstochen im Gleisbett einer U-Bahn-Station aufgefunden wird. Unabhängig seines „bedenklichen Rufs“ im Department – inklusive Korruptionsverdacht und Gerüchte hinsichtlich gewisser „Übergriffe“ – war der Ermordete dennoch einer der wenigen Freunde Galbans, den wiederum der Tod seiner Frau vor einiger Zeit arg mitgenommen sowie das daraus hervorgegangene alleinige Aufziehen seines inzwischen bei Verwandten lebenden Sohnes schlichtweg überfordert hatte. Persönlich hält er den stadtbekannten Kriminellen Jonathan Jones (Big Daddy Kane) für den Täter – allerdings fehlen ihm konkrete Beweise und hätte sein Vorgesetzter (Christopher McDonald) am liebsten, dass der Fall unter diesen Umständen nicht weiterverfolgt wird, um all den „Dreck“ Cullens nicht jetzt noch „ans Tageslicht zu kehren“ und seiner Witwe Janine (Mira Sorvino) somit auch die zugehörigen Pensionsansprüche des Beamten zu bewahren…

Parallel dazu lernt das Publikum die junge kubanische Lehrerin Isabel De La Cruz (Ana de Armas) kennen, die im Kreise der Familie ihres Mannes Jose (Ismael Cruz Córdova) wohnt, während dieser gerade im Dienste der US-Streitkräfte ein Auslandseinsatz absolviert. Galban´s Nachforschungen ergeben, dass sie und ihr „Rocky“ genannter, jüngst erst aus dem Gefängnis entlassener Schwager Manuel (Gabe Vargas) sich am fraglichen Abend ganz in der Nähe des Tatorts aufgehalten haben: Gefundene Observationsfotos Callums belegen das. Auf ihnen sind zudem einige weitere Personen erkennbar, die ihrerseits auf eine Verbindung zu Jones hindeuten. Konfrontiert mit dem Vorwurf des Mordes, bestreitet jener diesen vehement und fängt im Gegenzug damit an, bestimmten „Kontext-Infos“ nachzugehen, bei denen er u.a. auf Manuel aufmerksam wird. Isabell bekommt von all dem so gut wie nichts mit: Eine ihrer Schülerinnen hat schreckliche Angst davor, nach Hause zu ihrem Vater zu gehen, sie selbst sieht plötzlich verschiedene „geisterhafte Gestalten“ und erhält obendrein gar noch die traurige Nachricht überbracht, dass Jose im Irak getötet wurde. Wenig später stellt ihr Arzt fest, dass sie schwanger ist: Für sie eindeutig „ein Wunder Gottes“ – was Jose´s religiöse Familie aber nicht glauben mag, worauf man sie kurzerhand „vor die Tür setzt“. Unterdessen ringt Galban damit, ob er Isabel (welche wieder bei ihren Eltern einzieht) nun direkt befragen soll oder besser nicht – denn zum einen wäre das ja entgegen der Order seines Lieutenants, zum anderen würde sie dieser Schritt wahrscheinlich in akute Lebensgefahr bringen…

Da ich mir „Exposed“ mit nur begrenztem Vorwissen über seinen Inhalt (primär auf der Basis seines Kino-Trailers) gekauft und angesehen habe – wobei zu erwähnen ist, dass er in Spanien unter dem 1:1 übersetzten Originaltitel (nämlich „La Hija De Dios“) veröffentlicht wurde – bot sich mir bereits nach nur ein paar Minuten ein ziemlicher „WTF?!?“-Moment, als ein Anzug-tragender, offenbar eine Albinismus-Biosynthese-Störung aufweisender Herr (Stephen Thompson) an Isabel vorbeischreitet sowie im Folgenden durchs (bzw. übers) Subway-Gleisbett zu schweben beginnt. Diverse Szenen mit ihr verfügen über einen „surrealen Touch” – und das auch über die wiederholt auftauchenden, jeweils recht „stylish“ hergerichteten (neben Thompson noch von Clara Wong aus „Pacific Rim“ verkörperten) weiß-gesichtigen Engel (oder Dämonen?) hinaus. Isabel muss mit etlichen seelischen Belastungen fertig werden: Besorgt, gestresst sowie von Trauer, Schmerz und Verunsicherung erfüllt, scheint ihre Psyche diese „Fantasien“ heraufzubeschwören. Oder steckt noch mehr dahinter? Als sie von ihrer Schwangerschaft erfährt, ist sie von einem „Wunder“ überzeugt – wohingegen ihre Mitmenschen eher davon ausgehen, sie habe Jose betrogen. Die daraus erfolgende Ablehnung bereitet ihr zusätzlichen Kummer, erneut bei ihren Eltern unterzukommen fällt ihr keineswegs leicht und die häuslichen Zustände bei dem sich förmlich an sie klammernden Mädchen Elisa (Venus Ariel) beunruhigen sie ebenfalls anwachsend. Schwere Umstände – welche sie aber bestmöglich (tapfer und gewillt) zu meistern versucht…

Ana de Armas – welche ja schon in Eli Roth´s „Knock Knock“ an der Seite Keanus auftrat und einem dabei (aufgrund ihrer präsentierten Art und Ausstrahlung) positiv in Erinnerung verblieb – portraitiert Isabel mit einer ergiebigen Kombination aus Naivität, Verletzlichkeit und optimistischer innerer Stärke. Es ist einfach schade, dass der Part (samt der zugehörigen komplexen Charakterzeichnung) in dieser augenfälligen Form „zusammengeschnitten“ wurde – zumal ihr Plot-Strang über mehr Substanz und Reiz verfügt als die übrigen. Linton beweist ein authentisch anmutendes Gespür für die Familienstrukturen der Einwanderer – was mit der Gegebenheit zuzurechnen ist, dass die meisten ihrer Dialoge in der Sprache ihres Heimatlandes aufgenommen wurden. Eine weitere Figur, die in dieser Fassung etwas zu kurz kommt, ist „Rocky“ – solide: Gabe Vargas aus „Run“ – der vor seinem Gefängnisaufenthalt zu einem Opfer von Polizei-Brutalität wurde und nun von Jones verdächtigt wird, Callum auf dem Gewissen zu haben, da es „auf der Straße“ heißt, jener hätte ihn damals misshandelt. Er lässt sich allerdings nicht einschüchtern und geht der Konfrontation mit dem Gangster in keinerlei Weise aus dem Weg, welchen der Hip-Hop-Künstler Big Daddy Kane („Posse“) mäßig effektiv (mit unterschwellig-ruhiger Bedrohlichkeit) zum Besten gibt – und so empfand ich ihr nur bedingt konventionelles, eine Reihe zuvor „verschnürter loser Enden“ (á la das „Ausschalten“ unliebsamer Informanten) abschließendes finales Aufeinandertreffen sowohl als passend als auch zufrieden stellend…

„Hölzern“ bewegt sich Keanu Reeves („Point Break“) durch den Film in einer Rolle, die einst von Philip Seymour Hoffman übernommen werden sollte, als das Projekt bereits mal 2009 (mit Nathalie Kelley als Lead) kurz vor seiner Realisierung stand. Meist ein ernster, in sich gekehrter Witwer und Cop, ist Galban darum bemüht, den Mörder seines Partners zu finden – egal, was für ein „Drecksack“ jener auch war. Nur selten gewährt er seinen Emotionen „freien Lauf“ – bspw. beim Verprügeln eines Kriminellen, von dem er glaubt, dass er den Fall betreffendes Wissen zurückhält, oder im Zuge eines Telefonats mit seinem Sohn, nach welchem er all seinen aufgestauten Frust (in seinem Wagen sitzend) herausschreit, sich selbst ohrfeigt sowie aufs Steuerrad einschlägt: Dank Keanu ein tendenziell unfreiwillig komischer Anblick. Ohne sich regelmäßig entfaltende (ablenkende) Shootouts oder Verfolgungsjagden sind seine „mimischen Limitierungen“ umso evidenter. Generell wurde Galban´s „Versagen als Vater“ derart oberflächlich gehalten, dass daraus nie das eigentlich beabsichtige „Gewicht“ hervorgeht – worüber hinaus er und Janine gar eine Affäre miteinander haben, die von irritierend „wechsellaunigen“ Gemütsregungen ihrerseits geprägt ist. Losgelöst dessen ist der konstant „aufgewühlt“ agierenden Mira Sorvino („Mimic“) schauspielerisch kein Vorwurf zu machen – während weitere Akteure wie Christopher McDonald („Thelma & Louise“), Danny Hoch („Black Hawk Down“) und Michael Rispoli („Empire State“) teils nur flüchtig mit von der Partie sind und keinen bleibenden Eindruck hinterlassen können…

Linton hat den Film in einigen der „weniger üblichen Gegenden“ von New York City angesiedelt und umgesetzt: Handwerklich haben er und sein Cinematographer Trevor Forrest („Grabbers“) solide Arbeit abgeliefert. Das „Problem“ liegt darin, was später dann im „Editing-Raum“ bei „Lionsgate“ geschah: Maßgeblich krankt die vorliegende Version daran, dass sich die beiden zentralen Erzählstränge im Prinzip stets bloß nur abwechseln, anstatt ein „ersprießlich verwobenes Story-Konstrukt“ zu bilden – was der Entwicklung der Handlung und Figuren ebenso schadet wie dem Aufbau einer einträglichen „Verbindung“ zwischen dem Publikum und dem Gebotenen. Bedeutsame Aspekte (wie die Themen-Bereiche Trauma-Bewältigung, Machtmissbrauch und Korruption) werden zugunsten gängiger „Police Procedural“-Elemente vernachlässigt, es kommt zu „seltsamen“ Anschlüssen und Übergängen, mehrere Logik-Schwächen entstehen und das Interesse an dem Ganzen schwindet zunehmend – zumal Linton nie auf solche Dinge wie Suspense und Tempo bedacht war. Obendrein sind manche Szenen (wie etwa das Baden eines Hundes) überflüssig – andere „fehlen“ augenfällig: Gerade der letzte Akt, in welchem einige entscheidende Offenbarungen ihre Preisgabe erfahren, leidet merklich darunter, dass London im Vorhinein einige spezielle „surreale Beigaben“ sowie zusätzliche Auftritte einzelner Protagonisten entfernt hat. Es ist frustrierend, sich dieses Ergebnis anzuschauen – besonders weil einem immer wieder feine Details auffallen (ruhig mal bewusst auf die Poster in der U-Bahn-Station achten) und man haargenau weiß, dass es so nicht hätte kommen müssen…

Fazit: „Exposed“ markiert den gescheiterten Versuch eines Studios, das psychologisch-religiöse bilinguale „Indie“-Drama „Daughter of God“ im Nachhinein noch (im Rahmen der Post-Production) zu einem kommerziell besser zu vermarktenden Cop-Thriller hin „umzuwandeln“ – inklusive einer Form von „Whitewashing“ sowie mehr „Screen-Anteile“ für Keanu Reeves, der ursprünglich nur in einem Nebenpart zu sehen war…

„3 von 10“

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