Selten genug tritt der Fall ein, daß ich die Qualität eines HK-Films so gänzlich anders bewerte als die Rezensenten in meinem liebsten Filmfanzine, dem Berliner Splatting Image. In Ausgabe 35 vom September 98 lobte Martin Beck Jet Lis letzten „vogelwilden Film“ in Hongkong über den grünen Klee: „definitiv der richtige Abschied aus allen nur erdenklich falschen Gründen.“ Natürlich sind die hier geäußerten Ängste mehr als berechtigt, war und ist doch Hollywood eines der tiefsten Gräber für Hongkong Action-Stars - die vor als auch die hinter der Kamera. Vielleicht hat der Erfolg des megageilen THE MATRIX (Actionchoreographie Yuen Woo Ping) aber letztendlich doch was bewirkt. Wer weiß. Skepsis bleibt durchaus angebracht. Meine Kritik an „Hitman“, jenem (vorerst) letzten Auftritt Jet Lis in einer Hongkong-Produktion, ist aber, daß dieser sturzblöde Nervtöter definitiv ein sehr enttäuschender Abschied ist. Aus allen nur erdenklich falschen Gründen, das stimmt dann wieder, und macht die ganze Sache nur noch schmerzhafter.
An „Hitman“ stimmt so einfach gar nichts. Selbst wenn man bereit ist, das haarsträubende Comedy-Gerüst als notwendiges Übel zur Verkettung der Action hinzunehmen, bleibt nicht mehr viel, was die Erwähnung lohnt. Fast immer sind die Sets so bescheiden ausgeleuchtet, daß man Lis Kampfakrobatik bestenfalls erahnen kann (das soll wohl dann die „gefahrgeprägten Klaustrophobieeffekte“ erzielen), der Schnitt ist stümperhaft und zudem, das habe ich schon erwähnt und das macht dieses Machwerk wirklich unerträglich, stolpert ein Haufen Knallchargen (allen voran Eric Tsang) kalauernd durch eine Rahmenhandlung, die so holprig zusammengeklaut und notdürftig verkittet ist, dass sie als Rahmen schlicht nicht funktioniert. Da wandelt sich Jet Li binnen weniger (Film-)tage vom vertrottelten Volkschinesen zum smarten Profikiller, der es mit dem König aller Killer aufnehmen soll. Jener große Unbekannte hat gerade den widerlichen Senior eines japanischen Yakuza-Syndikats ins Jenseits befördert, der wiederum hat vorausahnend testamentarisch festgehalten, daß derjenige, der seinen Mörder zur Strecke bringt, mit ein paar Milliarden aus dem Vermögen der Familie belohnt wird. Das ruft Glücksritter und Profikiller auf den Plan. Zu ersteren gehört der Eric Tsang Charakter, ein Kleinkrimineller mit großen Ambitionen und noch größeren Problemen mit seiner überaus gesetzestreuen Tochter. Sie ist Anwältin und Love Interest eines ziemlich schleimigen Yuppies. Innerfamiläre Zwistigkeiten, die sich im lahmarschigen Mittelteil von „Hitman“ zu einer folternden Beziehungskomödie entwickeln: Eric Tsang und Gigi Leung zwischen Wut, Trauer, Liebe und Hoffnung, vor allem aber laut, und Jet Li wie deppert mittendrin. Ein paar romantische Andeutungen zwischen Gigi und Jet, dann wohl eher doch nicht ... png, februar 1999