Inhalt:
Lee Chandler (Casey Affleck) ist ein schweigsamer, in sich gekehrter Mann, der nach einem schweren Schicksalsschlag nicht wieder richtig auf die Beine kommt.
Ein weiteres tragisches Ereignis in seinem Leben führt nun dazu, dass Lee sein Leben umkrempeln muss.
Kritik:
Manchester by the Sea ist ein Drama, das in allen Bereichen schlichtweg perfektioniert wurde ; Und das ist nicht negativ gemeint, denn der Film ist reine Filmkunst auf höchstem Niveau.
Das was Christopher Nolan mit The Dark Nights oder Dunkirk, oder Alejandro Gonzales Inarritu mit The Revenant in anderen Genres schafften, eine unvergleichliche Atmosphäre und emotionale Wucht auf die Leinwand zu bringen, gelingt hier Kenneth Lonergan im Genre Drama:
Nicht nur die eleganten und wunderschönen Aufnahmen von Manchester in New Hampshire, sondern auch alle Kameraeinstellungen und mit klassischer Musik untermalten Szenen, in denen die Kamera nur Beobachter ist, es jedoch ansonsten keinen Ton gibt, überzeugen auf ganzer Linie.
In diesen Szenen sieht man nur den Ausdruck in den Gesichtern der Schauspieler... und bei diesem Ensemble reicht das völlig aus um mitzureißen.
Allen voran begeistern Casey Affleck mit seiner zu Recht für den Oscar ausgezeichneten Performance. Besser geht es nicht. Man leidet mit, man hofft mit ihm.
Aber auch alle, ausnahmslos alle anderen Schauspieler spielen auf allerhöchstem Niveau. Mir kommen äußerst selten Tränen bei einem Film, bei diesem hier jedoch mehrfach.
Auch das Drehbuch wurde mit einem Oscar ausgezeichnet, wofür ebenfalls Kenneth Lonergan verantwortlich ist. Dieser Oscar ist fast noch gerechtfertigter als der für Casey Affleck.
Der Aufbau des Film ist schlichtweg eine Wucht. Die Geschichte wird in Rückblicken vervollständigt, welche nie zu lange sind und in sich ebenfalls unglaublich raffiniert aufgebaut sind.
In einer Szene folgt man mehrere Minuten einer Krankenhaussituation und es wird erst in den letzten Einstellungen klar, welche Person noch im Raum ist und wo somit der Bezug der Szene liegt. Das macht den Film immer wieder überraschend... und nie lässt es den Zuschauer kalt. Es sind Kleinigkeiten im Hintergrund, die unwichtig erscheinen, eben beiläufig, dem Zuschauer jedoch ganz langsam ins Bewusstsein kriechen und dann, wenn diese im Zusammenhang realisiert werden, eine große emotionale Reaktion beim Zuschauer hervorrufen. Dazu kann man wirklich nur den Hut ziehen. Genial.
In einer anderen Szene erfährt man alle zwei Minuten nebenbei, dass eine Person aus dem Film drei Kinder hat. Immer wieder wird dabei scheinbar beiläufig ein weiteres Kind sichtbar.
Die sehr traurige Geschichte an sich wird grandios erzählt und getragen vom Drehbuch. Besonders bemerkenswert ist dabei, wie sich alle Personen verhalten. Alle Rollen wirken in höchstem Maße realistisch ; Es gibt keine einzige Szene, bei der man die Reaktion oder Handlungsweise nicht versteht oder nachvollziehen kann. Jeder bemüht sich, für sich aber auch für andere das Beste aus einer Situation zu machen. Selbst die kleinsten Nebenrollen wirken hochgradig sympatisch, es gibt an jeder Ecke eine mitfühlende, empathische, menschliche Reaktion.
Fazit:
Eines der besten 20 Dramen der Filmgeschichte. Mehr muss man eigentlich wirklich nicht dazu sagen.
Was ein Drama dafür bieten muss, liegt auf der Hand.
10 von 10 Punkte.