Ein Jahr nach dem ersten „Harry Potter“ durfte erneut Chris Columbus ans Werk, um das zweite Schuljahr des Jungzauberers auf die Leinwand zu bringen.
Harry Potter (Daniel Radcliffe) hat mittlerweile ein eigenes Zimmer bei den Dursleys, muss aber immer noch leiden – vor allem als der Hauself Dobby ihn besucht und ihn davor warnt dieses Jahr nach Hogwarts zurückzukehren. Zum Glück sacken ihn die Weasleys rechtzeitig ein, damit er nicht bei seinen garstigen Verwandten bleiben muss. Im Gegensatz zum Vorgänger schnippelt man hier an der Exposition herum, was dem Erzähltempo von „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ an sich nur gut tut.
Weniger glatt verläuft allerdings die Anreise gen Hogwarts, da Harry und Ron (Rupert Grint) nicht auf den Bahnsteig kommen und Ron stattdessen das fliegende Auto des Vaters requiriert. Nach Bruchlandung in einem um sich schlagenden Weidenbaum kehrt halbwegs Normalität ein, man darf das gewohnte Lehrerkolleg und die gewohnten Mitschüler begutachten. Ein neuer Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste ist dabei (der Running Gag der ersten Bücher), hier ist es der eingebildete Gilderoy Lockhart (Kenneth Brannagh).
Ansonsten wird es turbulent, denn Schüler werden erstarrt aufgefunden, die schulinterne Quidditch-Meisterschaft ist wie jedes Jahr und außerdem muss der normale Schulalltag gemanaget werden...
Mit „Harry Potter 2“ kam Columbus nun also die undankbare Aufgabe zu das schwächste Buch der Reihe zu verfilmen und tatsächlich ist das Ergebnis auf ähnlichem Niveau wie der Vorgänger, vielleicht sogar etwas besser, was man durchaus als Leistung ansehen kann. Leider bügelt das leider kaum die Schwachstelle der Vorlage aus eine ziemliche Kopie des Vorgängers zu sein, die das Rezept nur leicht variiert: Wieder geht es um Geheimräume in der Schule, wieder ist es eine Voldemort-Inkarnation, die hinter dem Ganzen steckt, wieder steht eine Art Showdown für Harry und seine Weggefährten.
Der Film weicht da leider wenig von ab und so wirkt der zweite Teil oft wie eine Aufbereitung des ersten, wenngleich sich Columbus erwachsener gibt, die Figuren ambivalenter anlegt und bei weitem nicht mehr so zuckersüß wie im Vorgänger. Trotzdem steckt die Figurenentwicklung hier noch in den Kinderschuhen, das eigenwillige Verhältnis von Ron und Hermione Granger (Emma Watson) wird ganz zaghaft angedeutet und auch Harry bleibt in diesem Film eher flach. Immerhin leistet „Harry Potter 2“ die nötige Aufklärungsarbeit im punkto Voldemort und gibt dem dunklen Lord mehr Persönlichkeit.
Dramaturgisch ist hier auch nicht alles rund, denn wie das erste Buch wurde auch dieser Roman nicht ganz an filmische Bedürfnisse angepasst. Nach dem Ende des Mainplots mit Basilisken-Endfight läuft „Harry Potter 2“ echt noch ein ganzes Stück, obwohl die Hauptattraktion vorbei ist und der Zuschauer so langsam nach Hause will. Leider ist der Nachklapp zum Showdown nicht so erhellend wie man gerne hätte, was einen unrunden Eindruck hinterlässt.
Dafür gibt sich „Harry Potter 2“ nun eine Spur ironischer, tendiert vom Kinder- zum Familien- bzw. Jugendfilm, da die Macher hier scheinbar begriffen haben, dass das Potter-Phänomen eben nicht nur die Kinderzimmer erfasst hat. Gerade die Figur des arroganten Karrieristen und Showman Lockhart wird für Lacher genutzt, ebenso wie Hagrids bedingungslose Liebe zu allen Kreaturen, selbst Riesenspinnen.
Besagte Riesenspinnen sind dann auch wirklich gelungene CGI-Kreationen, aber insgesamt ist der Budenzauber aus dem Rechenknecht hier wieder durchwachsen. Der Basilisk schaut großartig aus, der Hauself Dobby ist hingegen wenig brauchbar animiert und auch bei den Flugszenen auf dem Besen schwankt die Qualität von Einstellung zu Einstellung.
Daniel Radcliffe gibt Harry auch in zweiter Inkarnation reichlich blass, Rupert Grint overactet hingegen mit seinen derben Grimassen oft zu sehr. Emma Watson hingegen trifft den Ton irgendwo zwischen altklug, schnippisch und trotzdem freundlich sehr gut und bei den erwachsenen Darstellern kann „Harry Potter 2“ wieder aus den Vollen schöpfen. Alan Rickman ist erneut absolut großartig, Robbie Coltrane als Hagrid hat sichtlichen Spaß und beim famosen Kenneth Brannagh ist etwas schade, dass er nun einmal dabei ist, aber die Vorstellung genießt man dann so richtig.
Auch Film Nr. 2 im Potter-Land muss mit dem Stigma der Durchwachsenheit leben, denn visuelle Pracht und gute Besetzung gleichen inhaltliche Schwächen und schwankende Effektqualität nur teilweise aus. Mit dem Folgefilm sollte es dann aber erfreulicherweise rapide bergauf gehen.