Review

Hail Hollywood!

Die Coens überraschen nicht nur mit ihren unberechenbaren, unkopierbaren Geschichten, sie schaffen es seltsamerweise sogar, ähnlich wie nur wenige andere Regisseure (Tarantino oder Refn), selbst ihre Fans vor den Kopf zu stoßen, zu verstören & ein Stück weit gleichzeitig zu enttäuschen wie wachzurütteln. Und das nach Jahrzehnten im Business. Denn mit "Hail, Caesar!" schaffen die jetzt schon legendären Brüder, nach einigen eher ruhigeren, ernsteren Werken, genau das: Überraschung, Humor, Farbe, Ungewissheit, Unsicherheit, Zusammenhanglosigkeit, Ziellosigkeit, liebenswertes Chaos. 

Nach der lose zusammengehaltenen "Geschichte" um einen entführten Hollywoodstar in den goldenen 50s Hollywoods & seinen Chef, der ihn nun wieder auftreiben & ganz nebenbei mit den vielen anderen Produktionen, Stars & Querelen der Capitol Studios umgehen muss, verlassen sicher etliche Leute den Kinosaal mit Fragezeichen im Gesicht oder sogar schlicht enttäuscht. Und diese Masse an etwas ratlos & überfordert Zurückgelassenen, reicht von Fans der Coens bis zu Fans etlicher Stars von Clooney bis Tatum. Recht weit entfernt vom Mainstream das Ding, so viel steht fest. Gut so, sag ich!

Die Ratlosigkeit vieler kann ich einerseits verstehen, da die Geschichte wirklich kaum vorhanden ist & sogar der Trailer mehr Zusammenhalt bietet als das finale Produkt. Andererseits entschädigen zahlreiche Anspielungen auf Genres, Persönlichkeiten & Klassiker dieser goldenen Ära, geniale Szenen samt einem exzellent aufgelegten, extrem breit aufgestellten Cast. Der Film wird mit der Zeit nicht nur Anhänger gewinnen, sondern auch von Mal zu Mal mehr Geheimnisse & Insider preisgeben. Sicher ist er nicht der stärkste Film der Coens, vielleicht sogar einer ihrer Schwächeren - aber auch das ist noch auf so einem Niveau, auf das sich die meisten anderen Regisseure wie Writer wünschen. 

Wer Klassiker liebt, von Western bis Musicals, der hat hier viel zu entdecken, vergleichen & schmunzeln. Liebe zum Detail & zu Hollywood wird groß geschrieben, Ausstattung & Kulissen sind einfach hervorragend, farbenfroh & prachtvoll. Genau wie man es von damals gewohnt ist, mit einem leicht überzogen Augenzwinkern natürlich an jeder Ecke. Keine böse Satire, eher leicht & locker, nur hinten raus mit wenigen ernsteren Denkanstößen. Das der Film trotz etlicher Highlights nur selten wie aus einem Guss wirkt & auch unbefriedigend plötzlich abgebrochen wird (ähnlich zu "A Serious Man"), kann einen ärgern, aber auch anspornen & positiv verdutzen. Wie immer weiß man zu keinem Zeitpunkt was uns als Nächstes überrumpelt & wo uns der dünne Plot nun hinverschlägt - und diese unberechenbare Art ist heutzutage Gold wert. 

Josh Brolin trägt den Film als gestresster Fixer der Produktionsfirma, aber auch die vielen, in jeder Hinsicht glamurösen Sterne neben ihm, leuchten hell. Sei es Johansson als rotziger Monroe-Verschnitt, Tatum als steppender Tanzbär in einer mitreißenden Bar-Szene oder Fiennes als verzweifelnder Regisseur - alle sind sehenswert & machen einfach nur Spaß, vor allem im O-Ton. Besonders hervorheben muss ich einfach Alden Ehrenreich als sympathischen Sing-Cowboy & Quasi-Held der seltsamen Geschehnisse. Einfach köstlich ihn sprechen zu hören, einfach unglaublich sympathisch & cool der Typ. Seine Szenen am ungewohnten Set eines Liebesfilms sind nicht weniger als genial. Durch ihn, durch das Writing, durch die Ausstattung - hier erreicht alles Höhen, die den restlichen Film fast etwas blass erscheinen lassen. Ich mochte ihn so sehr, dass ich gerne noch mehr von ihm gesehen hätte, als Center der gesamten Geschichte.

Fazit: tolle Kulissen, beeindruckender Cast & ein hoher Grat an Nostalgie & Verbeugung vor dem goldenen Hollywood... da verzeiht man fehlende Spannung & Story. Fast. Zumindest wenn man Filme & das alte Hollywood ähnlich liebt, wie die Coens. Leicht in Sachen Story & Inhalt, glamurös & dicht in Sachen Atmosphäre & Bauchgefühl mit dem man nach Hause geht.

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