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2013 hatte sich der rohe Actionreißer „Olympus Has Fallen“ zum überraschend Hit gemausert und die höher budgetierte Konkurrenz „White House Down“ an der Kasse geschlagen. Dass eine Fortsetzung kam, verwundert nicht, dass diese allerdings günstiger budgetiert als der Vorgänger bei auslandenderem Schauplatz ist dagegen schon.
Die Anfangssequenz führt den Zuschauer in die Ferne, nach Pakistan, wo man die Fieslinge kennenlernt, angeführt von dem Waffenhändler und Terrorunterstützer Aamir Bakawi (Alon Aboutboul). Der bringt seinem Sohn bei, dass Rache umfassend sein muss, als dieser ihm erzählt, er habe einen unfähigen Untergebenen hingerichtet, nachdem ein BND-Agent in dessen Reihen entdeckt. Nein, das reicht nicht, so Amir, dessen Familie muss auch noch dran glauben, damit man die Schurken auch direkt als die fiesesten der fiesen Schmierlappen erkennt. Im Hintergrund feiert Aamirs Tochter ihre Hochzeit, doch ein Raketenschlag bereitet der Feier ein jähes Ende.
Zwei Jahre später: Mike Banning (Gerard Butler) ist wieder als Leibwächter des Präsidenten Benjamin Asher (Aaron Eckhart) tätig. Ehefrau Leah (Radha Mitchell) ist in anderen Umständen, Mike bereitet schon mal das Kinderzimmer vor und plant seinen gefährlichen Job aufzugeben. Doch schon die geplante Urlaubswoche wird ihm verhagelt, als der Präsident kurzfristig zur Beerdigung des überraschend verstorbenen britischen Premierministers nach London fliegen muss und natürlich die Leibwache benötigt wird. Aber wenn die Pflicht ruft, dann ist Mike Banning natürlich da, der im Sequel noch mehr zum Überpatrioten mutiert.

Doch in London erwartet die Truppe eine böse Überraschung: Die Schergen Aamirs haben die britische Polizei unterwandert, töten nach und nach die anwesenden Staatsoberhäupter und haben es auch auf Asher abgesehen. Doch zum Glück steht Mike zwischen ihnen und ihrem Ziel…
„London Has Fallen“ stellt den Actionfan in Sachen Glaubwürdigkeit auf eine harte Probe, was schon mit der Prämisse anfängt: In gerade einmal zwei Jahren haben also hunderte von Terroristen die Polizei unterwandert und sind selbst unter Armee-Einsatz kaum auszuräuchern, weshalb Mike also weitestgehend im Alleingang arbeiten muss, denn die Leibgarde wird natürlich schnell dezimiert und außer ein paar MI6-Kontakten hat der patente Superagent kaum Anlaufstellen in der fremden Stadt. Diese wiederum ist eines der Pfunde, mit denen „London Has Fallen“ wuchern kann: So zentral war die britische Hauptstadt selten in einem Actionreißer zu sehen und wirkt daher als Schauplatz recht unverbraucht, auch wenn sich fast alle wichtigen Ereignisse im Touri-Attraktionsmodus an den Wahrzeichen der Stadt abspielen. Noch dazu ist die Prämisse einer Hetzjagd durch eine vom Feind durchsetzte Stadt zwar auch nicht ganz neu, als erweitertes „Die Hard“-Szenario aber noch frischer als die Geiselnahme aus dem Vorgänger.
Was der Vorgänger allerdings hatte und was dem Nachfolger klar fehlt, das ist die sichere Handschrift eines Antoine Fuqua. Regisseur Babak Najafi, der unter anderem das Sequel „Easy Money 2“ und einige Folgen der TV-Serie „Banshee“ inszenierte, kann der Action leider selten den dynamischen Touch geben, den Fuquas Vorgängerfilm hatte: Manches ist viel zu schnell vorbei (Safehouse-Attentat), anderes ist leider reichlich verschnitten (U-Bahn-Station) und der Showdown ist regelrecht absurd, wenn Banning im Alleingang so viele stets danebenschießende Widersacher plattmacht, dass selbst der Bodycount der „Rambo“-Sequels dagegen gemäßigt wirkt. Zwei Szenen können immerhin punkten. Zum einen eine wilde Verfolgungsjagd durch die Straßen Londons, bei denen die Stuntleute Überstunden schieben, wenn Autos und Motorräder für Blechschäden sorgen, sich die entsorgten Schurken überschlagen und die Beteiligten aufeinander ballern. Zum anderen ist da jene Actionszene, die quasi als Einleitung zum (qualitativ dagegen merklich abfallenden) Einzelkämpfershowdown dient: Zusammen mit einer Spezialeinheit attackiert Mike das Hauptquartier der Fieslinge, was Najafi als eine Plansequenz filmt, die Kämpfern auf ihrem Weg durch Straßen und Gebäude folgt, was zwar wie ein Third-Person-Shooter anmutet, aber in seiner Übernahme von Videospielästhetik erfreulich dynamisch daherkommt – sicherlich das Highlight des Films.

Sonst ist „London Has Fallen“ eher arm an Highlights, nicht zuletzt, da die Handlung absolut vorhersehbar ist. Den obligatorischen Verräter in den Reihen der Behörden erkennt man an der Nasenspitze, Opfer in den Reihen der Guten sind auch abzusehen – das Gespräch über die Patenschaft bei Mikes Sohn ist ganz klischeehaft das sichere Todesurteil für seine Gesprächspartnerin. Gute Oneliner sind Mangelware, trotz reichlichem Gebrauch des F-Wortes, aber Sprüche wie „Go back to Fuckheadistan“ sind da noch das Höchste der Gefühle, der Rest bewegt sich auf dem Niveau von „Fuck me? No, fuck you!“. Und wenn der Held hier allein durch seine Markigkeit auffällt, dann wäre ein guter Gegenspieler dringend vonnöten gewesen, doch die klischeehaften Schmierlappen aus Fernost sind leider bloß Abziehbilder tausendmal (und oft besser) gesehener Klischees.
Die politischen Statements von „London Has Fallen“ ignoriert man sowieso besser. Wird kurzzeitig eingeräumt, dass der anfängliche Drohnenschlag das Übel mit heraufbeschworen hat, da verbreitet das Ende die Botschaft: Drohnenkrieg ist total knorke, wenn er richtig geführt wird. Mag in der Zeichnung der G7-Staatsoberhäupter, zu denen auch eine deutsche Kanzlerin namens Agnes Bruckner (Nancy Baldwin) gehört, noch etwas Ironie mitschwingen (der italienische Premier mit deutlich jüngerer Frau), so wird es danach ernst, bitterernst, keine Auflockerung der Agenda möglich. War Banning schon im Vorgänger ein kompromissloser Einzelkämpfer, so erscheint er hier als regelrechter Psychopath, der mit orgiastischer Freude seine Gegner absticht, das Messer zur Spontanfolter einsetzt und dem entsetzten Präsident erklärt, dass das auf jeden Fall sein müsse. Wenn am Ende noch eine Szene folgt, in der Vizepräsident Alan Trumbull (Morgan Freeman) im Fernsehen noch einmal ganz genau erklärt, warum es notwendig und richtig ist, dass Amerika sicher überall auf der Welt einmischt, dann hat „London Has Fallen“ längst einen Konservativer-Bullshit-Level erreicht, den sich noch nicht einmal diverse Cannon-Patriotismusböller erlaubten.

Aber selbst bei Außerachtlassung der politischen Agenda von „London Has Fallen“ offenbart das Sequel diverse Mängel, vom lustlosen Script über die suboptimale Actioninszenierung bis hin zu den CGI-Effekten, die deutlich als mittlere Budgetklasse zu erkennen sind. Warum gerade in dem Bereich angesichts des erfolgreichen Vorgängers nicht noch etwas mehr Knete lockermachte und das Budget sogar um 10 Millionen Dollar niedriger ansetzte als bei „Olympus Has Fallen“, wird wohl das Geheimnis der Macher bleiben.
Immerhin kann Gerard Butler als markiger Held den Film tragen, so unsympathisch seine Figur vom Drehbuch stellenweise auch gezeichnet wird. Aaron Eckhart als Buddy-Präsident ist ebenfalls brauchbar, während Morgan Freeman in seiner zigten Erklärbärrolle nur noch nervt. Zusammen mit ihm im Besprechungsraum hocken die aus dem ersten Teil bekannten Robert Forster und Melissa Leo zusammen mit Neuzugang Jackie Earle Haley, während daheim wieder Radha Mitchell am TV-Gerät um ihren Männe bangt, wobei alle doch arg unterfordert in ihren Wegwerfrollen wirken. Etwas mehr Screentime bekommt Angela Bassett, ebenfalls zum zweiten Mal mit dabei, aber auch kaum gefordert, während die Fieslingsdarsteller alle ebenso blass wie ihre Rollenbeschreibungen bleiben.

Die Prämisse von „London Has Fallen“ hat schon was, aber Regisseur Babak Najafi kann mit gerade einmal zwei gelungenen Actionsequenzen (Verfolgungjagd, Plansequenz-Attacke) überzeugen. Ansonsten leidet das Sequel unter mäßig inszenierter Action, einem unspannenden Script voller Logiklöchern und Patriotismus-Plattitüden und farblosen Antagonisten. In Sachen Oneliner eher verunfallt, einigermaßen hart, aber nicht so derbe wie der Vorgänger – ein recht enttäuschendes Sequel, trotz einiger ausgleichender Qualitäten.

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