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Das Schöne und auch Bewundernswerte am nicht nur aktuellen Koreanischen Kino ist, dass man sich auch gerade in den eigentlich als kommerziell geltenden 'Produkten' des Öfteren um die Erfüllung auch einer höheren Anspruchshaltung des Publikums bemüht und dieses die Anstrengung der Filmemacher die meiste Zeit auch entsprechend würdigt und mit hohen Zuspruch, sprich Erfolgen an der Kinokasse und Anreiz für Weiteres in dieser Kategorie rentiert. 2015/16 war dies neben beispielsweise The Master, der sich um einen großangelegten finanziellen Schwindel, ein weit verzweigtes Schneeballsystem drehte und dabei zwar Stars aufbot, aber Actionszenen weiträumig ignorierte, vor allem auch bei Inside Men und seinen 7 Mio. Zuschauern gegeben. Ein Prestige- und Mammutobjekt seitens seines bis dato mit (dem Komödienthriller) Spy und dem Debüt Man of Vendetta, einem Rachedrama, schon positiv, aber nicht großartig aufgefallenen Regisseurs Woo Min-ho, der gleichsam über die Schauspieler die erste Aufmerksamkeit sicherlich generiert, aber auch über ein im Grunde 'trockenes' Thema verfügt und von der Laufzeit schon der kürzeren 130min Fassung ordentlich 'Sitzfleisch' verlangt und 'erwachsen' und nicht der reinen schnellen Unterhaltung entsprechend ist:

Die Präsidentschaftswahlen stehen an. In der Gunst der Stunde steht dabei der Kongressabgeordnete Jang Pil-woo [ Lee Kyung-young ], der von Lee Kang-hee [ Baek Yoon-sik ], Chefredakteur der einflussreichen Tageszeitung "Nation Daily" eifrige Unterstützung erfährt, und wohinter zusätzlich ein Geschäftsdeal mit dem größten Sponsor der Zeitung, einem Unternehmen der schwergewichtigen Automobilindustrie steht. Als der für die Gruppierung tätige Gauner Ahn Sang-goo [ Lee Byung-hun ] durch die Mitwissenschaft um einen Schmiergeldfond selber Geld verdienen will, wird er zur Strafe und Abschreckung an der rechten Hand verstümmelt; was ihn allerdings nur scheinbar zum Schweigen bringt und vielmehr die langgeplante Rache in Angriff nehmen lässt. Zudem will der eifrige Staatsanwalt Woo Jang-hoon [ Cho Seung-woo ], ein ehemaliger Polizist, groß herauskommen und wendet sich als nächstes Ziel seiner Ermittlung ausgerechnet der bereits mächtig gewordenen Allianz entgegen, was diese mit entsprechenden Mittel beantworten und sowieso unangreifbar scheinen.

Ob man die Handlung dabei derartig 'zerfasern' und ausdehnen muss, ist angesichts der schnell nachgeschobenen längeren Fassung, die immerhin um noch mal 50min Minuten länger geht und noch mal ganze 2 Mio. Besucher hatte (der Rohschnitt betrug ursprünglich 220min, von denen im Directors Cut Inside Men: The Original vor allem viele Szenen auf den Chefredakteur der "Nation Daily" und deren Tagesgeschäft sowie die Bekanntschaft zu Ahn übergegangen sind), nur durch den Vergleich selber entscheidend zu klären, und auch abhängig von der Geduld und Bereitschaft des jeweiligen Zuschauers, sich den verschiedenen Perspektiven um Politik, Finanzen, Medien, Geld, Macht, Prestige und ihrem großen Ganzen in aller Ruhe zu widmen.

Basieren tut die Geschichte dabei auf den Webtoon "The Insiders" von Yoon Tae-ho, eine Online platzierte Erzählform als Webcomics bzw. Manhwa, die neuerdings vermehrt als aktuelle Inspiration für die einheimischen Filmemacher genutzt wird und sich in beiderlei Variation eindeutiger Beliebtheit beim Kunden erfreut. Ein großflächiges Konstrukt auch über die Gegenwart Südkoreas, in der das Motiv der Korruption sowieso recht häufig in den Nachrichten und damit der politischen und gesellschaftlichen Situation aufgegriffen wird, und seinen Widerhall dann verstärkt in der medialen Aufbereitung am Finden ist.

Polanskis Chinatown wird (in der Extended) gleich zu Beginn erwähnt, Krimidrama, Sittenstudie, in mehrfacher Hinsicht ein Gesellschafts- und Zeitporträt, dessen Gestrüpp aus Beziehungen und Verbindungen in der Vergangenheit unweigerlich fatale Auswirkungen auch auf das Jetzt hat; ein  Strauchwerk aus Fehlern, Verfehlungen und Missetaten, dass nicht zu entwirren ist und nicht mehr in das Positive zu lenken ist. Inside Men baut ein ähnliches Unterholz bzw. gar eine zweite und andere Welt, eine tatsächlich vom Normalen abgeschottete Unterwelt auf, bestehend aus einer Schwarzgeldkasse, dem Lenken und Verhindern von Politik, von Wirtschaft, von Industrie und auch dem Beeinflussen der Staatsgewalten von Recht und Ordnung, in dem das Vorankommen auch tatsächlich nur über die dunklen Wege und mit dunklen Mitteln gelingt. Mehrfach wird der hiesige Ermittler in der Angelegenheit darauf angesprochen, dass er allein steht, schon die falsche Herkunft und auch kein Willen zur Inklusion und Anpassung an die Gegebenheiten und eben keine Connections hat, wobei mit den da gemeinten Fürsprechern tatsächlich durch die Blume auch das Netzwerk von Gefallen und Gegengefallen, das Hin und Her von kleineren Zuwendungen abseits der Legalität gemeint sind.

Eine morbide Vettern- und Amigowirtschaft, ein monströs entstellten Netzwerk aus Seilschaften und gemeinsam verbundenen und gemeinsam verbindenden Schandtaten, ein stetes und lebendes Komplott aus Hilfestellungen und Brückebauen, dass der Film selber dem Zuschauer nicht wirklich darreicht, wird die Geschichte auch mit einer längeren Rückblende zwei Jahre zuvor unterschnitten und nimmt so das große Ganze nicht versimpelt chronologisch und auch nicht etwa nur mit einer kleinen Handvoll Entscheidungsträger, sondern sprunghaft und bevölkert bis übervölkert in das Visier. Allerdings weiss Filmemacher Woo, sein Puzzle aus verschiedenen Zeitperspektiven und Blickwinkel durch vor allem einprägsame schauspielerische Leistungen, in Ruhe und in Konzentration und der nötigen Sorgfalt zu präsentieren; eine Erzählung aus der Mitte des Geschehens heraus und Kreise mal nach links und mal nach rechts drehend und so auch bereits abgeschrittene Punkte wiederholt erzählend.

Dabei ist die Presse als vierte Staatsmacht hier erstaunlich passiv, sonst gerne als Aufklärer und Antrieb eingesetzt, wird dem Vertreter hier zwar viel Macht eingeräumt, ist er im Grunde aber (scheinbar) eine Art Befehlsempfänger bzw. wird in die 'richtige' Richtung der Beeinflussung gelenkt, ohne eigene Vorlieben und Befürwortungen erkennen zu lassen. Ganz anders die vielen anderen 'Hechte im Karpfenteich', die auf ihre Art um das jeweilig Erstrebenswerte und dann auch mit Feuer und Flamme darum kämpfen.

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