Review
von morbid@ngel
"Star Wars - Episode VII: Das Erwachen der Macht" sorgte schon im Vorfeld für gehörige Spannung und Aufregung in Fankreisen: Nachdem die Wahl auf den Regisseur JJ Abrams fiel ("Star Trek: Into Darkness", "Super 8"), kam es zu erheblichen Verzögerungen durch das verworfene Drehbuch von Michael Arndt und einen Beinbruch von Harrison Ford während der Dreharbeiten. JJ Abrams und Lawrence Kasdan mussten die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen, um eine weitere Verschiebung des mit Hochspannung erwarteten Films zu vermeiden. Als schließlich der erste Teaser und kurz darauf ein weiterer auf der SW Celebration in Anaheim/Kalifornien vorgestellt wurden, waren die Fans nicht mehr zu halten. Die ersten Eindrücke nährten die Hoffnung, dass diesmal alle Fehler der vorangegangenen Prequel-Trilogie (1999-2005) vermieden wurden und die legendäre Saga wieder zu ihren klassischen Wurzeln (1977-1983) zurückkehren würde. Der Inhalt des Films wurde verschwiegen wie kaum ein anderer. Umso mehr war das Fandom darauf gespannt, ob der Film auch das halten würde, was das bisher gezeigte Material versprach.
30 Jahre nach der legendären Schlacht von Endor wurde das Imperium nicht vollständig vernichtet, sondern besteht in Form der sogenannten "First Order" fort und bedroht die Neue Republik mit einer unheimlichen Superwaffe. Generalin Leia Organa (Carrie Fisher) beauftragt einen ihrer Elite-Piloten namens Poe Dameron (Oscar Isaac) damit, eine Sternenkarte vom Aufenthaltsort des verschwundenen Jedi-Meisters Luke Skywalker (Mark Hamill) ausfindig zu machen, der diese in dem kleinen Kugeldroiden BB-8 versteckt. Gemeinsam mit dem imperialen Deserteur Finn (John Boyega) gelingt ihm die Flucht in einem TIE-Jäger vor dem finsteren Handlanger Kylo Ren (Adam Driver). Als die beiden jedoch abgeschossen werden, erleiden sie eine Bruchlandung auf dem Wüstenplaneten Jakku. Der umherirrende Finn begegnet dort der Schrottsammlerin Rey (Daisy Ridley), welche den von einem Einheimischen entführten BB-8 befreit und damit ebenfalls ins Visier des dunklen Schergen Kylo Ren gerät. Auf der Flucht entwenden sie den "Rasenden Falken" und schließen dadurch bald Bekanntschaft mit dessen wirklichen Besitzern Han Solo (Harrison Ford) und Chewbacca (Peter Mayhew). Gemeinsam reisen die vier Freunde zu der geheimnisvollen Kreatur Maz Kanata (Lupita Nyong'o) auf dem Planeten Takodana, wo Rey in einer Vision ihre wahre Bestimmung erfährt und somit ihr damit verbundenes Schicksal bald seinen Lauf nimmt...
Dem geneigten SW-Fan wird jetzt schon aufgefallen sein, dass die Story doch sehr das Erstlingswerk "Episode IV: Eine neue Hoffnung" in Erinnerung ruft. Daher die Frage: Vermag die heiß ersehnte Episode "Das Erwachen der Macht" das Publikum zu überzeugen? Die Antwort: Ja und Nein. Regisseur Abrams liefert vielmehr eine Mischung aus Reboot und Sequel zugleich, vergleichbar mit "Jurassic World", wo Regisseur Colin Trevorrow die altbekannten und geliebten Story-Elemente aus dem Original von 1993 mit neuen Schauspielern besetzte, visuell in eine neue Form brachte und gleichzeitig zu einem Auftakt einer neuen Trilogie machte.
So vermag auch "Das Erwachen der Macht" durch einen wirklich ausgezeichneten neuen Cast (Daisy Ridley, John Boyega und Oscar Isaac), altbekannten Gesichtern (Harrison Ford, Carrie Fisher, Mark Hamill) sowie durch eine äußerst solide und rasante Inszenierung das gewohnte Star Wars-Feeling der originalen Trilogie einzufangen und dem Zuschauer 135 Minuten an kurzweiliger Unterhaltung auf höchstem Niveau zu bieten.
Dabei fällt auf, dass JJ Abrams ganz bewusst auf die CGI-Orgien aus Episode II und III verzichtet hat und stattdessen auf einen ausgeprägten Realitäts-Look setzt, der sich zahlreicher Retro-Elemente aus der klassischen Trilogie bedient. Dabei fallen lediglich die neu hinzugekommenen Motion Capture-Figuren Maz Kanata und Supreme Leader Snoke etwas aus dem Rahmen. Ansonsten gelingt es Abrams perfekt, Altes mit Neuem visuell in Einklang zu bringen. Etwas enttäuschend kommt hingegen der Score des Films rüber, der im Zuge dieses rasanten, visuellen Feuerwerks deutlich in den Hintergrund rückt. Von dem begnadeten Komponisten John Williams hat man wahrlich schon Besseres gehört. Dafür gibt es auch einen Punkt Abzug.
Kurzum: Wer sich eine 1:1-Kopie seiner Kindheits- und Jugenderinnerungen mit dem Zauber der 70er und 80er Jahre erwartet, wird eher mit gemischten Gefühlen aus dem Kino gehen, wer sich hingegen auf diese überaus gelungenen Fusion aus Reboot und Fortsetzung einlässt, wird mit Sicherheit nicht enttäuscht werden und darf sich auch auf die kommenden Episoden VIII und IX freuen.
Eines ist jedoch gewiss: Die Zeiten, als George Lucas mit seiner Prequel-Trilogie und deren ungeliebter Mischung aus Politdrama und Seifenoper mehr enttäuschte als begeisterte, dürften wohl ein für allemal vorbei sein. "Das Erwachen der Macht" ist jetzt schon besser als Episode I-III zusammen.