Nicolas Winding Refn ergeht sich in "The Neon Demon" in bildlicher Fetischisierung von menschlicher und räumlicher Ästhetik.
Interessanterweise gehen Form und eigenes Handeln quasi kongruent mit der dem Film zu entnehmenden Aussage, dass Schönheitskonzepten auch immer eine zerstörerische Kraft innewohnt. Jedoch bleibt die so in sich geschlossene Allegorie recht flach, denn der kritische Blickwinkel ist dauerhaft ebenso plakativ wie die erdachten Figuren und bewegt sich quasi auf dem Niveau eines Rammstein-Songs, also einer blumig geäußerten aber stets schlichten Erkenntnis, die zudem bereits allgemeine Perspektive ist. Das kann aber auch die reine Absicht sein. Kritik durch Imitation. Oder anders: Die Beschreibung einer faschistischen Welt verpackt sich hier selbst in Riefenstahl-Optik.
Refn beweist einmal mehr seine gestalterische Kraft und lässt unentwegt wirkungsvolle Bilder entstehen, die in ihrer Überstilisierung einen Bildrausch erzeugen, der das Ansehen alleine schon lohnt. In diesen Bildern verlieren sich die Figuren beinahe, wenn sie dem Ideal entsprechen und herausragt das, was noch irgendwie eine natürliche und individuelle Ausstrahlung hat. Dies kann in "The Neon Demon" zu Ausschluss oder zu Aufmerksamkeit führen, wie uns immer wieder mitgeteilt wird. Natürlichkeit kann somit Alleinstellungsmerkmal oder Makel sein. Auch keine wirklich neue Erkenntnis.
Elle Canning verkörpert diese Natürlichkeit passend und wird von der Kamera auch dementsprechend eingefangen. Und ebenso hält die Kamera ihren Verfall als menschliches Wesen fest, der in ihrer letztlichen Auflösung mündet. Dabei bleibt ihre Figur jedoch über den gesamten Film so entrückt, dass man keinerlei Empathie zu ihr aufbauen kann, dafür wirkt die sie umgebende Welt einfach zu artifiziell. Das alles ist wirkungsvoll in Szene gesetzt, jedoch symbolisch so überhöht, dass es mitunter wirklich ein zäher Akt ist, "The Neon Damon" mit voller Konzentration zu verfolgen. Zumal die erzählte Geschichte erwartbarer nicht sein könnte.
Der Soundtrack ist fortlaufend die tonale Entsprechung des Bildes und ergeht sich in unterkühlten, technolastigen Kompositionen, die den rauschartigen, lebensfremden und teils mystisch überhöhten Eindruck verstärken. Und dennoch bleibt der Ton immer faszinierend und wirkungsvoll und unterstützt den Einsdruck einer menschenfeindlichen Welt, in der es um die altbekannte Frage geht: Fressen oder gefressen werden? Und wenn man dies hier so liest, ohne den Film zu kennen, erwartet man womöglich mehr (satirische) Handlung, als der Film denn wirklich bietet...
Fazit
"The Neon Demon" ist ein Erlebnis, wenn auch ein etwas anstrengendes. Die Darstellung einer auf Symmetrie und äußere Perfektion ausgelegten Lebenswelt, aus der Frau zwangsweise irgendwann getilgt werden muss, ist inhaltlich kein großer Wurf, denn die hier gewählten Metaphern wie Kannibalismus, Nekrophilie und sexueller Missbrauch sind absichtlich so schablonenhaft gewählt, wie die hier dargestellte Welt aussieht. Das mag somit zwar passen, mündet aber in einen gänzlich unspannenden Film, der so reine Symboldarstellung von ihm dünn beschriebener Inhalte wird, in seiner formalen Gestaltung dafür aber sehr wirkungsvoll ist.
Es bleibt ein Film ohne die Möglichkeit einer Katharsis, denn die auf ihr Äußeres beschränkten Figuren lassen keinerlei empathische Verbindung zu. Und erstaunlicher Weise ist das hier fast egal.