Review

Eine der wenigen Ausnahmen im Schaffen von Patrick Kong, welcher sich ansonsten nicht mit dem Horror als Genre, wie hier geschehen, sondern seit über einem Jahrzehnt eine Linie von eher ernst bis fatal endenden Liebesgeschichten, mit mehr Drama als Romanze und eher der negativen Wirkung der großen Kraft der Gefühle beschäftigt. Die Ausnahmen bestanden bisher in mit dem vorliegenden Werk eingeschlossen genau drei Abweichungen in die Materie von auch übersinnlichen Erschrecken und Entsetzen, in dessen ersten Beispiel Forgive and Forget (2008) die Problematiken von Mann und Frau in ihren Wirrnissen der Emotionen aber genauso viel Anteil an der Geschichte hat wie die Thrill- und Gruseleffekte. Nummer Zwei besteht in einem Kontingent zu den Hong Kong Ghost Stories (2011), wobei sein Ansatzpunkt dort sowohl vom Setting als auch dem Ton der Behandlung durchaus ein interessanter war, ohne das bisherige Schaffen und das eigentliche Ansinnen bzw. Gutdünken zu verleugnen. Are You Here führt dies im Grunde fort, und entstand zu einem Zeitraum, dass überraschenderweise sowieso erstaunlich viele Beiträge zur Gattung Horror, vor allem auch aus den kleineren Ecken erhielt:

Das auch miteinander befreundete Programmierteam bestehend aus Lung [ Sammy Sum ], Min [ Jacqueline Chong ], Keung [ Alan Luk ] und  Fun [ Jumbo Tsang ] erhält kurz vor der Pleite ihres miserabel laufenden Geschäftes durch die schwerreiche  Mrs. Wong [ Pau Hei-ching ] einen äußerst lukrativen Auftrag, indem es um die Weiterentwicklung einer Oujia - App ihres kürzlich verstorbenen Sohnes gehen soll. Das Quartett nimmt natürlich an, und beschließt auch mit Ausnahme der von Lung schwangeren Min einstimmig, die alte Dame weiterhin gründlichst über den Tisch zu ziehen; vor allem, der spielsüchtige Lung wittert seine große Chance und stürzt sich richtig in das Geschäft. Doch bald können sich alle Vier nicht mehr richtig auf die Arbeit konzentrieren, sehen einige von Ihnen entweder gar schreckliche Erscheinungen oder werden in der Realität übel heimgesucht. Lung und Min suchen Hilfe erst bei der "Master of Wisdom" [ Helena Law Lan ] und dann bei Mins Auntie Lan [ Siu Yam-yam ], wobei nun schnell wirklich höchste Not und Eile geboten ist.

Gedreht wurde der Spuk von Jil Wong, der 2008 als eigenständiger Regisseur nach längerer Vorgeschichte als Assistent begonnen und seitdem schon eine größere inszenatorische Bandbreite als sein nunmehriger Arbeitgeber Kong erreicht hat. Mit dem chinesischen Moonlight (2011) ist auch bereits eine Hokuspokus - Mär darunter, welches zum Subgenre der Chinese Hopping Vampire, ein ebenso der Tradition verbundenes, nunmehr sattsam rar gewordenes Terrain gehört. Wong, der bisher ganze drei Schriftsätze vom auch produzierenden Kong verfilmt hat und so wohl sicher in dessen Gunst, aber noch auch in der Hörigkeit und auch der Abhängigkeit von der Vorlage selber steht, inszeniert dabei ein wenig forscher als sein Entrepreneur, ein wenig offensiver mit der Thematik auch, die kleineres Ankratzen an etwaige Waghalsigkeiten und ein entsprechend höheres Rating nicht gleich von vornherein scheut.

So wird die Geschichte hier auch anfangs mit den üblichen Schocks rein von der Tonspur auf vollen Touren her, creepy Geräuschen (von Knochenbrüchen, Babygeschrei, undefinierbares Gewusel und Gebrummel etc.) oder dem plötzlichen und unberechenbaren Bewegen von Alltagsgegenständen, mit den einfachsten Mitteln der Erzeugung von Schock und Unsicherheit her erzählt. Bald allerdings mischen sich diese übernatürlichen Dinge mit den Erlebnissen des Hier und Jetzt - welches im Übrigen kein Trostpflaster und schon bei Tageslicht betrachtet auch keine friedliche Idylle ist - oder lassen sich gar nicht mehr auseinander halten, was noch beängstigender auf die Figuren auswirkt und wo der Übergang von der spirituellen Welt in die gegenwärtige offen und kein Entrinnen mehr möglich ist.

So wird in den Nachrichten von einem Prostituiertenmord berichtet, später von einem Suizid durch Dachsprung, was alles mehr oder minder Einflüsse noch auf die Vier im Fokus des Geschehens hat und bald auch der ehemalige Geliebte eine tödliche Gefahr für die sich nun von ihm abschottende Mätresse ist. Aufgrund der Herkunft des Autoren und seines Werdeganges kann man derlei angesprochene Punkten von Seitensprung, Fremdgehen, häufigen Partnerwechsel, die Fragestellungen nach Für und Wider einer Heirat, nach Für und Wider eines gemeinsamen Kindes, nach dem Sinn des Zusammenbleibens überhaupt, nach der Wichtigkeit von richtigen Freunden, der Entscheid für das Geld oder die Familie etc. usw. usf. durchaus in dem Kontext zu dessen anderen Filmen bewerten und interpretieren – das Hauptpaar hier war bspw. in Best Plan is no Plan (2013) bereits eines, nur dort direkt umgekehrt vom 'Machtgefüge' positioniert – , kann dies aber auch als Zeichen von versuchter Charakterisierung und bereits bestehender Ungewissheit in so vielen existentiellen Dingen werten, was dem allgemeinen Zwiespalt der Gesellschaft hier durchaus zugute kommt.

So wirkt das Dasein allein schon furchterregend, eine korrupte Mischpoke, in der Geld an erster Stelle, dann das Vergnügen und die Sucht daran gleich folgend steht. Um dies zu erreichen, ist jedes Mittel, ob noch legal oder schon längst illegal recht. Sex ist banal und flüchtig im Auto oder im Treppenhaus für paar Sekunden ausgelebt, die einzige Wärme kommt durch die älteren Frauen, Jahrgang 1934 - 1950, die nicht zufälligerweise schon zum Fundus des HK Kinos und auch zum fraglichen Genre selber gehören; allen voran Helena Law Lan als Aushängeschild der fast 20teiligen Troublesome Night Reihe. Ein kaltes, fröstelndes, oftmals mit Gelbtönen und ansonsten unglamourös gehaltenes urbanes Schauerstück, dass für seine begrenzten Talente nicht den schlechtesten Weg und nicht die übelste Auflösung daraus geht

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