Mit der „Best of the Best“-Reihe hatte sich Phillip Rhee einen guten Namen unter Actionfans erarbeitet, in allen vier Filmen als Hauptdarsteller, bei späteren Folgen sogar als Drehbuchautor oder Regisseur. Doch nach „Best of the Best 4“ kehrte dem Filmgeschäft jedoch weitestgehend den Rücken, abgesehen von seiner Rolle als Besitzer einer 3D-Konversions-Firma, die unter anderem die 3D-Effekte für „Transformers 3“ und „Hänsel & Gretel: Hexenjäger“ mit verantwortete. Doch anno 2015 drehte er als Drehbuchautor, Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller „Underdog Kids“.
Wir befinden uns hier auf dem Territorium des familienfreundlichen Martial-Arts-Films, den vor allem „Karate Kid“ anno 1984 ins Leben rief. Auch hier geht es um die ärmlichen Kids im abgeranzten Dojo, die weder besonders gut sind noch lange einen Trainer halten können. Nach und nach werden uns die Schicksale der Kiddies noch vor Augen geführt: Wyatts (Adam Irigoyen) Vater ist als Soldat gestorben, zwei Knirpse sind Vollwaisen und wachsen bei ihrer Tante Valerie (Mirelly Taylor) auf, Raymond (Cade Sutton) ist ein schwabbeliger Junge, der unter der Zurückweisung seines Vaters Ron (Beau Bridges) leidet, Leticia (Rayna Vallandingham), das einzige Mädel in der Runde, würde lieber mit gemachten Nägeln durch die Gegend rennen als tagein, tagaus mit Daddy an der Straßenecke zu stehen und Obst zu verticken usw.
Allerdings sind die Kiddies auch ziemliche Frechdachse, weshalb sie einen Trainer nach dem anderen in die Flucht schlagen und Jugendzentrumsleiter Charlie (Max Gail) verzweifeln lassen. Glücklicherweise kommt dessen alter Protegé, der MMA-Champion Jimmy ‘ The Lightning Bolt‘ Lee (Phillip Rhee) vorbei, der nach einem Autounfall niemand mehr findet, der ihn für ein Turnier versichert. Seinen Namen bekam Jimmy, da ihn im Kindesalter ein Blitz traf, was „Underdog Kids“ mit einer kindisch anmutenden Rückblende bebildert, was schon einen Hinweis auf das Humorniveau des folgenden Films liefert.
Während Jimmy nach weiteren Gigs sucht, trainiert er die Youngster und gibt ihnen neues Selbstvertrauen. Das ist auch bitter nötig, denn das alles dominierende Team unter den Jugendmannschaften von L.A. sind die Beverly Hills Scorpions unter der Leitung des arroganten, harten und unfairen Ted Barret (Patrick Fabian)…
„Underdog Kids“ kann als glühender Beweis dafür stehen, dass der unabhängig produzierte Actionfilm der B-Klasse in ziemlichen Budgetschwierigkeiten steckt. Nicht nur die kargen Locations mit den üblichen Lagerhallen und Hinterhöfen sowie der trotz satter Farben billige Look sprechen Bände, vom Finale ganz zu schweigen: Da treten die Kiddie-Teams gegeneinander an, während die Zuschauertribüne im Hintergrund in einigen Szenen ganz offensichtlich via Greenscreen einmontiert ist. Leider haben die Jahre der Regie-Abstinenz Phillip Rhee nicht unbedingt gut getan: Nette visuelle Einfälle findet man maximal einen (wenn bei seiner Sponsorensuche nach und nach überall „No“-Sprechblasen über Gebäuden in Los Angeles erscheinen) und die Montage, die er als Regisseur zusammen mit den Cuttern Jeff McCarthy und Terence Their verantwortet, ist phasenweise auch eher holprig.
Nicht, dass Script beim Abarbeiten von Kiddie-Kickbox-Klischees so viel besser wäre. Das Dilemma jedes Schützlings wird zwar angeschnitten, aber Selbstvertrauen durch Training ist die maßgeschneiderte Lösung für jedes Problem, neben gelegentlichem Auftreten von Trainer Jimmy als Kummerkastentante und Ratgeber. Manche Subplots hängen hilflos in der Luft, etwa wenn die obligatorische Liebesgeschichte von Jimmy und der anfangs skeptischen Valerie mit einer Einladung zum Abendessen beinahe als abgeschlossen betrachtet wird und man erst in einer Rückblendenmontage kurz vor Schluss man etwas von einem Date der beiden sieht. Noch dazu verzichtet „Underdog Kids“ auf ein paar willkommene Standards, etwa die eigentlich fast schon obligatorische Finalbegegnung von Jimmy und Ted, die hier dann doch nicht kommt. So bleibt Jimmy fast ausschließlich in der Trainerrolle und muss nur einer Gruppe von Rowdys mal einen Scheitel ziehen. Wesentlich weniger willkommene Standards werden dagegen mit dicksten Klischees auf die Stulle gebuttert: Die finale Aussöhnung der Kids und ihrer Rivalen, die kurzzeitige Verlockung eines Preiskampfes, den Jimmy dann doch für seine Schützlinge sausen lässt, die demonstrative Überwindung aller Probleme durch Kampfkunst usw.
Auch humoristisch ist hier nicht gerade die feine Feder gefragt, denn „Underdog Kids“ ist einer jener Jugendfilme, die nicht nur kindgerechten, sondern infantil-doofen Witz mit der groben Kelle für ihr vermeintliches Zielpublikum austeilen. So sollen vor allem die übelriechenden Flatulenzen Raymonds immer als Jokes herhalten, mit denen er, hach wie ist das lustig, sogar einen Kampf im Finale gegen einen wesentlich besseren Gegner für sich entscheiden kann, während alle anderen Anwesenden ebenfalls olfaktorisch geschädigt werden – da weiß man gar nicht, was schlimmer ist: Das Humorverständnis von „Underdog Kids“ oder die Vorstellungen von Fairness, die der Film damit an den Tag legt? Die restlichen Witzeleien sind jedenfalls kaum besser, es sei denn man findet es total originell und lustig, dass ein kleinwüchsiger Typ den Straßennamen Big Guy trägt.
Phillip Rhee ist immerhin sympathisch in der nominellen Hauptrolle und konnte ein paar bekanntere Gesichter für Nebenrollen verpflichten: Patrick Fabian gibt wie schon bei seinen Rollen in Folgen von „Veronica Mars“ und „Castle“ den aalglatten Schnösel, Tom Arnold ist launig als Fight-Vermittler, während Greg Grunberg als Ring-Announcer und Ted McGinley, vor allem als Jefferson aus „Eine schrecklich nette Familie“ bekannt, als Sponsor vorbeischauen. Und natürlich kann Rhee auf seine Martial-Arts-Kumpels vertrauen: Während sein Bruder Simon Rhee und James Lew für die Stuntarbeit mitverantwortlich zeichnen, schaut Ron Yuan für eine Nebenrolle vorbei. Die fünf Preisrichter im Finale sind allesamt Martial-Arts-Profis, die sich selbst spielen: Richard Norton, Don ‘The Dragon‘ Wilson, Benny ‘The Jet‘ Urquidez, Bruce-Lee-Schüler Dan Inosanto und Jun Chong, ein weiterer Weggefährte Phillip Rhees, der mit ihm in Anfangstagen Werke wie „Los Angeles Streetfighter“ und „Silent Assassins“ drehte. Der Rest der erwachsenen Darsteller ist dagegen eher mäßig, selbst der verhältnismäßig bekannte Beau Bridges als unaufmerksamer Vater Raymonds, der mit „Sidekicks“ ja schon so eine vermurkste „Karate Kid“-Variante auf dem Konto hat.
Die hauptsächlichen Stars sind natürlich die titelgebenden Kids, die schauspielerisch eher im Okay-Bereich anzusiedeln sind (mit Ausreißern nach oben und nach unten), aber in Sachen Körperbeherrschung einiges drauf haben. Rayna Vallandingham etwa beendete ihre Martial-Arts-Karriere im Alter von neun Jahren (!), nachdem sie bereits elf Weltmeisterschaften für sich entschied. Sie und andere talentierte Nachwuchskicker wie Andrew Franklin und Ryan Potter hätten vielleicht eine bessere Präsentationsfläche für ihre beeindruckenden Fähigkeiten verdient. Nicht alle sind so erfahren, weshalb manche mehr in den Kämpfen zu sehen sind, andere weniger – Cade Sutton wird bei einem Flickflack sogar von einem Double mit äußerst schlecht sitzender Perücke vertreten. Auch ist der Präsentationskontext nicht immer optimal: Bei einem Fight führen zwei der Jungdarsteller zwar spektakuläre Sprungkicks aus, was aber filmisch so inszeniert wird, dass sie voreinander stehen, sich wechselseitig mit akrobatischen Manövern in die Fresse treten und daher abwechselnd Punkte machen – Ausweichen, Blocken oder Zurückschlagen scheinen keine validen Optionen für sie zu sein. Doch man muss Respekt vor dem haben, was der Nachwuchs da in so jungem Altern an Moves vorführt.
Insofern mag „Underdog Kids“ vielleicht tatsächlich als Showcase für die Fähigkeiten seiner jungen Hauptdarsteller etwas bieten, doch der Rest vom Film ist reichlich desolat: Mau geschrieben, offensichtlich unterfinanziert und mit einem grauenvollen Humorverständnis versehen. Da helfen auch nicht die Gastauftritte alter Martial-Arts-Recken und die Tatsache, dass Phillip Rhee das Herz bei der Sache am rechten Fleck hatte – bei „Best of the Best 3“ und „Best of the Best 4“ hatte er gezeigt, dass er die Arbeit hinter der Kamera besser kann.