Review

Basierend auf wahren Begebenheiten, handelt es sich bei „Exodus to Shanghai“ (2015) quasi um eine dramatische, in der Anfangsphase des zweiten Weltkriegs angesiedelte, mit Action, Tragik, Romantik und Humor angereicherte Kreuzung aus „Schindler´s List“ und „Inglorious Basterds“ sowie zugleich um den ersten „Feature Film“ aus dem Hause des Mode- und Lifestyle-Senders „Fashion TV“, dessen Gründer Michel Adam höchstpersönlich die Skript-Vorlage beisteuerte, welche Regisseur Anthony Hickox („Waxwork“) schließlich mit einer multi-nationalen, u.a. aus Models und relativ unerfahrenen Schauspielern bestehenden Besetzung für rund fünf Millionen Euro in Szene setzte. Im Vorfeld meiner Sichtung war ich insbesondere darauf gespannt, wie diese eher „schräg“ als sonstwie klingenden Rahmenbedingungen letzten Endes miteinander harmonieren würden – unabhängig dessen, dass ich Hickox generell als keine unbedingt schlechte Wahl für ein Werk mit einer solch anvisierten „Entertainment-Ausrichtung“ empfand. Ursprünglich sollte das Projekt übrigens von einem Kollegen Anthonys realisiert werden, der jedoch wenige Wochen vor Drehstart gefeuert wurde, da Adam mit dessen „ernsteren Herangehensweise an die Materie“ nicht einverstanden war…

Die Story setzt 1938 auf einer seitens eines angesehenen jüdisches Ehepaars (Maia Morgenstern und Mike Altmann) organisierten Kunst-Auktion in Wien ein – als sich plötzlich die Meldung verbreitet, dass deutsche Truppen in Österreich einmarschiert sind. Fortan verschlimmert sich die Situation in der Stadt für bestimmte Bevölkerungsgruppen aufgrund von Schikanen und Übergriffen der Nazis zunehmend. Beherzt entschließt sich der chinesische Konsul Dr. Ho (David Yu) im Angesicht der Lage dazu, etwas zu unternehmen – und so beginnt er damit, so vielen Juden wie möglich Reise-Visas für sein Land auszustellen, um ihnen auf diesem Wege zur Flucht zu verhelfen. Darum, das zu verhindern, bemüht sich indes der SS-Obersturmbannführer Hermann Deutsch (Markus von Lingen) mit seinen Schergen. Überdies hat „der Führer“ ihm den Auftrag erteilt, eine Zeichnung zu beschaffen, die Hitler Jahre zuvor mal von seinem Schäferhund Prinz angefertigt hatte – welche die erwähnten Galerie-Besitzer inzwischen jedoch ihrer sie gerade aus den Staaten besuchenden Verwandten Fannia (Yaara Benbenishty) übergegeben haben, die wiederum mit dem Martial-Arts-kundigen Bruce (Alexander Nguyen) „zusammen“ ist und sich nun gemeinsam mit einigen anderen (unter ihnen Jahni Raz und Srulik Pniel) per „Orient Express“ in Richtung Asien abzusetzen gedenkt…

„Exodus to Shanghai“ greift verschiedene geschichtliche Fakten auf, von denen einige nicht allzu verbreitete Bekanntheit genießen – portraitiert diese allerdings nur eingeschränkt authentisch-akkurat, was innerhalb des speziellen Kontexts verortet so aber durchaus (zumindest ein Stück weit) „legitim“ ist. Ho Feng Shan gab es etwa wirklich – und tatsächlich hat er mehrere tausend Juden gerettet, indem er ihnen (entgegen des Willens seines Vorgesetzten) Emigrationsnachweise ausstellte, um damit Österreich verlassen zu können. In seiner Heimat „Schindler Chinas“ genannt, verstarb er 1997 im Alter von 96 in San Francisco. Als Hitler in Wien lebte, versuchte sich der spätere Tyrann (mit kargem Erfolg) als Maler (u.a. von Ansichtskarten) durchzuschlagen – und während der Zeit seiner Herrschaft ging er (via Verboten, Beschlagnahmungen und Zerstörungen) hart gegen so genannte „entartete Kunst“ vor, welche er mit rassentheoretischen Begründungen diffamierte. Dass sich vor der Annexion durch das nationalsozialistische Reich so mancher Nazi in dem „aufregenden“ Nachtleben der Metropole vergnügte, ist ebenfalls kein Geheimnis: Im Vorliegenden nimmt Deutsch bspw. gern zusammen mit seinem Kameraden Kurt (David Lipper) an Orgien teil – samt reichlich Sex, Drogen, männlichen und weiblichen Prostituierten sowie einer Travestie-Einlage ihres Gastgebers Norbert (Nitzan Yankelevich)…

Der Verlauf ist in einzelne „Kapitel“ untergliedert, die jeweils durch eingeblendete (im Stile jener klassischer Stummfilme gestaltete) Titel-Karten eröffnet werden – worüber hinaus einem in regelmäßigen Abständen alte Nachrichtenaufnahmen und anderweitiges Doku-Bildmaterial „von damals“ dargereicht wird, was sowohl einen stärker ausgeprägten Bezug zu den historischen Ereignissen herstellen als auch einen markanten Kontrast zu der von Hickox kreierten „Welt“ erzeugen soll, in der alles „ein Zacken übersteigert“ daherkommt. In kräftigen Farbtönen gehalten sowie an einigen schicken Locations in Rumänien gedreht, kann sich die Ausstattung (Kleidung, Fahrzeuge, Inneneinrichtungen etc.) absolut sehen lassen – doch wirkt das Ganze leider deutlich „zu sauber und steril“ und erweckt demnach eher den Eindruck, die Geschehnisse würden sich in irgendwelchen Museen oder gerade erst neu erbauten Kulissen abspielen. Es gibt kein Schmutz auf den Straßen, die Kostüme schauen „wie frisch aus der Reinigung“ aus – zudem wird die Verzweiflung einiger Leute dem Publikum gegenüber einfach nicht glaubwürdig genug vermittelt: Dabei beziehe ich mich primär auf die Hilfesuchenden draußen vorm Konsulatszaun – woran die betreffenden „nicht sonderlich engagiert agierenden“ Komparsen eine klare Mitschuld tragen…

Resultierend aus ihren „gehaltsarm“ verfassten Parts und ihrer fehlenden Erfahrung in diesem Berufsfeld bleiben die Leads nahezu durch die Bank weg „blass“: Yaara Benbenishty (TV´s „Fauda“) ist ein attraktives Model mit tollen Sommersprossen – allerdings mangelt es ihr an der nötigen „Emotionalität“, um Fannia zu einer wahrhaft einnehmenden Protagonistin werden zu lassen. Dies trifft ebenso auf die Gefühle zwischen ihr und Bruce zu – welcher Kampfkunst beherrscht und von Alexandre Nguyen („End of a Gun“) mimisch relativ ausdrucksschwach verkörpert wird. Als Moshe sorgt Newcomer Srulik Pniel für zusätzlichen „Comic Relief“ – und Sängerin Jahni Raz beweist (in Addition zu ihrer Landsmännin Benbenishty) einmal mehr, dass beileibe nicht wenige hübsche Frauen aus Israel stammen. Des weiteren wären u.a. noch David Yu („Healthy“), David Lipper („Lost after Dark“) sowie der Berliner Mike Altmann („Refuge“) anzuführen – während der in Essen geborene Markus von Lingen („Defiance“) als Obersturmbannführer Deutsch meist (wie von ihm verlangt) hochgradig „over the Top“ auftritt und die Preis-gekrönte rumänische Schauspielerin Maia Morgenstern („the Passion of the Christ“) in einer Nebenrolle die kompetenteste wie überzeugendste Performance abliefert. Dank der vielen Nationalitäten ist die Originalfassung des Films entsprechend reich an diversen Akzenten…

Ein offenkundiger Grund für das Scheitern des Werks ist sein minderwertiges Drehbuch, das in seiner Intention hinlänglich verunglückt ist, sozusagen „einen Spagat“ zwischen düster-tragischen Begebnissen (wie die Diskriminierung und Verfolgung von Homosexuellen und Juden), einer klassischen „Helden-Story“ (inklusive tapferem Widerstand und selbstloser Taten) sowie einer locker-amüsanten „tonalen Ausrichtung“ zu schlagen. Gelegentlich wie eine Parodie wirkend, hat man altbekannte Klischees herangezogen und sich an einer „individuellen“, jedoch weder bissig noch geistreich gearteten Form von Satire versucht. Das generelle Niveau bewegt sich dabei in etwa auf dem „Originalitäts-Level“ einer an gleich zwei Stellen spontan mal „Hava Nagila“ anstimmenden Gruppe Leute oder eines deutschen Schäferhunds namens Rex, der Nazis nicht ausstehen kann. Neben punktuell platzierten humorvoll gemeinten Momenten werden einem wiederholt aber auch solche geboten, in denen „seelisch aufgewühlte“ Personen vollkommen ernste, ihrerseits allerdings arg „gestelzt“ klingende Dialogzeilen zum Besten geben: Eine Kombination, die vor allem deshalb nicht funktioniert, da sie qualitativ (in jeglicher Hinsicht) recht kümmerlich ausgestaltet wurde – und mir unweigerlich den englischen Begriff „Cringeworthy“ in den Sinn kommen ließ…

Arm an Spannung, Atmosphäre und einen tatsächlich „mitreißen“ könnender Dramatik entfaltet sich die Geschichte bis hin zu ihrem unschwer vorausahnbaren Ende. Dass Hickox durchaus dazu in der Lage ist, ordentliche Action-Sequenzen zu arrangieren, hat er ja u.a. im Rahmen seiner beiden Genre-Veröffentlichungen „Blast“ und „Submerged“ bewiesen. Bisweilen mit berühmten Musikstücken aus jener Epoche unterlegt, meist in Zeitlupe sowie mit teils überzogen viel Kunstblut aufwartend, erhält man hier dagegen bloß eine Handvoll uninspiriert-lahmer (überwiegend „steif“ choreographierter und umgesetzter) Fights und Shootouts präsentiert, aus deren Reihen einzig der „Last Stand“ eines Ehepaares gegenüber einer anrückenden SS-Truppe halbwegs zu gefallen weiß. Die Kamera-Arbeit Viorel Sergovicis („Furnace“) ist dabei an sich kaum der Rede wert – allerdings sind ihm und Hickox vereinzelte wirklich schicke „Bildkompositionen“ gelungen, die gerade in Anbetracht des eher kläglichen Rests umso positiver herausstechen (insbesondere bei einer Szene, in der Fannia Deutsch in dessen Büro aufsucht und er sie dazu animiert, für ihn Wagner auf einer Geige zu spielen). Insgesamt reicht das aber natürlich keineswegs aus, um diesem ärgerlich missratenen Streifen eine irgendwie zu rechtfertigende Empfehlung auszusprechen…

Fazit: „Exodus to Shanghai“ wäre liebend gern ein bedeutsamer, gewitzter, eigenwillig-unterhaltsamer Film im Stile Quentin Tarantino´s „Inglorious Basterds“ – entpuppt sich jedoch relativ zügig als ein klarer Fall von „viel gewollt, allerdings nur unschön wenig gekonnt“…

knappe „2 von 10“

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