Iron Bodyguard wirkt wie das Vorspiel zum panoramaweiten Epos Boxer Rebellion [ 1976 ], der den Boxeraufstand im Peking des Jahres 1900 behandelt. Nur diesmal nicht in einer Reflektion der Spannweite, sondern weitaus kürzer einen Teilabschnitt betrachtend und mit weniger dramatischem Eigenwert.
Zwar manifestieren sich politische Unordnung neben individueller Bosheit, Schwäche, Verrat und Eigennutz schon hervorhebender und unheilsstifender als sonst, doch dieser Zustand verwandelt sich entsprechend populärer Klischeevorstellungen in den üblich ausgewalzten Chang Cheh Abschluss: In Form einer Massenschlacht. Blut - und Ehrensache ersetzen die übergeordnete Sinnstruktur und die Determiniertheit des Geschichtsablaufes.
Vorher wird mehr geredet, ohne wirklich viel zu sagen. Nun ist das weder eine politische, philosophische noch eine geschichtliche Lehrstunde und die Fakten kann man kennen oder nachlesen. Man appelliert an die Imagination; für das oberflächliche Verständnis nötiges Wissen wird im Drehbuch auch so verabreichet. In aller Kürze und Drastik zwar, aber es reicht zumindest in Ansätzen für die Erklärung, warum man hier etwas tut. Im Aufbau selber ist man so unclever auch nicht strukturiert; beachtet zumindest das Wiederaufgreifen anfangs scheinbar unwichtiger Szenen für eine später geschicktere Verwendung. Um die Demonstration einer aus den Fugen geratenen äusseren Welt in aller Schärfe in den Vordergrund zu rücken, ist das Skript aber unterentwickelt und auch falsch gedreht. Mangelnde Differenziertheit der Titelgestalt, Schwächen auch in sonstiger Personenzeichnung, Handlungsführung und inszenatorischer Erzählgestaltung sind leider etwas zu auffällig. Aber von Chang Cheh und seinem Co - Director Pao Hsueh Lieh erwartet man auch nicht wirklich Unmengen an Feingefühl oder gar weiterreichendes Interesse für die Anlässe, Auswirkungen und Folgen der Hundert - Tage - Reform im Jahr 1898.
Mag das noch angehen, haben auch ihre Figuren keine spürbare Begeisterung oder wenigstens ein über persönliche Motive hinauskommendes Begehr an der Durchsicht und Nachprüfung traditionell gefestigter konfuzianischer Strukturen, die das Land gegenüber den ausländischen Mächten in der Zeit festhielt und den Fortschritt verhinderten:
Tan Si - tong [ Yueh Hua ] verfolgt seinen Aufstieg in hohe Ämter zwar mit Herzblut, aber er macht es strikt für sich. Das wird so nicht gesagt, aber als Zuschauer fühlt man nichts Anderes und die Person wächst Einem trotz oder gerade wegen ihrer offensichtlichen Märtyrerrolle auch nie ans Herz. Tan hört sich gerne selber reden und ist auch stetig begeistert von den weisen Poems, die er an Mauern und auf Papiertafeln schreibt. Als die reformunwillige Kaiserinwitwe Cixi den Kaiser - ihren minderjährigen Neffen - inhaftieren lässt und die zuvor herausgegeben Dekrete eh von den zuständigen Mandarinen ignoriert werden, lässt er sich ohne Widerstand festnehmen. Er schien gerade auf diesen Moment hingewartet und hingearbeitet zu haben; geniesst die Position im Mittelpunkt mit sichtbarem Stolz.
Wang Wu [ Chen Kuan Tai ] ist zwar aus anderem Holz geschnitzt, aber verliert den anfänglichen Sympathiezuspruch auch beizeiten. Er lässt sich von Tan um den Finger wickeln, und so wie seine Mitstreiter auf den tatkräftigen Kämpfer im Hintergrund reduzieren. Ihm geht es um Freundschaft und Treue; sicherlich auch ehrbare Gründe, aber Gedanken um was und Für und Gegen wen und warum er kämpft macht er sich nicht wirklich. Er folgt Tan.
Dieser Prozess geht einher mit einem Überwechseln in verschiedene dramatische Gattungen. Vorgegebene Muster von male bonding und Rache werden gegen Aussageintentionen, debattenhafte Auseinandersetzungen und Realitätsexegese durchgesetzt. In der ausgeprägten Künstlichkeit des Geschehens und dem Ineinandergreifen von öffentlichem und privaten Bereich gelten die spontanen Freuden des Lebens als Wert. Tan und Wang Wu schliessen so schnell eine tiefinnige Verbindung ab, dass man in ganz neuartiger Weise darauf aufmerksam macht, wie sehr historischer Verlauf von persönlichen Veranlagungen und Entscheidungen abhängen kann. Frauen sind dabei grundsätzlich neben-, wenn nicht gar unwichtig und haben im männlichen Narzismus mit sich selbst beschäftigter Individuen keinen Platz.
Letztlich ist man dann schon dankbar, dass das storytelling noch andere Faktoren als romantische Unsachlichkeit aufwirft und frei von rhetorischem Gepränge die Laufzeit auch immer so im Blick behält, dass es nicht langweilig wird und wenigstens einige Wirkmomente gesetzt werden können. Diese sind zwar teilweise etwas hanebüchen, aber tauchen dann wenigstens passenderweise immer zum ungünstigsten und damit antreibenden Moment auf. So hat Wang Wu in dem rachsüchtigen "Iron Fist" Yan Feng [ Lo Dik ] seine persönliche Nemesis am Hals, während er sich gleichzeitig darum kümmern muss, dass Busenfreund Tan nicht doch noch den eitlen Kopf verliert.
Ein Tribunal und Tribüne wird diesem nach der Verhaftung nämlich nicht mehr geboten, Cixi liess die "Verräter" ohne Gericht öffentlich töten.
Die Zeit läuft also ohne pathetische Meditation; das wissen die Tan bewachenden Offiziere und das weiss auch Wang Wu, der sich schleunigst um eine Befreiung kümmern muss.
Folglich läuft man dementsprechend nach der Hälfte zu einem Todeskommandounternehmen auf; leider nicht in der Formation, die die amerikanischen oder britischen Filmemacher in den 60ern und dem gleichen Zeitraum Anfang der 70er so perfekt beherrschten.
Planung fällt ebenso schwach wie eine taktische Vorbereitung, es werden keine Notfallmissionen vor- oder nachgeschoben, kaum rekrutiert und auch sehr unzureichend für identifizierbares Kanonenfutter in den eigenen Reihen gesorgt. Selbst die drängende Uhr, sonst immer ein eminent wichtiges dramaturgisches Mittel fehlt hier; genauere Zeit - und Ortsangaben wurden komplett vernachlässigt. Dennoch findet die Handlungskurve in dem Überfall auf die Wachtruppe ihren Höhepunkt; die Spannung wird gesteigert und wirksam auf seine Fusion mit dem Höhepunkt vorbereitet. Die Rebellion nimmt konkrete Formen an - Wang Wu und seine zahlenmäßig überschaubaren Gesellen scheinen es in einem Gemetzel gegen die drei Beiyang-Armeen auf einmal aufnehmen zu wollen. Diese erste grössere Actionszene bleibt aber die einzig wirkliche und löst sich auch bereits 25min vor dem Ende auf; der folgende Anschluss ist nur eine unsinnige Rachegeschichte auf kleinem Rahmen.
Schlimmer noch: Yan Feng trägt seinen Spitznamen zu Unrecht, muss dreimal gegen Wang Wu antreten und verliert auch dreimal von Beginn weg, ohne je nur den Hauch einer Chance zu haben. Das ganze Geplänkel ist also ziemlich unsinnig und lässt nicht nur den Showdown, sondern schon vorher Manches an Potential den Bach der Verschwendung fliessen.
Eine dominierende Rolle spielt man deswegen nicht, so dass man besser bedient ist, auf anderes Chang Cheh Material auszuweichen. Und sei es nur, weil dort zwar auch oft formelhaft, aber mit wesentlich mehr Stars und Aufwand [ = Action ] gestrickt wird.
Als gehaltlloses Zwischendurch mag man genügen.