Review

Season 3

Season 3

So schnell kann es gehen. Gerade noch herrschte Euphorie darüber, dass es einer Special-Interest-Serie wie „Ash vs Evil Dead“ überhaupt gelingen konnte, sich in eine dritte Staffel zu schleppen, da wird sie doch eingestellt. Es war ohnehin von Beginn an ein Spiel auf Zeit, das Damoklesschwert der möglichen Einstellung baumelte über jeder einzelnen Episode. Dem Sender Starz mag man nicht einmal Vorwürfe machen. Wenn kurz vor dem Staffelfinale von 2500 Amerikanern nur noch einer einschaltet, gibt es kaum Argumente für eine Verlängerung (außer vielleicht, die virale Verbreitung auf dem globalen Markt abzuwarten).

Womöglich ist es auch gut so. Die Autoren, die offensichtlich heiße Nadeln als Schreibinstrumente zur Verfügung gestellt bekamen, müssen sich angesichts der sinkenden Quoten schon fragen lassen, weshalb sie kurz vor Ladenschluss auf ein teures Zukunftsszenario hinarbeiten, das man in einer hypothetischen vierten Staffel im Leben nicht hätte stemmen können, ohne in absoluten Megatrash der Marke „Escape From L.A.“ - Campbell dürfte sich erinnern – abzusinken. Möglicherweise stand das Ende der Serie zu diesem Zeitpunkt schon fest und man wollte die letzte Munition noch verschießen, anstatt sie in die Kiste zurückzulegen. Das ist sympathisch, aber irgendwie sinnlos. Wenn das nämlich jetzt schon alles gewesen sein soll, wäre eine intime Sauerei auf glitschigen Metzgerfliesen, einem dunkel gefärbten Holzboden oder Tannennadelbett vermutlich ein schöneres Goodbye gewesen, auf Augenhöhe mit den Fans. So beachtlich der gigantische Über-Troll in der letzten Episode auch animiert sein mag für eine Serie dieser Preisklasse, der Kampf zwischen diesem Deadite-Zilla und Ash ist gerade so unpersönlich wie die Schussdistanz zwischen Panzerlauf und Monsterhaut an Spannweite misst. Bruce Campbells Slapstick lebt eben eher vom Körpervollkontakt, dem beherzten Griff in die Box(ershorts) der Pandora, ohne sich darum zu scheren, was an seiner Hand hängt, wenn er sie wieder herauszieht (eine hat er ja ohnehin längst schon verloren).

Dieser Kritikpunkt betrifft aber nur das Finale, denn grundsätzlich hat die Serie ihr Mojo nicht verloren. Es hagelt Deadites, wohin das Auge blickt, eines hässlicher als das andere. Gesplattert wird mit einem hohen Prozentsatz an Handgemachtem. Die Story hat wieder relativ wenig zu melden, was zu den üblichen Problemen mit Pacing und Füllsequenzen führt; wer sich mit den ersten beiden Staffeln arrangieren konnte, wird das auch hier verschmerzen können. Immerhin bekommt man im Gegenzug die volle Kante Kreativität, versteckt in kruden Details und schreiend abwegigen Einfällen, bei denen man sich an den Kopf fasst und sich fragt, wie das menschliche Gehirn überhaupt in der Lage sein kann, sich so etwas auszudenken. Es gelingt tatsächlich irgendwie, den legendären Kampf Ashs mit einer kopflosen Leiche aus Staffel 2 in Sachen Widerwärtigkeit und Choreografie noch zu übertreffen. Elastisch spannt sich das Sperma in der Kryoklinik zwischen versifftem Boden und ausgestreckten Händen, ein Gesicht wird unter den Saiten einer Harfe zerteilt, als würde der Sushi-Koch persönlich Hand anlegen. Ein Smartphone wird nicht ganz ohne Seitenhieb Richtung moderne Kommunikationstechnologie zur quäkenden CGI-Comicfigur. Pablos Gesicht wächst aus Kellys Wade. Und diese korpulente, biologisch abbaubare Behausung eines Kinder-Dämons sowie Ashs Taktik, diesen im eigenen „Haus“ einzusperren... man fragt sich, was das wohl für verrückte Dreharbeiten gewesen sein mögen. Ganz besonders für das Kind.

Was der Serie nach wie vor ganz herausragend gelingt, ist eine Balance zu wahren zwischen Comedy, Horror und reiner Groteske. Das Creature Design und dessen Ausleuchtung kann manchmal ganz schön creepy wirken, aber auch albern zum gleichen Zeitpunkt. Brillant die Vorbereitung einer Beerdigungssequenz, bei der man unter Schmerzen des Fremdschämens bereits vorausahnt, wie Ash diese Party völlig ruinieren wird. In solchen Momenten kommt immer noch der alte Raimi-Geist durch. Es fällt aber auch auf, wie sich Regie, Schauspieler, Maskenbildner und alle anderen Beteiligten schon immer mehr anstrengen müssen, um diesen zu erhalten. Die Neuzugänge Arielle Carver-O'Neill (als Ashs Tochter) und Lindsay Farris (als Ashs ritterlicher Bewunderer) haben sichtbare Probleme, Zugang zu dem Chaos zu finden, in dessen Mitte das eingespielte Dreieck aus Bruce Campbell, Dana Delorenzo und Ray Santiago seine Runden im Kampf gegen Lucy Lawless zieht, die bitchig wie eh und je als Hauptgegnerin ihre blutigen Spuren hinterlässt. Dass die Serie völlig losgelöst von allen Regeln schalten und walten kann, die für „normale“ Serien gelten, ist Fluch und Segen zu gleich. Es erlaubt abstruse Drehbuchwendungen, die so abwegig sind, dass kein nüchterner Produzent sie durchwinken würde, und doch akzeptiert man sie wie das Einmaleins in der Schule. Andererseits ist inzwischen schon ein Punkt der Sättigung erreicht. Alles, was hier noch kommen kann, sind Variationen, kaum mehr Steigerungen. Schuld ist das hohe Tempo der ersten beiden Jahre.

Elk Grove fällt im Zuge dessen kontinuierlich auseinander. Mit Ashs Eröffnung seines Eisenwaren- und Sexshops (brillant) sind Tür und Tor geöffnet für den Einbruch des Surrealen, mit düsteren Stürmen und Besuchen in einer grün gefilterten Parallelwelt. Im Grunde beginnen damit auch die Probleme. Je weiter sich die Handlung in Fantasy-Gefilde verlagert, desto weniger greifbar ist sie als Ganzes. In einzelnen Sketch-Ausschnitten weiß jede der zehn kurzen Folgen dennoch glücklicherweise massig Highlights aufzufahren; sie sind aber inzwischen eher Strohhalm in einem aus der Form fallenden Konzept, was sich spätestens im Ausblick auf das (jetzt nicht mehr) Kommende nicht mehr übersehen lässt.

Deswegen ist es völlig in Ordnung, an dieser Stelle einen Schlussstrich zu ziehen. „Ash vs Evil Dead“ ist schon der Anlage nach eher eine getunte Sternschnuppe mit dem Kerosinverbrauch einer Rakete, weniger ein Slowburner. Es dürfen sich aber generell gerne mehr Serien ein Beispiel an der Risikobereitschaft nehmen, mit der nun endlich auch mal ein Nischenpublikum satt bedient wurde.

That's All, Folks!

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