Gott schütze das Fernsehen!
Ich habe jetzt den Einstieg in "Ash vs Evil Dead" gemacht. Eigentlich wollte ich nur die Wartezeit, bis die Kartoffeln gar sein würden, überbrücken. Aber selten habe ich eine so vergnügliche halbe Stunde gehabt.
Wo das Kino derzeit mit dem enormen Erfolgsdruck zu kämpfen hat und ein ums andere Mal langweilige Filme der Marke "Nummer sicher" auf uns loslässt, lässt Sam Raimi sein kindisches Splatter-Franchise aus der Mottenkiste. Die größeren Freiheiten und Konkurrenzen in Bezug auf Extravaganz im TV-Bereich passen dazu wie Dill zu dem Lachs, den es zu den Kartoffeln gab! Überdreht, teils albern, oftmals schreiend komisch und ohne Rücksicht auf Verluste gehen die Macher zu Werke.
Hier finden Freunde der Originalfilme endlich eine entsprechende Fortsetzung, die das, meiner Meinung nach vollkommen verunglückte, Remake egalisiert.
Bruce Campbell spielt auf, als ginge es auch real um sein Leben. Zudem ist diese Entwicklung zu einem, wenngleich sympathischen, Schmierlappen wahnsinnig unterhaltsam. Wenn die Anzahl an Lachern beibehalten wird, haben wir es hier mit einer Serie der Superlative zu tun.
Zudem wird so ausgiebig gesplattert, dass das beschlagnahmte Original deutlich überholt wird, auch wenn dort die Gewalt weniger comichaft wirkte.
Und neben dem heute wohl unverzichtbaren CGI wird auch noch vereinzelt handwerklich gearbeitet! Welch Freude! Die bewusst überzeichneten Effekte verstärken dabei dann den herrlich trashigen Charakter, der sich wirklich von der ersten bis zur letzten Sekunde durch die Folgen hindurchzieht.
Der Pilot hinterlässt insgesamt den Eindruck, als hätte Raimi totale Narrenfreiheit gehabt. Das ist freilich nur eine gute Nachricht, wenn man seine eigenständig gewuppten Filme mag. Sollte man Raimi nur von den Spiderman-Filmen der Nuller-Jahre kennen, die strengen Kontrollen des Studios unterlagen und sowieso von vornherein nicht viel Raum für Fans vom Frühwerk boten, könnte das alles etwas zu viel sein. Verbindet man mit Raimi jedoch in erster Linie "Tanz der Teufel" und "Armee der Finsternis", führt kein Weg an dieser Serie vorbei! Ein sehr guter Pilot. Und weiter gehts!
Die weiteren Folgen bleiben der Machart dann treu, wobei es je nach Geschmacksschwerpunkt Aufs und Abs gibt, ohne jedoch wirkliche Ausreißer bereitzuhalten. Eine Besonderheit bietet der jeweilige thematisch passende Soundtrack, der einige vergessene Perlen der Musikgeschichte integriert. Neben dem eröffnenden "Spacetrucking" von Deep Purple sind mir besonders "Free Your Mind ... And Your Ass Will Follow" von Funkadelic und "Stranglehold" von Ted Nugent ins Ohr gekrochen.
Insgesamt hat man nach dem Wiedersehen mit einer liebgewonnenen windschiefen Hütte und dem passenden Abschluss der Staffel 1 das Gefühl, als hätte man einen fünfstündigen vierten Teil der Evil-Dead-Reihe gesehen. Ich freue mich nach der Ankündigung einer zweiten Staffel bereits auf ein weiteres Wiedersehen mit Bruce Campbell. Auf dieses hier hat man viel zu lange warten müssen!
P.S.
Wenn ich nach dreißig Jahren endlich eine funktionstüchtige Handprothese bekäme, wäre meine erste Geste eben die aus Folge 5! Mein persönlicher Höhepunkt einer extrem unterhaltsamen Serie!