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Verwaiste Fabrikgelände, Bahnhöfe, Heime, Bunker, Villen oder Krankenhäuser, - wer solche Räumlichkeiten schon einmal betreten hat, spürt förmlich die Geschichte des Gebäudes. Auch für Filmemacher stellt die Wahl des Schauplatzes eine wichtige Entscheidung dar, vor allem, wenn es um eine finstere Vergangenheit geht.

Das Aufräumteam um Live hat drei Tage Zeit, das ehemalige Sanatorium in Villmark zu inspizieren, Proben zu nehmen und Schriften für Archive zu sondieren. Der Hausmeister Karl ist wenig behilflich, es werden diverse Lecks aufgetan, bis jemand einen Schwerverletzten entdeckt, der kurz darauf stirbt. Anstatt die Polizei zu informieren, sucht das Team auf eigene Faust nach Wahrheiten. Ein fataler Fehler...

Regisseur Pål Øie drehte ein relativ eigenständiges Sequel zu seinem „Dark Woods“ von 2003, welches bis auf einen Querverweis zum Zweiten Weltkrieg nichts mit dem Vorgänger gemein hat, jedoch deutlich an „Session 9“ erinnert und einige Parallelen aufweist.
Leider fallen die Figurenzeichnungen mager aus, selbst von Teamwork ist die Truppe weit entfernt, da die meisten egoistisch vorgehen und trotz Funkkontakts eigene Wege beschreiten, die oftmals ins Verderben führen.

Großer Pluspunkt des Treibens ist indes das heruntergekommene Sanatorium mit vielen Korridoren, Verschlägen, Treppen und Kellergewölbe. Rund 300 Räume erstrecken sich über 6200 Quadratkilometer, was jedoch von außen betrachtet deutlich kleiner wirkt. Dennoch gelingt es Øie, eine intensive Atmosphäre zu schüren, die lediglich kurz von einem modernen Popsong unterbrochen wird. Verstärkt wird die latent bedrückende Stimmung durch die natürliche Sounduntermalung, primär mit lauten Geräuschen innerhalb der angespannten Stille, etwa, als jemand auf ein Metallrohr hämmert, was viele Räume weiter noch zu hören ist.

Hinzu gesellen sich im Verlauf einige mysteriöse Erscheinungen, welche zunächst nicht klar einzuordnen sind. Aufgrund der Vorgeschichte eines verunglückten deutschen Fliegers im angrenzenden See könnte es sich um Geister handeln, hinsichtlich des dubiosen Hausmeisters wären auch reale Gestalten denkbar. Leider tritt die Geschichte im Mittelteil ein wenig auf der Stelle, über kurz erscheinende Schemen kommt der Spuk nicht hinaus, während vermehrt Genreversatzstücke und Klischees auszumachen sind. Angefangen von Kinderzeichnungen an der Wand über uralte Kinderlieder bis zu den verbotenen Experimenten.

Interessant ist immerhin die Einbindung von Found Footage, ohne dass dies jemals die Oberhand gewinnen würde. Mit der Zeit werden einige versteckte Wildkameras gefunden, zudem wird Material auf einer Handkamera gesichtet, wogegen die vergangenen Ereignisse im Sanatorium allenfalls angedeutet werden. Es heißt, Menschen hätten eine höhere Überlebenschance, wenn sie im Dunkeln sehen könnten.

Doch ganz zappenduster wird es glücklicherweise nie, Farbgebung und Ausleuchtung sind auf einem erfreulich soliden Niveau, gleiches gilt für Kamera und Schnitt. Darstellerisch ist hingegen keine Leuchte auszumachen, Reinfälle gibt es allerdings auch nicht, was nicht zuletzt dem grundsoliden Make-up geschuldet ist.
Die grandiose Kulisse ist bereits die halbe Miete, die andere Hälfte will hingegen nicht sonderlich überzeugen, denn hier mangelt es an Spannung, originellen Einfällen, etwas mehr Härte und sympathischen Charakteren. Im Direktvergleich zu „Session 9“ zieht vorliegender Streifen klar den kürzeren.
5,5 von 10

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