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Nach „Rocky Balboa“ hat wohl kaum jemand damit gerechnet, Sylvester Stallone noch einmal in der legendären Rolle des mittlerweile alten Mannes zu erleben, doch das Warten hat sich gelohnt. Regisseur und Co-Autor Ryan Coogler gelingt der Spagat zwischen Nostalgie und frischem Wind, zwischen emotional packenden Momenten und toll choreographierten Kämpfen.

Adonis Johnson (Michael B. Jordan) ist der uneheliche Sohn von Apollo Creed, welcher vor dessen Geburt im Ring verstarb. Er zieht von LA nach Philadelphia, um von Rocky Balboa (Stallone) persönlich trainiert zu werden. Doch der Underdog will nicht im Schatten seines berühmten Vaters stehen, weshalb er die wahre Identität auch vor seiner Freundin Bianca (Tessa Thompson) geheim hält…

Was muss dieser Jordan trainiert haben, um tatsächlich wie ein Halbschwergewicht kurz vorm Titelkampf auszusehen. Diese Torturen blieben Sly erspart, zumal er hier nur als Trainer fungiert und mittlerweile nicht nur mit den Verlusten geliebter Menschen, sondern auch mit eigenen Gebrechen zu kämpfen hat. Hinzu gesellt sich eine Liebesgeschichte, welche zuweilen ein wenig zuviel Raum einnimmt, obgleich die beiden ein sympathisches Paar abgeben und auch die Fights und primär die Trainingseinheiten hätten etwas mehr im Fokus stehen dürfen.

Rundum gelungen ist jedoch, den Spirit der ersten Rocky-Filme zu erwecken, nicht nur wegen der Hühnerszenen. Es gibt zahlreiche Verweise auf vorangegangene Teile und spätestens, als kurze Segmente der Originalmusik von Bill Conti zu hören sind, werden Erinnerungen lebendig. Schade, dass der eigentliche Score häufig im Bereich Hip Hop herumdümpelt und diesbezüglich einige Dynamik vermissen lässt.

Das gilt allerdings nicht für die Kämpfe, die mit viel Drive in Szene gesetzt sind. Diverse Cuts sehen täuschend realistisch aus und auch ein zugeschwollenes Auge schreit förmlich nach Eiswürfeln. Die Kamera ist stets nah am Geschehen, es entsteht nie Hektik und dennoch sind die Moves kraftvoll und vor allem realistisch ausgefallen, was nicht zuletzt an den Profiboxern Andre Ward und Ricky Conlan liegt. Doch auch hier punktet die physische Präsenz von Jordan, der sich flüssig bewegt, gute Beinarbeit leistet und einen technisch einwandfreien Jab schlägt.

Anbei ist Stallone im Laufe der Jahre immer besser geworden, besonders die ruhigen und besonnenen Momente liegen ihm, während der leise Humor bewusst auf old school getrimmt ist und Fans der Reihe sehr entgegenkommt.
Jene sollten sich dieses Boxerdrama nicht entgehen lassen, obgleich die Erzählung auf altbekannten, erzählerischen Pfaden wandelt und kaum eine Überraschung mit sich bringt.
Eine liebevolle Hommage mit viel Charme und gleichzeitig ein Neuanfang, bei dem es nachfolgend schwer werden dürfte, Stallone noch einmal zu überreden.
7,5 von 10

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