Der alternde Klatschreporter Fox (Curd Jürgens in einer Paraderolle) heiratet seine junge Geliebte Gertrud (Ingeborg Schönberg). Zuvor hatte er einen lebensbedrohlichen Herzanfall gehabt und Gertrud war seine Krankenschwester. Fox hat einen Ruf als Schwerenöter, der keine Party, keine Frau und kein Glas Alkohol ausließ. Nun will er ein neues Leben mit seiner jungen Frau beginnen, doch schon bald holt ihn seine Vergangenheit ein und droht nicht nur seine neue Liebe zu schädigen, sondern Gertrud verändert sich immer stärker und ist frustriert über dieses Leben…
Was für ein Film! Von dem alten Fassbinder-Mitarbeiter Ulli Lommel 1975 als deutsch-französisch-italienische Koproduktion in Rom gedreht, ist „Der zweite Frühling“ ein eleganter, irritierender, melancholischer, ironischer Abgesang auf die verlorene Jugend, auf einen schwierigen Neubeginn und bohrende Ängste.
Fox lebt immer noch gut von seinem Ruf, ein Frauenheld gewesen zu sein und in einer Szene demonstriert er dies auch deutlich, allerdings nicht mit seiner neuen Frau. Im Lauf des Films wirkt er immer mehr wie aus der Zeit gefallen. Er fährt immer noch mit seinem auffälligen Ami-Schlitten durch Rom, aber an sich passt der gar nicht mehr zu jemanden, der in Ruhe sein neues Glück genießen will. So will er ihn auch beiläufig verschenken, aber der Beschenkte will ihn gar nicht.
Gertrud ist am Anfang ein sanftes, fast naives Lämmlein, aber ein, zwei Beobachtungen lassen sie zu einer berechnenden, rachsüchtigen Frau werden…wobei ihre Rache hart, aber verständlich ist.
Der Film ist auch sehr wenig deutsch, er ist vielmehr zahllosen französischen oder italienischen Melodramen jener Zeit verpflichtet. Verstärkt wird dies durch die wunderschöne Musik von Stelvio Cipriani und die fast schon sarkastische Gesangsnummer mit Eddie Constantine am Ende unterstreicht den bitterböse Unterton des Films.
Star ist unbestreitbar Curd Jürgens und die Szene in der Sauna, wo er lakonisch mit seinem Freund, dem Rechtsanwalt, über Sex NICHT redet, ist zum Schreien. Er hat Mut zur Nacktheit in dem Film, aber zum Glück nie zu peinlich und angeberisch. Eine in jeder Hinsicht schöne Überraschung war jedoch auch Ingeborg Schönfeld, die nicht nur bildhübsch, sondern auch ganz talentiert war. Schade, dass dies ihr einziger Filmauftritt blieb. Ich habe mich gefragt, warum? Zu traumatisch, zu langweilig…oder war es von vornherein als einmaliger Ausflug vorgesehen?
Eine Sache hat mich zum Nachdenken angeregt und gleichzeitig irritiert, ich habe aber noch keine Antwort darauf gefunden: wieso essen alle Beteiligten im Film immer Obst? Äpfel, Bananen, Oran-gen…geht es um das Paradies, darum, einfach um gesund zu leben (dann hätte aber nur Fox das Obst essen müssen)?
Egal, wie man spekuliert: „Der zweite Frühling“ war für mich einer der besten Filme, die ich je auf dem „Besonders Wertlos“-Festival in Köln gesehen habe (danke dafür an die Organisatoren!) und ich hoffe sehr, dass uns demnächst mal eine Veröffentlichung bevorsteht. Subkultur, bitte übernehmen. 8/10.