Ein konspiratives Treffen im Wald: Eric (Guillaume Gouix), ein bärtiger Enddreißiger, gerade frisch aus dem Knast gekommen, muß seine Fähigkeiten demonstrieren, um bei einem Coup dabei zu sein. Es geht darum, einen Geldtransporter zu überfallen, wobei seine Sprengstoffkenntnisse gefragt sind. Kurz danach macht sich das Kleeblatt auf den Weg: Unter dem Kommando von Yanis Zeri (Sami Bouajila) gelingt der Überfall (routiniert abgefilmt mit Frontal-Rammstoß, Sprengloch und Tränengasgranate) und auch die Beute (Blanko-Pässe) wird schnell und problemlos an den Mann gebracht. Nachdem der Fluchtwagen abgefackelt wurde, sind nur noch die Tatwaffen an einem Stauwehr zu versenken. Der damit beauftragte kleine Bruder von Yanis allerdings will seiner Freundin mit einer Breitling-Uhr imponieren und verkauft eine Pistole - womit die Probleme anfangen. Denn der Käufer der Waffe, ein Drogendealer, wird geschnappt und wandert in den Bau - wofür dessen Gang eine Kompensationsleistung von Yanis verlangt.
Der französische Heist-Movie Im Auge des Wolfes kommt erfreulich schnell zur Sache und zeigt die marokkanisch-französische Gang hauptsächlich bei der "Arbeit" - in kurzen Szenen werden der charismatische Anführer Yanis und seine Truppe aber auch privat gezeigt. "Die Kohle und die Weiber sind mir egal, aber bei Geldtransporten, da geht mir einer ab" beschreibt er sich einmal selbst - ebenfalls eher untypisch für einen Berufs-Kriminellen ist Yanis, der stets überlegt und ruhig agiert, mit einer französischen Geigerin liiert, die von seinen kriminellen Machenschaften allerdings nichts wissen will. Genausowenig wie seine Mutter übrigens, die schon seit längerer Zeit mit ihrem Ältesten gebrochen hat und sich nur um den jüngsten Sohn und dessen Schwester sorgt. Diese wiederum ist mit einem weiteren Gangmitglied befreundet und betreibt einen Friseursalon zwecks Geldwäsche. Als Yanis den Fehler seines kleinen Bruders, eine "heiße" Waffe verkauft zu haben, mit einem Überfall auf eine konkurrierende Drogen-Gang kompensieren will, springt der Freund der Schwester ab. Die verbleibenden Gang-Mitglieder ziehen die Sache zwar durch, haben allerdings Verluste - und die beauftragende Drogen-Gang hält sich auch nicht an die versprochene Gegenleistung, Yanis´ Truppe dafür in Ruhe zu lassen...
Der deutsche Titel Im Auge des Wolfes (im französischen Original braqueurs für Räuber, Diebe, Plünderer) soll wohl das Wagnis versinnbildlichen, daß die Geldtransport-Spezialisten sich mit dem verlangten Überfall auf einen Drogen-Kurier auf ungewohntes, unsicheres Terrain bewegen - was dann im Endeffekt zur Auflösung von Yanis´ Gang führt, die sich zu vielen Gegnern gegenübersieht. In ordentlichem Tempo entwickelt sich die Geschichte immer weiter, bis zu dem Punkt, an dem die bisher sorgfältig aufgebauten Strukturen in einer überstürzten Flucht enden. Wollte man Regisseur Julien Leclercq einen Vorwurf machen, dann eigentlich nur den, daß der Film keinen wirklichen Höhepunkt besitzt und auch kein pointiertes Ende - irgendwann ist es eben vorbei. Die (ungewöhnlich kurzen) 80 Minuten, die dank rasanter Action mit jeder Menge Shoot-outs und Autocrashs wie im Flug vergangen sind, hätten durchaus mit einigen Szenen (gerne auch ruhigeren Charakters) verlängert werden dürfen - besonders den Schluß hätte man damit noch etwas aufwerten können. Dennoch bleibt Im Auge des Wolfes ein sehenswerter Thriller, der den Vergleich mit entsprechenden US-Streifen nicht scheuen muß. 7,5 Punkte.