Regisseur und Hauptdarsteller Chen Kuan-Tai geht in seiner Vierten von Sechs autarken filmischen Arbeiten zumindest vom Thema und damit der Ausgangsidee und vorbereitenden Ausführung in lästiger, aber auch unentbehrlicher Ehre auf Nummer Sicher. Verwendet er mit dem Stoffgebiet von Einem, Held eines Sensationsromanes, der sich in der Unterwelt ganz nach oben zum Big Boss von Shanghai schuftet und alle Durchgangsstationen auf Gegner in eigenen Reihen und Stolpersteine der äußeren Konkurrenz trifft, allgemein und auch speziell bekanntes Terrain, ein einstudierter Kernbestand aus der Unterabteilung des historischen Gangsterdramas. Sind doch seine mit bekanntesten, nahezu als Fabrik- und Schutzmarke seiner Filmographie fungierenden Man of Iron in der zweiten Bearbeitung und Boxer from Shantung in der ersten mit die heimischen Musterbeispiele dieses Schemas und werden diese Präzedenzen des schmerzhaften Erkenntnisweges in erneuter Retheatralisierung hier auch gar nicht sonderlich modernisiert oder sonstig entscheidend variiert, sondern nur noch einmal auf die selbe Weise in nahezu wörtlicher und bildlicher Übertragung erzählt.
Die Gesamtheit des orthodox interpretierten Geschehens inklusive der vielleicht erklärenden Charakterisierung und ebenso einschließlich der daraus hervorgehenden und wiederum für die Ereignisse beruhenden Motivation ist auch als derartig wertbeständiges, aber gleichfalls rudimentäres Resümee aus dem Klassikerfundus gehalten, dass der vom szenischen Prunk befreite Aufriss mit wenig eigener Note zuweilen auch wie ein Überbleibsel an no good shots aus eben den Vorgängern erscheinen mag. Das Bewahren der überlieferten Ideen als ein unüberwindliches Hindernis der eigentlichen Anerkennung. Wohl wissend um diesen materiellen Durchzug aus Ausdrücken und Anspielungen wird sich auch gar nicht großartig darum gekümmert, den ganzen luftigen Unterbau auch nur irgendwie nach stützenden Seiten hin zu unterfüttern, sondern auf die überlegene Qualität der koloristisch üppigen Originale verwiesen und sich einfach auf das begnügt, was man wohl nicht nur der eigenen Meinung nach am Besten kann. Die Formalaggression:
Arm geboren und arm gestorben.
Wong Chun Yung [ Chen Kuan-Tai ] will zwar nicht so enden, aber auch keine unlauteren Machenschaften eingehen und die Leute anders als sein Freund und Partner Cheung Fu Sum [ Jimmy Lung Fong ] auch nicht zum eigenen Vorteil über den Tisch ziehen. Als Beide dem Taschendieb Ah Sam [ Cheng Kang-Yeh ] zur Hilfe kommen, der von dem schnöseligen Geldhahn Wang Hung [ Shut Chung-Tin ] malträtiert wird und Cheung dabei einen von Wangs Handlangern tötet, fliehen sie mit dem Zug nach Shanghai, wo schnell die nächsten Schwierigkeiten auf sie warten. Nach aufgenommener Arbeit am Pier geraten sie mit dem Finanzier Tao Gun [ Chan Wai-Lau ] wegen Benachteiligung bei der Lohnausgabe aneinander, so dass Wong flugs selber von Boss Fan Ah Tou [ Lee Ho ] das Kommando über die Angestellten übernimmt und das Geschäft zwar mit eiserner Hand, aber ebenso viel Gerechtigkeit und Anstand führt. Die französische Besatzung, die das Teilgebiet der Stadt lizenziert hat, freuts. Den Briten, die die andere Hälfte an Boss Lam Kin See [ Chan Sing ] vermietet haben und mehr an Waffen und Drogen statt gewöhnlichem Güterverkehr interessiert sind, weniger. Und auch Cheung passt die Rolle als ständige Nummer Zwei nicht mehr, er will selber auf dem dicksten Sessel der Stadt Platz nehmen.
Das angenehm trockene, da bodenständig effektive Prügeln ohne lange Vorrede oder andere wortbestimmte Ansprachen symbolischer Überhöhung wird oft, nahezu durchgängig eingespeist, dass man der nüchtern aufgezogenen Nonstop-Action in Spendierlaune zwar keinerlei Spannungsmoment bzw. überwältigende Gaumenfreude oder Augenweide zugutehalten kann, aber immerhin das Bemühen würdigen muss, sich mangels Drehbuch in größter Zuversicht eine anderweitige und sogar nahe liegende Legitimation statt einer missglückten rhetorischen Übung gesucht zu haben. In Aufwand und Perspektivität eingeschränkt, aber von besonderer geschäftiger Regsamkeit, gesunder Kraftfülle und dem einnehmenden Drang zum Elementaren angestachelt wird sich keine 5min ohne den sprudelnden Extraschwung der fliegenden Fäuste begegnet und so sämtliche Dialoge und Monologe von Rechtfertigungen, Widerlegungen und insbesondere Streitigkeiten auf dem eigentlichen Schaupodest noch einmal in Gebärdensprache vermittelt. Eine Szene findet sogar komplett in stummer Pantomime statt, um dann erneut in einen erbitterten Kampf auszubrechen und als Teilergebnis die nächste Haltestelle der Entwicklungsstufe, diesmal ein Restaurant zu verwüsten. Die klassizistische Dramaturgie in Teilübersetzung in einer Privataufführung, die das Irisierende, das Irritierende, das Störende und das Umherschweifende vollständig ablehnt und stattdessen die Heraushebung einzelner Situationen und Leidenschaften in Augenschein nimmt. Auch eine Methode, dem Engpass der eigenen Raum- und Spielfantasie trotzdem entsprechenden bühnentechnischen und bildkünstlerischen Nachdruck zu verleihen.
Die Zeiten ändern sich, und die Personen in ihr gleich mit.
Nur Wong ist und bleibt ein Relikt aus einstmals besseren Tagen, ein schon zu verfestigtes Urgestein, dessen Devise der altehrwürdigen, schon lange nicht mehr aktuellen und auch nicht mehr gefragten Nächstenliebe samt zugrunde liegender Sittenlehre auch noch dann erhalten bleibt, wenn ihm die harte Fatalität der Wahrheit schon mit Messern in die Haut geritzt wurde. Sein monolithisches Beharren auf der persönlichen Läuterung und Cheungs schiefer Fortschritt in der gesellschaftlichen Erneuerung trennt zwei Leute, die es sonst nur eng verschweißt im Doppelpack gab. Denn Wong ist ein rechtsfrommer Prediger, der lieber gibt als nimmt und lieber Freunde als Feinde machen will, aber nicht sieht, dass wahrlich nicht Jeder genauso denkt und er sich für seine Symbolpolitik einer uniformen Parität und Gleichschaltung der Gesinnung auch das komplett falsche Metier ausgesucht hat. Die eindrucksvollsten Aufnahmen des erstaunlich menschenleeren, in Braun und Beige gehaltenen und zwischen Nebengassen und Geschäftszimmern schwankenden Shanghai stammen vom Hafen. Vorne im Bild die kalte Logik der Kolonialisierung und Globalisierung, in dessen Quelle die schwere Artillerie der Kriegsmarine gleich neben der Handelsflotte parkt. Hinten, auf der anderen Seite des Ufers, dort wo Wong herkommt und auch wieder hin will oder zumindest mit seinen Ansichten hingehört, die ferne Skyline altehrwürdiger Tempel und Pagoden.
Auch der Film ist ein abgeschiedenes ausgefallenes Vergangenes, mehr Obskurantismus statt Gigantomie, wie ein ehemals blühendes, aber nun ausgepumpt und trockengelegtes Sumpfgebiet, dass in höchst schätzbaren, aber nicht immer erfolgreichen Bemühungen als das kaschiert werden soll, was es niemals wieder sein wird. Die Handlung spielt zwar mit dem Ahnenstolz, dem gründlichen Ernst des Auffassens und der Pedanterie der Wiedergabe bekannter Versatzstücke und möchte sich auch gerne wie seine Epigonen den Anschein des Epos geben, als Abschluss einer Trilogie zu Ehre und Bedeutung gebracht werden, kann aber trotz aller Versuche niemals verbergen, dass diese Anhäufung von Erbmasse aufgrund fehlender innerer Autorität ein Anstrengen nach dem Unerreichbaren ist.