Extended Cut
Snyder bleibt der große Zampanò der überästhetisierten Bildsprache und erschafft so immerhin Werke mit geprägter Signatur, selbst wenn sie nur selten qualitative Höhen erreichen. Wer erinnert sich schon noch an die Regisseure wohlwollend angenommener Marvel-Werke wie "Guardians Of The Galaxy" oder "Return Of The First Avenger", doch "Man Of Steel" wird stets mit dem Namen Snyder verbunden.
"Batman v Superman" vielleicht sogar noch mehr, obwohl seine Trademarks ein wenig zurückgedrängt werden. Und das, wo Warner selbst noch gar nicht so recht weiß, wie es mit seinem Extended Universe eigentlich umgehen soll. Obwohl aber Christopher Nolans gefeierte "Batman"-Trilogie aus nachvollziehbaren Gründen – zu stark ist dessen Handschrift und Einfluss auf die Nachwelt – nicht zum besagten Universum gehören soll, orientiert sich Snyder ein wenig an dessen Realismusvorgaben und versucht wenigstens im Extended Cut, das bei Rückgriff auf einen "Superman" unvermeidliche Comic-Armageddon mit down-to-earth-Sequenzen zu kombinieren. So behandelt die erste Hälfte nicht nur das Finale aus "Man Of Steel" in beklemmender Inszenierung aus der Bodenperspektive Bruce Waynes (etwa so, wie "World War Z" Zombie- und "Krieg der Welten" Alien-Attacken inszenieren wollten und nicht konnten), sondern auch Themen wie Drohnen, Medien, Bürokratie, Polizeiarbeit und Zivilrecht. Dem Grundton von "Batman Begins", demjenigen Teil von Nolans Trilogie, der am meisten in der Phantastik verortet ist, nähert er sich von der anderen Seite aus kommend schon sehr an (tatsächlich erinnert die nur anfangs realistische Traumsequenz mit der Monsterfledermaus sehr an die durch Scarecrow verursachten Halluzinationen).
Bei der detaillierten Verortung und Positionierung der Charaktere vergisst Snyder jedoch ein ums andere Mal, dass es eigentlich um das Aufeinandertreffen zweier ungleicher Superhelden gehen soll. Nach dem gelungenen Auftakt dominieren zunächst Momente, in denen sich die Handlung so sehr in Details versteigt, dass die Einhaltung des Hauptfokus in Gefahr erscheint. Der Parallelaufbau der unterschiedlichen Wege der Titelrivalen ist nicht stark genug herausgearbeitet, um diesen Eindruck zu verwischen. Auch das erste Aufeinandertreffen der Alter Egos Bruce Wayne und Clark Kent ändert daran nichts, gleichwohl auf Lex Luthors Party auch Gal Gadot eingeführt wird, der trotz verhältnismäßig kurzer Screentime ein bewundernswerter Einstieg als Wonder Woman gelingt. Fast unsichtbar, ganz ohne irgendwelchen pompösen Tamtam mit Fanfaren und Trompeten, greift sie in die Haupthandlung ein, übt einen spürbaren Einfluss auf die weitere Entwicklung aus und zieht sich dann wieder bescheiden zurück – ein Eindruck, der sich durch Gadots Erscheinung bestätigt, hat sie doch im Gegensatz zu all den Amazonen der letzten Jahre einen Weg gefunden, Weiches, Weibliches, Beruhigendes mit Kampfgeist und Härte zu verbinden. Auch Jesse Eisenbergs Darstellung wird eher zu Unrecht als uneigenständige Joker-Variante bezeichnet. Auch wenn sein Charakter einige Nähen zu Heath Ledgers Figur aufweist,so speisen sich diese in letzter Instanz doch vor allem durch den Legendenstatus von Ledgers letzter Rolle und nicht etwa durch ganz konkrete Parallelen. Dass Eisenbergs Luthor manisch-psychotische Verhaltensweisen an den Tag legt, rettet die erste Filmhälfte letztlich über ihre Laufzeit, erweisen sich seine Auftritte doch als Farbtupfer in einem Handlungskomplex, der irgendwann Desinteresse zu wecken droht.
Die Gerichtsszene fungiert dann als Wendepunkt im Film und entfacht endgültig den Versus-Charakter, mit dem sowohl Batman als auch Superman regelrecht aufleben. Beide profitieren enorm von ihrem ungleichen Gegenstück. Auf Ben Affleck haben die Wenigsten auch nur einen Pfifferling gesetzt, doch der jenseits von Comic-Hochzeiten entstandene "Daredevil" aus dem Jahr 2004 konnte schlussendlich kein Indiz sein. Tatsache ist, das inzwischen gegerbte Affleck-Gesicht steht einem Bruce Wayne hervorragend, mit oder ohne Maske. Batmans Erscheinung ist auch aufgrund des generalüberholten Batsuits so wuchtig, wie sie es unter Nolans Regie nie war. Natürlich hat der Comicfan gewisse Charakterdehnungen zu schlucken, doch macht man sich von der Vorlage frei, verfehlen die Auftritte der Fledermaus ihre Wirkung zweifellos nicht. Auch nicht bei Superman, der in einem packenden Duell wahrlich an seine Grenzen geführt wird. Snyder ist sehr nah dran, ihm seine Maske der Beherrschtheit abzunehmen. Cavill muss oft zerknirscht von inneren Konflikten und sogar von Schmerzen in die Kamera schauen und sieht sich ständig gezwungen, den Laser auszupacken,womit er praktisch seinen Kontrollverlust eingesteht.
Obwohl der Endkampf allenfalls durch die ein oder andere Härte vom Genre-Standard abweicht, zeigt er immerhin ein schlüssig zusammenarbeitendes Trio, das die Aussicht auf die Gründung einer Justice League sehr plastisch wirken lässt. Dass Wonder Woman der heimliche Star des Films werden würde, zementiert sich auch spätestens ab dem Moment, als sie mit pfefferndem Score im Kostüm die Bildfläche betritt und loslegen darf. Die strukturellen Schwächen von "Batman v Superman" sind natürlich nicht von der Hand zu weisen; es ist ein Film, der größer und länger gemacht wurde, als er es seinem Wesen nach eigentlich ist. Aber er hat eben auch endlich diese intensiven Versus-Momente, die ein solcher Film braucht, ganz ohne den süßlichen Kostümkitsch der letzten Avengers-Vereinigung.