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1979 gab Tsui Hark sein Spielfilmdebüt, das in Deutschland den Titel „Die Todesgrotten der Shaolin“ bekam, obwohl die Höhlen in dem Film nicht unbedingt Todesfallen sind und die deutsche Synchro einen Kriegerclan relativ unmotiviert zu Shaolin ernennt.
Da ist der englische Verleihtitel „The Butterfly Murders“ wesentlich passender, dessen Bedeutung man schnell versteht, nachdem man den etwas konfusen Einstieg überstanden hat, der kurz den Gelehrten Fang Hongye (Siu-Ming Lau) eingeführt hat, von einem Mord in einer Papiermühle berichtet (nachdem dort jemand Teile von Fang Hongyes Schriften nachdrucken lässt), zeigt wie zwei Grabräuber von Schmetterlingen angefallen werden und schließlich noch von den Rivalitäten verschiedener Kriegerclans berichtet, die gleichzeitig als Beschützer dienen. Anfangs kann man sich noch keinen Reim darauf machen wie das alles nun zusammenhängt, aber „The Butterfly Murders“ gibt sich Mühe die Fäden bald zusammen zu zurren.
Clan-Anführer Tian Feng (Shu Tong Wong) und seine Krieger werden von Meister Chum (Cheung Kwok-Chu) zu Hilfe gerufen und finden den Meister, seine Frau und eine stumme Dienerin in den Höhlen unter ihrem Schloss versteckt. Während sich die geheimnisvolle Grüner Schatten (Michelle Yim) den Kriegern bereits vorher angeschlossen hatte, treffen sie den Gewölben auch noch auf Fang Hongye, der Gast des Schlossherren ist. Der Rest der Dienerschaft ist nach tödlichen Attacken durch Schmetterlinge geflohen, deren (teilweise in Rückblenden gezeigten) Angriffe Tsui Hark als Referenz an Hitchcocks „Die Vögel“ inszeniert.

Gemeinsam versucht das Grüppchen das Geheimnis der mörderischen Schmetterlinge zu ergründen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen, nachdem die Tiere erneut zuschlagen. Doch in dem Gemäuer und den Höhlen darunter verbergen sich Geheimnisse…
„The Butterfly Murders“ erweist sich als Mischung aus Martial-Arts-Film, Krimi und leichten Phantastikelementen, weshalb es kaum verwundert, dass Tsui Hark rund 30 Jahre später „Detective Dee und das Geheimnis der Phantonflammen“ inszeniert. Im Direktvergleich ist sein Spielfilmdebüt noch wesentlich roher und ungeschliffener, natürlich auch weniger üppig budgetiert. Zudem verlangten die Produzenten nach Sichtung des Rohschnitts eine Reduzierung der Lauflänge, was man dem Film teilweise unschön anmerkt: Manche Handlungsstränge bleiben in der Luft hängen und werden nur kurz angerissen, manche Figur wird nur eingeführt, um dann in der Mitte urplötzlich dahingemetzelt zu werden (und in einem Falle ist noch nicht einmal klar von wem), während der Film die Ermittlung auf gleich drei Figuren verteilt (Fang Hongye, Grüner Schatten und Tian Feng), wodurch der Film gelegentlich zerfasert wirkt, zumal man über alle drei recht wenig erfährt.
Auf der anderen Seite ist „The Butterfly Murders“ dann unterm Strich doch geschlossener als manch anderer Tsui-Hark-Film (man denke an „The Legend of Zu“) und präsentiert am Ende eine stimmige Auflösung der Krimihandlung, die zwar die eine oder andere Frage offenlässt, was aber auch den erwähnten Eingriffen von Produzentenseite aus liegen könnte. Je weiter der Film fortschreitet, desto mehr nimmt auch die Action zu, denn je näher die Helden der Lösung des Rätsels kommen, desto mehr will man ihnen (und ihren Getreuen) auch ans Leder, zumal sich in der Burg später verschiedene Interessensgemeinschaften sammeln, die sich allesamt nicht grün sind. Das sorgt für recht gelungen choreographierte Nahkämpfe, die zwar noch nicht den Feinschliff eines „Once Upon a Time in China“ haben, dafür aber trotzdem genug memorable Momente besitzen, nicht zuletzt aufgrund der Fertigkeiten und Spezialwaffen der Kontrahenten.

Denn wie so oft bei Tsui Hark ist auch hier ein Fest der Ideen angesagt. Geheimnisvolle maskierte Menschen benutzen eine Seilpistole, um sich über die Dächer der Burg zu bewegen, neben den Schmetterlingen kommt eine aggressive Krähe in einem Kampf zum Einsatz, während in einer anderen Szene der Nebel nicht nur atmosphärisch durch Höhlen wabert, sondern auch handlungstragende Bedeutung besitzt. Dazu kommen viele gelungene visuelle Einfälle, wie sie Harks Werk so häufig auszeichnen, die er trotz des limitierten Budgets stimmig auf die Leinwand zu bringen weiß. Nur die Montage und die Szenenübergänge wirken manchmal etwas holprig, aber auch das mag den Produktionsumständen geschuldet sein.
Was etwas schade ist, ist die Tatsache, dass der Cast einen wirklich starken Lead vermissen lässt und die Hauptdarsteller Siu-Ming Lau, Shu Tong Wong und Michelle Yim so alle nicht so recht in den Vordergrund treten. Denn gerade angesichts des manchmal etwas wildwuchernden Plots und der visuellen Kraft wären da eine oder mehrere Personen als Zentrum des Films durchaus hilfreich gewesen. So bleibt der Film leider etwas collagenhaft und der Zuschauer weiß anfangs nicht genau, welcher Figur er folgen soll, zumal manche wichtige (oder zumindest wichtig erscheinende) Figur zwischendrin ganz salopp das Zeitliche segnet.

So ist „The Butterfly Murders“ ein mehr als respektables Regiedebüt, das bereits von dem inszenatorischen Einfallsreichtum Tsui Harks zeugt und als ungewöhnliche Mischung aus Martial-Arts-Action, Historienkrimi, Horrormotiven und leichten Fantasy-Elementen ihren Reiz hat. Leider hat Harks Erstling auch seine Kinderkrankheiten, da der Film manche Handlungsbögen sträflich vernachlässigt und hin und wieder etwas holprig wirkt.

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