Ein brutaler Serienmörder treibt sein Unwesen und versetzt die Bewohner einer ganzen Stadt in Angst und Schrecken. Die Polizeibeamten Moretti und Succo versuchen ihm das Handwerk zu legen, doch der Mörder scheint ihnen immer einen Schritt voraus zu sein. Die beiden kommen dem Täter erst näher, als sie feststellen, dass die Morde mit dem 15 Jahre zuvor entführten Mädchen Francesca zusammenhängen...
In den 90er Jahren war das Sub Genre des Gialli eigentlich komplett von der Bildfläche verschwunden und wartete lediglich mit äußerst spärlich veröffentlichten Werken auf. Dieser Umstand hat sich gerade in den letzten Jahren sehr stark geändert, denn in regelmäßigen Abständen kommen immer wieder sehenswerte Beiträge auf den Markt, die man hauptsächlich als Neo Gialli bezeichnet. Der argentinische Regisseur Luciano Onetti legt nun mit "Francesca" seinen mittlerweile zweiten Film vor und präsentiert dabei eine Geschichte, die nicht nur sämtliche nötigen Zutaten beinhaltet, sondern sich auch stellenweise an großen Vorbildern orientiert. Bei Ansicht des Filmes kommt einem dabei hauptsächlich der Name Dario Argento in den Sinn, denn ganz offensichtlich huldigt Onetti zumindest phasenweise den Beiträgen des Altmeisters und lässt vor allem kleinere Anlehnungen an dessen Spät Gialli "Sleepless" aus dem Jahre 2001 erkennen. Dabei hat man sich nicht nur den Namen Moretti für einen der ermittelnden Beamten ausgeliehen, denn gleichzeitig hängt die in der Inhaltsangabe beschriebene Mordserie auch hier mit einem Verbrechen aus der Vergangenheit zusammen. Damit hat es sich dann aber auch schon mit den Ähnlichkeiten, denn im Großen und Ganzen pflegt der Regisseur hier seinen ganz eigenen und teilweise auch eigenwilligen Stil, der sicherlich nicht bei allen Genre Fans auf extreme Gegenliebe stoßen wird.
So offenbart "Francesca" insbesondere in visueller Hinsicht eine fast schon unverwechselbare Note, denn strotzt das Geschehen auf der einen Seite manchmal schon vor einer grandiosen Ästhetik, so mischt sich diese auch immer wieder mit eher nüchternen Bildern. Hierbei treten auch ganz erhebliche Unterschiede in der Farbgebung auf, denn während stellenweise ein wunderbar kräftiges Farbenspiel auf den Plan tritt, so zeichnen sich diverse Passagen wiederum durch ziemlich blass gehaltene Farben aus, die dem Ganzen in Teilen einen stark nüchternen Eindruck verleihen. Gleichzeitig ist es vor allem ein Aspekt der dem Betrachter ins Auge springt, denn Onetti hat seine Geschichte mit verhältnismäßig wenigen Dialogen ausgestattet. Stattdessen konfrontiert er den Zuschauer streckenweise mit einer ungeheuren Bildgewalt, die lediglich von einer kräftigen und wuchtigen Filmmusik untermalt sind, die der gute Mann übrigens auch selbst komponiert hat. An sich ist das noch nicht einmal etwas Besonderes, bei näherer Betrachtung stellt man allerdings fest, das die erwähnten Passagen sich mehr als einmal über mehrere Minuten erstrecken. Dabei werden besonders zu Beginn der Erzählung die Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart nahezu gegenstandslos, denn die Abfolge der Bild Sequenzen ist absolut fließend und könnte so zumindest auch für eine gewisse Zeit für dezente Verwirrungen sorgen. Erst im nachhinein erscheint dieses Stilmittel fast schon genial, wird so doch der teils bizarre Anstrich dieses Werkes noch einmal zusätzlich hervor gehoben und in den Fokus gerückt.
An diesem Punkt könnte "Francesca" dann andererseits auch vielleicht diverse negative Kritiken ernten, denn nicht jeder wird etwas mit dem an den Tag gelegten Drehstil anfangen können. Die immer wieder eingestreuten und oft auf den ersten Blick zusammenhanglos erscheinenden Bilder ergeben erst am Ende wirklich Sinn und hinterlassen bei manch einem während der Laufzeit von knapp 77 Minuten einen eher befremdlichen Eindruck. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen, denn in der Gesamtbetrachtung erscheint einem alles recht logisch und so manche zuvor sinnlos wirkende Bildfolge kann später sogar als eingefügter Hinweis für die Auflösung des Ganzen betrachtet werden. Insgesamt gesehen hat Onetti also eher geschickt agiert, denn obwohl er während der Abläufe recht offensichtlich den Betrachter bei der Suche nach dem Mörder in eine bestimmte Richtung drängt, so offenbart sich am Ende dann doch ein Showdown, den man in dieser Form wahrlich kaum vorhersehen konnte. An dieser Stelle kommen dann wieder die schon erwähnten und manchmal sinnlos erscheinenden Bilder ins Spiel, denn nur bei einer genauen Deutung dieser könnte man unter Umständen das überraschende Ende vorher sehen.
Letztendlich handelt es sich bei "Francesca" auf jeden Fall um einen Gialli der neueren Art, den man Fans nur bedenkenlos ans Herz legen kann. Dennoch gibt es aus meiner Sicht einen Kritikpunkt den man keinesfalls unterschlagen sollte und dieser bezieht sich auf das Schauspiel der Akteure. Diese wirken nämlich leider größtenteils ungelenk und hölzern, so das der gewonnene Gesamteindruck dann doch ein wenig getrübt wird. Zudem ist die deutsche Synchronisation nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, wobei manch einer das eventuell ganz anders empfinden wird. Zusammen genommen handelt es sich jedoch um einen überzeugenden Genre Beitrag, in dem die klassischen Elemente des italienischen Gialli durchgehend vorhanden sind, die aber phasenweise eine ganz eigene Interpretation erfahren, die ganz bestimmt nicht jedermanns Geschmack treffen wird. Abschließend sollte man noch erwähnen, das "Francesca" trotz der hohen Alterseinstufung auf keinen Fall übermäßig hart ist, es gibt zwar einige blutige Einstellungen zu sehen, doch diese verlassen im Prinzip zu keiner Zeit den normalen Rahmen. Man sollte also nicht mit der Erwartung an einen vor Blut triefenden Film an die Geschichte heran gehen, denn in dieser Beziehung bewegt sich das Szenario in einem normalen Rahmen. Alles andere hätte dann aber auch nicht unbedingt zum Gialli gepasst, denn in der Regel definieren sich die Beiträge dieser Filmart eher selten über ihren vorhandenen Härtegrad.
Fazit:
Für manch einen eher gewöhnungsbedürftig, für andere eine Homage an ein beliebtes Genre und ganz offensichtlich eine in Teilen eigenwillige Frischzellen Kur, das sind wohl die treffendsten Bezeichnungen für einen Film, der mir außerordentlich gut gefallen hat. Natürlich nicht gänzlich frei von Defiziten geht "Francesca" seinen ganz eigenen Weg und vermischt diesen mit den altbekannten Zutaten des italienischen Sub Genres. Das Endergebnis kann sich jederzeit sehen lassen und dürfte die Herzen der Fans auf jeden Fall höher schlagen lassen.
8/10