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Irgendwo im Wilden Westen Ende des 19. Jahrhunderts rauben zwei Ganoven schlafende Reisende aus, als sie auf das Territorium eines kannibalistischen Indianerstammes geraten und angegriffen werden - einer der beiden kann jedoch fliehen und erreicht irgendwann eine typische Kleinstadt, wo er jedoch mit dem Sheriff Franklin Hunt (Kurt Russell) und seinem Assistenten Chicory (Richard Jenkins) aneinandergerät. Als er angeschossen verarztet werden soll, werden die Ärztin und ein anwesender Hilfssheriff samt dem Gefangenen entführt und verschleppt, was jedoch erst am nächsten Morgen entdeckt wird. Da die Entführer Spuren hinterlassen, wird der mehrere Tagesritte entfernte kannibalistische Indianerstamm als Täter ermittelt und sogleich setzen sich der Sheriff, sein Deputy, der Ehemann der Ärztin Arthur O’Dwyer (Patrick Wilson) sowie ein Revolverheld namens Brooder (Matthew Fox) in Marsch, um die Verschleppten zu befreien...

Die etwas merkwürdige Geschichte um einen kannibalistischen Indianerstamm besteht in der Hauptsache in der beschwerlichen Reise des Kleeblatts zu den Jagdgründen dieser kalkweiss geschminkten Lendenschurz-Kannibalen. Die Spannungen der Protagonisten untereinander inklusive deren ausführlicher Dialoge haben insgesamt etwas tarantinoeskes, so detailliert einzelne Themen behandelt werden, so wird beispielsweise über das Lesen eines Buches in der Badewanne gesprochen, obwohl dies für den Fortgang des Films nicht die geringste Bedeutung hat. Während sich der alternde Sheriff Kurt Russell gewohnt souverän, zurückhaltend aber immer fokussiert präsentiert, hat er in Deputy Chicory einen noch älteren Sidekick, der ihn zwar wortreich unterstützt, im Fall eines Falles aber eher selbst Hilfe braucht. Richard Jenkins, der im Schneckentempo agiert und damit zunächst für Schmunzeln sorgt, bis seine Betulichkeit irgendwann nervt, spielt seine Rolle jedoch bis zum Schluß perfekt. Der Ehemann der Entführten, Arthur O’Dwyer ist am Bein verletzt, betäubt seine Schmerzen mit einer Opiumtinktur und bildet zu guter Letzt die Nachhut, nachdem er humpelnd nicht mehr Schritt halten kann. Über den Revolverhelden Brooder erfährt man nicht viel und er ist auch der erste der dran glauben muß, als die Vier dann schließlich doch noch zu Fuß die Kannibalen erreichen, nachdem sie sich zuvor die Pferde haben stehlen lassen.

Schauspielerisch wissen alle Darsteller zu überzeugen, am meisten wohl der verletzte O’Dwyer, der viel zu ertragen hat und sich doch immer wieder zusammenreißt - ohne dafür größere Sympathiewerte zu erreichen. Viel zu wenig Screentime hat dagegen Sid Haig, der gleich in der ersten Szene als Raubmörder ein paar zynische Sprüche rausläßt, jedoch schnell von den Kannibalen geschlachtet wird und somit nur eine kleine Nebenrolle hat. Die entführte Ärztin dagegen, eine sehr junge Frau, weiß erstaunlich viel über Flohzirkusse und daß das größte Problem im Wilden Westen nicht die Kannibalen, sondern die "Idioten" sind, wobei sie ihren Ehemann mit einschließt. Nein, ernst nehmen kann man die ganze Sache ohnehin nicht, auch wenn die lendenschurztragenden Höhlenbewohner noch so viel Blut verspritzen.

So kurzweilig die Geschichten um die vier grundverschiedenen Westmänner auch sind und so routiniert die Kamera die mehrtägige Reise auch einfängt, so wenig verständlich erscheint der Umstand, daß Regisseur und Drehbuchautor S. Craig Zahler erstens weißgetünchte Kannibalen im Wilden Westen auflaufen läßt und daß sich zweitens ein so gebrechliches Häuflein Männer ohne jede Unterstützung, Absicherung oder Rückendeckung auf die Suche nach diesen wie von einem indianischen Stadtbewohner beschrieben "mörderischen Troglodyten" macht. Dass sich dann gegen Ende des Films noch einige Horror-Elemente wie aufschlitzen, ausweiden, Gliedmaßen abhacken und dergleichen dazugesellen, macht die Geschichte dann erst recht einigermaßen wirr. Zwar ist alles straight und ohne größere Logiklöcher durcherzählt, allerdings wartet man bis zum Schluß auf irgendeinen Knalleffekt, der dann nicht kommt. Hier hätte es vielleicht geholfen, die Story auf irgendetwas Bestimmtes zu konzentrieren (und sich hierbei nicht nur bei der Dialogregie an Tarantino zu orientieren) so aber verläuft alles mehr oder weniger erwartbar blutig und verlustreich. Gewiss, Bone Tomahawk ist trotz allem doch besser als The Hateful Eight (dieser Vergleich drängt sich anhand von Kurt Russell einfach auf), trotzdem weiß man nicht so recht, was man da nun gesehen hat: Einen Western? Eine Parodie auf den Wilden Westen (denn humorige Anspielungen gibt es genug) oder doch einen Horror-Film, der nur zufällig dort spielt? Aufgrund der schauspielerisch tadellosen Darbietungen und der unterhaltsamen Dialoge 7 Punkte.

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