Western goes Horror - The Searchers 2015
Alle Welt wartet auf Tarantinos neues Western-Epos, da dachte sich Kurt Russel wohl: wenn der Schnurrbart eh schonmal da ist, kommt mir ein weiteres, vielleicht noch interessanteres Western-Projekt genau recht. Und "Bone Tomahawk" rockt, gute Wahl Cowboy! Das absolute Highlight der Fantasy Filmfest White Nights für mich & ein einzigartiger Neo-Western, der 99% seiner Kollegen aus den letzten 20 Jahren zerreißt, wie die Eingeboren die Cowboys im Film!
Western mit starken Horrorelementen - da muss man lange im Gedächtnis kramen, um etwas zu finden. Etwas Gescheites erst recht. John Carpenters Vampires fällt mir da ein, auch wenn die Gewichtung der Genres dort eine komplett andere ist. "Cannibal Holocaust" trifft "Der schwarze Falke" trifft es da schon eher. "Bone Tomahawk" ist einzigartig & hat eine archaische Power - für das Debüt eines Regisseurs, ist das nochmal beeindruckender als eh schon. Die Geschichte über eine Handvoll Cowboys, die verzweifelt versuchen, eine von Hardcore-Indianern/Kannibalen entführte Frau zu befreien, könnte simpler kaum sein, ist aber vielleicht gerade dadurch so perfekt ausgeführt.
Der Look ist ähnlich aggressiv wie die Eingeborenen - mal dunkler als die Nacht, mal zu hell, um ohne Blinzeln auf die Leinwand zu schauen. Die Männer & ausgewachsenen Stars, verkörpern ihre Charakter verdammt unterschiedlich, alle auf ihre Weise nachvollziehbar & cool. Die Beziehungen untereinander & Intentionen sind immer klar, das Ziel, die Angst & die Verzweiflung nahe beieinander. Manchmal wirkt der Neo-Western so roh & ausweglos, man könnte meinen, Stephen King hätte Anteil am Script. Apropos: auch die Dialoge bringen alles auf den Punkt & sind überraschend clever. Humor & Oneliner genau in den richtigen Momenten, perfekt dosiert & schwarz, muss man auch erstmal so hinkriegen. Erst recht wenn Genuschel durch die dicken Bärte das Verstehen im Original nicht immer leicht macht.
Eine eigene Kritik bzw. Lobgesang, müsste man eigentlich den Kannibalen, deren Look & ihrer ungemeinen Härte widmen. Da der Stamm keine klassische Sprache besitzt, röhren sie laut durch Auswüchse an ihrem Hals, sodass einem Gänsehaut am ganzen Körper entsteht. Hinzu kommt ihr Kannibalismus & eine unbändige, innere Wut. Sie Schrecken nicht vor extremster Gewalt zurück, auf die weder Zuschauer noch die (teilweise Anti-)Helden auch nur ansatzweise gefasst sind. Vielleicht der brutalste Western aller Zeiten? Und dabei verdammt realistisch, nie comichaft & dadurch absolut schweißtreibend. Ich war jedenfalls die meiste Zeit mitgerissen von der Körperlichkeit & dem fühlbaren Gegenwind der Elemente, der Verletzungen, der "Indianer". Sicher auch geschuldet am sogartig-langsamen Beginn & einer detaillierten Einführung in die unterschiedlichen Charakter. Eine Schande, dass diese staubig-blutige Perle im VoD-Dschungel erstmal unterzugehen scheint.
Fazit: genau so muss Western 2015. Vielleicht minimal zu lang, aber eigentlich stimmt hier fast alles. Könnte ein Kultwestern werden, denn eine bessere Kreuzung aus Horror & Western fällt mir nicht so schnell ein. Für Fans beider Lager - Daumen & Knochenwaffen hoch!