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Regisseure, denen es gelang, die Masse mit individuellen, leicht experimentell gefärbten Filmen wie “Birdman” zu begeistern, legen oft Filme wie “The Revenant” nach: Mit Stars gespickt, sowohl vor als auch hinter der Kamera, Experimente oder kreative Wagnisse diesmal zugunsten des Perfektionismus völlig auslassend. Genreware, die sich einerseits bewundernd gegenüber seinesgleichen zeigt, andererseits aber selbstgerecht den Genrestandard anheben möchte.

Leonardo DiCaprio greift ein weiteres Mal auf diese Weise nach dem Oscar, bis er die Academy irgendwann endlich weichgekocht hat. Jedes Streben in diesem historischen Survival-Thriller folgt dem Prinzip der Anstrengung, das gepaart mit Können in vollendeter Meisterschaft aufgeht. Anders kann man die Bilder wohl nicht bezeichnen, die von der Leinwand reflektiert werden: Als meisterlich. Was Emmanuel Lubezki da an Landschaft einfängt, ist überhaupt nicht in Worte zu fassen; die Tiefe, die er seinen Bildern gibt, führt in malerische Modellandschaften, die selbst als Standbilder betrachtet kraftvolle Geschichten von der Besiedlung Amerikas erzählen.

Meist geht das Sterben eines Menschen oder Tiers in diesen Stillleben vor sich, oft irgendwo am Bildrand, unmelancholisch, eine universelle Akzeptanz ausstrahlend. Die kalte Sonne steht immerzu irgendwo in einem eckförmigen Ausschnitt des wohlbedacht eingeteilten Bildkaleidoskops und verändert fortwährend die Struktur des Schnees, den die Trapper und Indianer, sich gegenseitig jagend, zu durchqueren versuchen. Zugleich tröstet sie das verendete Wesen und lässt es wissen, dass sein Ende nicht das Ende der Welt bedeutet, weil die Schönheit der Natur fortwährt. Der Tod wird als Fundament des Aufbaus und Fortschritts dargestellt und vom natürlichen Lauf abgesegnet. Begegnungen, die in Kämpfen resultieren, lässt der Regisseur als Momente der Entscheidung darstellen, wobei insbesondere der schmerzhaft packende Kampf mit dem Bären herausragt, der für die Narration einen Wendepunkt darstellt – denn hier widerstrebt etwas dem Lauf der Dinge auf der Suche nach Rache und Vergeltung. Womöglich handelt „The Revenant“ letztlich vom Aufbegehr gegen die Natur und den ersten Schritten zur Durchsetzung einer industrialisierten Zivilisation mit der Scheinabwesenheit urtümlicher Gefahren des Lebens.

All diese Informationen stecken nur in den impressionistisch nachwirkenden Bildern und nicht im Drehbuch selbst, das relativ simple Rache- und Survival-Elemente miteinander zu einer einfachen Vergeltungsgeschichte verknüpft. Iñárritu selbst lässt viele der Tugenden schleifen, die seine bisherigen Filme ausgemacht haben und muss sich nun den Vorwurf gefallen lassen, er habe einen Film gedreht, den jeder begabte Regisseur mit dem richtigen Team im Rücken hätte drehen können. Nur noch wenig lässt auf seine persönliche Handschrift schließen. Physisches Schauspielkino dargebracht in technisch formvollendeten Panoramen, das Nachfühlen einer Zeit, die vor 200 Jahren stattfand – all das hat nicht so viel mit dem mexikanischen Regisseur zu tun, weshalb sich „The Revenant“ dem Wesen nach etwas distanziert anfühlt, auch längst nicht so relevant wie „Birdman“.

Dennoch ist es erlaubt, DiCaprios glaubhafte Vermittlung von Leiden und Kampfgeist zu genießen, mit ihm in die blanke Sonne zu starren und in ihr eine Überlebensbotschaft zu lesen, die schwächeren Lebewesen verborgen blieb. Die eigenen Finger nicht mehr zu spüren, wenn er mit seinen aus dem ausgehöhlten Brustkorb eines verendeten Pferdes in den rotweißen Schneematsch greift, nachdem ihm das Pferd in der Nacht Unterschlupf und somit einen letzten Gefallen gewährt hat. Aber auch den Purismus zu spüren, mit dem sich verschiedene Menschengruppen damals begegnet sind, ohne sich hinter politischen Verzweigungen zu verstecken. Nicht zuletzt die Vielfalt an Schönheit zu atmen, die die Welt an Land, zu Wasser und in der Luft zu bieten hat. Weitere Filme des Jahres werden es schwer haben, die Natur so traumhaft einzufangen – obwohl sich mit „The Hateful Eight“ noch in diesem Monat ein weiterer in ähnlicher Kulisse daran versuchen wird…

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