Eine der ersten Regiearbeiten des britischen Musik-Dokumentations-Produzenten und -Regisseurs Jon Brewer war der 2006 veröffentlichte, nur rund einstündige Dokumentarfilm „All Apologies: Kurt Cobain 10 Years On“, auf deutscher DVD auch bekannt als „Nevermind Kurt“. Dieser setzt sich noch einmal mit einigen Jahren Abstand mit dem ehemaligen Kopf der US-Grunge-Band NIRVANA, Kurt Cobain, auseinander, der 1994 im Alter von nur 27 Jahren Suizid begangen hatte, nachdem er mit seiner Band zu weltweitem Erfolg gelangt war.
Das Besondere an dieser Doku, wenn man denn so will, ist die Personenauswahl: Brewer ist es gelungen, Menschen vor die Kamera zu bekommen, die noch nicht in jedem zweiten Beitrag über NIRVANA ihr Gesicht in die Linse halten und ihre Statements abgeben durften: Da wäre allen voran Chad Channing, Dave Grohls Vorgänger am Schlagzeug, der aus den Zeiten vor dem kommerziellen Durchbruch zu berichten weiß. Außerdem kommen neben Cobains Ex-Freundin Tracy und seinem Großvater (!) diverse Leute aus dem Musikgeschäfts bin hin zu Journalisten zu Wort, die im Laufe der Bandentwicklung Cobains Weg kreuzten bzw., wenn überhaupt, über einen gewissen Zeitraum begleiteten, vornehmlich ein für die PR zuständiges Duo. Dieses erscheint recht sympathisch und wenig kapitalistisch abgewichst, was nicht zuletzt einen differenzierteren Blick darauf erlaubt, wie Cobain die Band vermarktet wissen wollte und dem Klischee widerspricht, er sei gänzlich uneitel und in keiner Weise an kommerziellem Erfolg und Popularität interessiert gewesen.
Andere wiederum äußern sich ungewohnt kritisch über ihre Zusammenarbeit oder -treffen mit Cobain, was bisweilen erfrischend, hin und wieder aber auch durchaus befremdlich wirkt. Spätestens dann stellt sich auch die Frage, inwieweit man es hier mit Menschen zu tun hat, die Cobain wirklich näher kannten und sich ein Urteil erlauben können bzw. in welchem Ausmaße ihre persönlichen Erfahrungen Rückschlüsse auf die Person Kurt Cobain zulassen – und ob Brewer nicht vielleicht auch schlicht in Ermangelung von Alternativen auf diese Interviewpartner zurückgegriffen hat.
Letztendlich bleibt eine eher an der Oberfläche kratzende, zeitweise inhaltlich mit Vorsicht zu genießende Aneinanderreihung von Interview-Sequenzen in Statement-Form (also ohne die jeweiligen Fragen ebenfalls abzubilden), gespickt mit einigen alten Videoaufnahmen und Fotoeinblendungen, die sich für Fans und sonstige Interessierte evtl. nicht schlecht als Ergänzung zu anderem, tiefergehendem Material anbietet, zweifelsohne aber daran scheitert, den Menschen, Künstler, Partner und Vater Kurt Cobain anhand seiner Weggefährten adäquat zu porträtieren.